Ottobrunn:Im Vogelviertel wird es eng

Ottobrunn: Im Vogelviertel in Ottobrunn sollen 40 neue Wohnungen entstehen.

Im Vogelviertel in Ottobrunn sollen 40 neue Wohnungen entstehen.

(Foto: Sebastian Gabriel)

In dem dicht bebauten Areal sollen 40 weitere Wohnungen entstehen, dafür müssen etwa 70 Bäume gefällt werden. Bürgermeister Loderer will auf diese Weise preiswerten Wohnraum sichern, andere beklagen den Eingriff in die Natur.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Für die einen ist es ein absoluter Frevel, eine Horrorvorstellung - für die anderen ein notwendiges Übel und alternativlos. Das sogenannte Vogelviertel in Ottobrunn wird trotz Hunderter Einwände, Widersprüche und Anregungen mit vier Wohnblocks nachverdichtet; dem Bauvorhaben werden um die 70 Bäume zum Opfer fallen. "Das ist ein riesiger Eingriff in die Natur. Absoluter Raubbau", sagt Erika Aulenbach, Gemeinderätin der Bürgervereinigung Ottobrunn (BVO), zu den Plänen des Münchner Investors Felix Eichbauer. Dem hält Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) entgegen, die Gemeinde könne nur noch mit Nachverdichtung neuen, bezahlbaren Wohnraum schaffen und zugleich bestehende, preisgünstige Mietverhältnisse aufrecht erhalten.

Die Gemeinde erhält das Belegungsrecht für ein Drittel der Wohnungen

Das Vogelviertel mit seinen mehrgeschossigen Wohnhäusern ist eine ganz besondere Siedlung, vor allem für die Gemeinde Ottobrunn, die deutschlandweit nach der Landeshauptstadt München die zweithöchste Bevölkerungsdichte aufweist. Im Jahr 1964 hatte die Kommune der Firma Eichbauer ein Erbbaurecht eingeräumt; dies sicherte der Gemeinde das Belegungsrecht für die 68 Wohnungen sowie den Bewohnern vergünstigte Mieten. Das Erbbaurecht besteht bis ins Jahr 2063, das Belegungsrecht der Gemeinde endet der bestehenden Vereinbarung nach aber Anfang 2027. Allerdings ist der Investor laut Rathauschef Loderer bereit, dieses um 99 Jahre zu verlängern - wenn neu gebaut und nachverdichtet werden darf.

Dies hat der Planungsausschuss des Gemeinderates nun auf den Weg gebracht. Geplant ist der Bau von vier neuen Wohnhäusern mit 40 Wohnungen inmitten der grünen Wohnanlage. Tritt der städtebauliche Vertrag wie verhandelt in Kraft, wird die Gemeinde drei Jahrzehnte lang 30 Prozent des neu geschaffenen Wohnraums zu günstigen Konditionen selbst belegen dürfen. "Es geht also einerseits um den Neubau und andererseits um den Bestand der 68 Wohnungen", sagt Bürgermeister Loderer. "Würde der geltende Passus auslaufen, könnte die Firma Eichbauer ab dem Jahr 2027 die Miete so hoch gestalten, wie sie will. Das stand auf dem Spiel."

Ottobrunn: Die Bürgerinitiative Zaunkönigstraße kämpft gegen die Nachverdichtung und die Fällung von etwa 70 Bäumen.

Die Bürgerinitiative Zaunkönigstraße kämpft gegen die Nachverdichtung und die Fällung von etwa 70 Bäumen.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Gegen das Projekt, das die Gemeinde seit nahezu zehn Jahren beschäftigt, hatte sich schon vor Längerem eine Bürgerinitiative gegründet. Die Anwohner kritisieren neben der Fällung von mehr als 70 Bäumen und dem Wegfall von Grünflächen vor allem die Verdichtung eines ohnehin schon eng bebauten Viertels sowie den Lärm und Schmutz, der durch die Baustelle droht. Zudem führte Karin Luginger, eine Anwohnerin und Aktivistin der Initiative, stets eine Vereinbarung ins Feld, die ihr Vater mit dem damaligen Bürgermeister Ferdinand Leiß geschlossen hatte und der zufolge im Vogelviertel nicht nachverdichtet werden dürfe. Dieses Abkommen, stellte Ottobrunns Bauamtsleiter Stefan Buck aber schon vor drei Jahren klar, sei nicht gültig, da sich eine Kommune städtebaulich nicht binden dürfe.

Für BVO-Sprecherin Aulenbach muss in der Gemeinde mit ihren mehr als 22 000 Einwohnern auf nur etwas mehr als fünf Quadratkilometern Fläche aber Schluss sein mit der Nachverdichtung. "Mehr als 85 Prozent unserer Gemeindefläche sind schon versiegelt", beklagt sie; zudem sei etwa rund um den Astyx-Campus im Westen der Gemeinde erst vor Kurzem Wohnraum für mehrere Hundert Menschen entstanden. Und dieser Zuzug sei nur schwer zu bewältigen, so Aulenbach: "Wir brauchen Kindergartenplätze, Platz in den Schulen. Das ist alles nur schwer zu schaffen."

Bürgermeister Thomas Loderer hält dem entgegen, dass es zur Aufrechterhaltung der öffentlichen und sozialen Infrastruktur zwingend notwendig sei, weiteren bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Von der Verlängerung des Erbbaurechts und dem damit einhergehenden Belegungsrecht durch die Gemeinde würden zudem vor allem sozial schwächere Menschen profitieren. Auch die Natur kommt nach Ansicht Loderers zu ihrem Recht: Derzeit sei geplant, nahezu 70 Bäume neu zu pflanzen.

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