Die Zelthalle ist immer noch da. Mitten im Wald im sogenannten Parallelogramm am östlichsten Zipfel von Taufkirchen steht jener Bau, dessen Beseitigung das Landratsamt bereits vor mehr als vier Jahren angeordnet hat. In der Folge kam es zu einem Rechtsstreit mit dem Besitzer, der die Zelthalle und weitere Gebäude auf dem Areal zur Schafhaltung nutzte. Er verlor jedoch den Prozess vor dem Verwaltungsgericht München, und im Mai 2022 lehnte auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof seinen Antrag auf eine Zulassung zur Berufung ab.
Passiert ist seither freilich wenig. „Für die Beseitigung der Anlagen wurde mit dem Bauherrn ein Stufenplan vereinbart“, teilt das Landratsamt mit. Erste Bauten seien entfernt worden. „Sofern die vereinbarte Vorgehensweise nicht zum Erfolg führt“, so die Behörde, „behält sich das Landratsamt weitere Vollstreckungsmaßnahmen vor.“
Ungeachtet dieses unendlichen Tauziehens um die Schwarzbauten im Wald treibt der Taufkirchner Gemeinderat seine Pläne für eine künftige Nutzung des Parallelogramms an der Gemeindegrenze zu Ottobrunn voran. So hat das Gremium nun einstimmig beschlossen, einen Bebauungsplan für das zwischen der Willy-Messerschmitt-Straße und der Einsteinstraße gelegene Areal nördlich der Bundesstraße 471 aufzustellen. Das Ziel der Planung ist es, dort ein Gewerbegebiet mit dem Fokus auf Hochtechnologie, Luft- und Raumfahrt zu entwickeln – nach dem Vorbild des benachbarten Technik- und Innovationsparks (TIP).
Hintergrund des Vorhabens sind die Pläne des Freistaats, den Luft- und Raumfahrtcampus in Taufkirchen und Ottobrunn auszubauen, sodass dort unter anderem Europas größte Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie der Technischen Universität München entsteht. Dieses Ziel hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bereits vor mehr als fünf Jahren verkündet. In der Folge seien die Planungen jedoch „dahingedümpelt“, sagte Taufkirchens Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) im Gemeinderat.
„Dann kam Corona, und es wurde auch lange über Finanzierungsfragen gesprochen.“ Mittlerweile jedoch gehe das Vorhaben „deutlich konkreter voran“, sagt Sander. Vor gut einem Jahr unterzeichneten der Freistaat, der Landkreis München und die beteiligten Gemeinden eine gemeinsame Erklärung zur anvisierten Entwicklung des Campus. „Das bayerische Space-Valley wächst“, sagte Söder damals. „Mit der heutigen Unterzeichnung beschleunigt der Freistaat den Ausbau des Luft- und Raumfahrtcampus Taufkirchen und Ottobrunn der TU München gemeinsam mit Landkreis und Kommunen. Wir entwickeln in Bayern Europas größte Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie mit rund 50 Professuren und über 4000 Studenten.“
Bei Bedarf will Bürgermeister Sander etwas „vom Regionalen Grünzug abzwacken“
Neben der Universität sollen sich an dem Standort aber auch Start-ups und Firmen ansiedeln, vorwiegend aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt. Die hierfür erforderlichen Flächen seien im TIP-Gelände jedoch nicht ausreichend vorhanden, heißt es aus dem Taufkirchner Rathaus. Daher wolle man nun „in einem ersten Schritt“ ein 11,5 Hektar großes Gelände im Parallelogramm als Gewerbegebiet ausweisen – und zwar mit den speziellen Nutzungen Technologie, Wissenschaft und Forschung. „Wir haben bereits konkrete Anfragen von Firmen für eine Ansiedlung“, sagte Ullrich Sander. Zwar gebe es im TIP-Gelände durchaus noch Baulücken und Leerstände, die man im Blick behalte. Jedoch sei das dortige Potenzial nicht ausreichend für das, was in den kommenden Jahren geplant ist.
„Im ersten Schritt wollen wir das an Flächen nutzen, was schon da ist“, sagte der Bürgermeister über die anvisierte Entwicklung des Luft- und Raumfahrtcampus. „Die zweite Stufe ist dann, dass wir neue Flächen nutzen, die den Regionalen Grünzug nicht betreffen.“ Und erst im Anschluss daran, sozusagen als letzte Option, werde die Gemeinde „bei Bedarf etwas vom Regionalen Grünzug abzwacken“, so Sander. Im Parallelogramm jedenfalls will die Gemeinde nun die Grundlage für die Ansiedlung von Unternehmen schaffen.
Hierzu stellt sie nicht nur einen Bebauungsplan auf, sondern ändert auch den Flächennutzungsplan für das Gebiet. Dieses Prozedere wird voraussichtlich viele Monate in Anspruch nehmen – genug Zeit also, um bis zum Anrücken der Bagger auch die letzten Schwarzbauten im Süden des Areals zu beseitigen.