Streit um spielende Kinder in Ottobrunn:Umkämpftes Areal

Ottobrunn, Zaunkönigstraße, kinderfeindliche Wohnanlage

Manche Eltern wollen ihre Kinder gerne vom Balkon aus spielen sehen. Aber Nachbarn fühlen sich belästigt.

(Foto: Angelika Bardehle)

Nachbarn rufen "Weg, weg" und holen die Polizei: Familien aus Ottobrunn beklagen eine kinderfeindliche Grundstimmung in ihrem Wohnblock. Das Landratsamt prüft, ob ausreichend Spielmöglichkeiten bestehen.

Von Daniela Bode, Ottobrunn

An diesen kalten Tagen sind die Wiesen und der Spielplatz zwischen den Wohnblocks zwischen Zaunkönig- und Zeisigstraße in Ottobrunn wie leergefegt. Wenn es wärmer ist, spielen dort allerdings die Kinder, erzählt eine Mutter zweier Söhne, die in einem der Mehrfamilienhäuser in der Zaunkönigstraße wohnt, aber nicht mit ihrem Namen in der Zeitung stehen will.

Die Kleinen spielten im Sandkasten, die Größeren auf den Wiesen Fußball, erzählt sie. Nur längst nicht mehr unbeschwert. Denn einige Anwohner aus den Wohnanlagen beklagen sich immer wieder über Lärm. Mit verschiedenen Mitteln.

"Die Anwohner mögen keine Kinder", sagt die Mutter. Sie säßen an den Fenstern und beobachteten die Kinder. Marita Goldhahn-Denzinger, die im Komplex an der Zaunkönigstraße 23 bis 27 eine Wohnung hat, die sie vermietet hat, berichtet Ähnliches. "Ein Eigentümer schreit oft vom Balkon 'Weg, weg'", erzählt sie, wenn Kinder beispielsweise auf der Wiese hinter dem Gebäude spielten. Dem siebenjährigen Sohn ihrer Mieterin Dagmar Öhler-Cardoso ist das schon passiert. "Wir wohnen im Erdgeschoss", sagt die Mieterin. "Wenn er auf der Wiese spielt und zum Balkon kommt, weil er zum Beispiel etwas essen will, rufen manche 'Weg da, ihr habt da nichts zu suchen'."

Dreimal riefen die Anwohner die Polizei

Auf einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft hin ist am Rand der Wiese hinter dem Haus an der Zaunkönigstraße 23 bis 27 vor kurzem ein Schild aufgestellt worden, das Unbefugten das Betreten der Grünfläche strengstens untersagt. Auf der Wiese hinter den Gebäuden Zaunkönigstraße 17 bis 21 steht ein Schild mit der Aufschrift "Hier bitte nicht Fußball spielen", wobei ein durchgestrichener Fußball als Bild zu sehen ist. Ein weiteres nahe dem Sandkasten weist auf die Mittagsruhe zwischen 13 und 15 Uhr hin. Im Sommer riefen die Anwohner dreimal die Polizei. "Wegen Ruhestörung wegen Kinderlärms", wie Robert Fritsch, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Ottobrunn bestätigt. Es handle sich aber keineswegs um einen Brennpunkt, sagt er.

Marita Goldhahn-Denzinger ärgert sich über den Schilderdschungel. Welches Kind, das noch nicht zur Schule gehe, könne das lesen, außer die Bildtafel. Da kein Trennzaun vorhanden sei, könnten sie auch nicht wissen, welche Wiese sie nun betreten dürften. Auch sonst hat sie kein Verständnis für die Klagen der Anwohner. "Dass es heißt, Kinder stören, geht mir gegen den Strich", sagt sie. "Wann sind sie schon da? Ab halb vier, am Wochenende und in den Ferien?", sagt sie. "Und was heißt Bolzen? Was dürfen sie überhaupt?" Eine Sprecherin der Münchener Verwaltungsgesellschaft, die für das Gebäude in der Zaunkönigstraße 23 bis 27 zuständig ist und nicht namentlich genannt werden will, ergreift derweil Partei für die Eigentümer. "Das ist keine Bolzwiese", sagt sie.

Die Leute kämen sich teilweise vor wie im Fußballstadion. Im Sommer sei oft bis spätabends Fußball gespielt worden. Johannes Beckenbauer, Geschäftsführer der Immo Hausverwaltungs GmbH in Ottobrunn, unter anderem für die Mehrfamilienhäuser in der Zaunkönigstraße 17 bis 21 zuständig ist, misst der Angelegenheit keine besondere Bedeutung bei: "Solche Meinungsverschiedenheiten gibt es überall."

Sandkasten, eine Wippe und ein paar Bänke

Die Eltern aus den Wohnhäusern rundherum indes wünschen sich nicht nur, dass ihre Kinder auf den Wiesen spielen dürfen. "Es ist einfach beruhigender, wenn ich meinen Sohn vom Fenster aus beim Spielen sehen kann, als wenn ich ihn über die Straße auf den Abenteuerspielplatz schicken muss", sagt Öhler-Cardoso. Sie wünschen sich einen weiteren Spielplatz. Denn der in der Grünanlage zwischen Zaunkönig- und Zeisigstraße besteht nur aus einem Sandkasten, einer Wippe und ein paar Bänken. Goldhahn-Denzinger hat bei verschiedenen Stellen angefragt. Im Landratsamt wird derzeit laut einer Pressesprecherin geprüft, ob "die vorhandenen Gegebenheiten den gesetzlichen Anforderungen genügen".

Was dabei herauskommt, wird sich zeigen. Wie es aus dem Landratsamt heißt, ist das Gebäude in der Zaunkönigstraße 23 bis 27 Teil einer größeren Wohnanlage, die auf Basis eines Bebauungsplan von 1966 als Gesamtkomplex errichtet wurde. Dieser Bebauungsplan sieht einen gemeinschaftlichen Spielplatz vor, der zwischen den Gebäuden Zeisigstraße 10 bis 12 im Osten, Zeisigstraße 2 bis 6 im Norden und Zaunkönigstraße 3 bis 7 im Westen liegt. Verbindliche gesetzliche Anforderungen, welche Geräte dort vorhanden sein müssen, bestehen laut Behörde nicht. "Es gibt nur die allgemeine Anforderung, dass ein Spielplatz nach Lage, Größe und Ausstattung geeignet sein muss", heißt es. Über ein paar weitere Spielgeräte würden sich die Kinder jedenfalls freuen. "Da wären wir alle zufrieden", sagt Öhler-Cardoso.

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