Ottobrunn/Taufkirchen:Keine Angst vor der Männerwelt

Ottobrunn/Taufkirchen: Luftfahrttechnik statt Badesee: Zwölf Schülerinnen nahmen an einem speziellen Camp bei Airbus in Ottobrunn und Taufkirchen teil.

Luftfahrttechnik statt Badesee: Zwölf Schülerinnen nahmen an einem speziellen Camp bei Airbus in Ottobrunn und Taufkirchen teil.

(Foto: Claus Schunk)

Ein Forscherinnen-Camp bei Airbus soll Mädchen in ihrer Technikbegeisterung bestärken.

Von Nico Brix, Ottobrunn/Taufkirchen

"Bananensplit und Zelten am Gardasee" oder "Schwimmen im Mittelmeer und Würstchen auf dem Einweggrill" klingt zugegebenermaßen zunächst mehr nach Sommerferien als "Metallischer 3-D-Druck in der Luftfahrt und Charakterisierung von Materialeigenschaften". Doch ganz unter diesem Motto stand die erste Ferienwoche für die zwölf Teilnehmerinnen des Forscherinnen-Camps. Unter den Gymnasiastinnen und Fachoberschülerinnen aus ganz Bayern ist die 15-jährige Melissa Hammerschmitt aus Aschaffenburg. Wie alle anderen Camp-Teilnehmerinnen will auch sie später einmal Ingenieurin werden: "Mir gefällt, dass man dort selbst etwas entwickeln kann und immer etwas anderes machen kann. Die Arbeit ist nicht monoton. Außerdem könnte ich dann sehr selbstständig arbeiten."

Organisiert hat das Forscherinnen-Camp das Bildungswerk bayerischer Wirtschaft zusammen mit Airbus und der Hochschule München, um Schülerinnen einen Einblick in technische Studiengänge und einen späteren Ingenieursberuf zu geben. Dabei war es den Organisatoren besonders wichtig, theoretische mit praktischen Inhalten zu paaren. So wurde an zwei Tagen die Hochschule München besucht und an zwei weiteren Tagen bei Airbus in Ottobrunn und Taufkirchen geforscht.

Extremer Teamgeist bei den Nachwuchsforscherinnen

"Es wurden Materialeigenschaften von Aluminium-Bauteilen untersucht, die in einem neuen 3-D-Druck-Verfahren, dem sogenannten Pulverbettverfahren entstanden sind", bricht Jürgen Wehr die Arbeit der Teenager auf das Wesentlichste herunter. Wehr arbeitet bei Airbus als Teamleiter im Bereich Oberflächentechnik und hat sich der Nachwuchs-Forscherinnen eine Woche angenommen. Dabei fand er interessant zu sehen, "wie sehr die Schülerinnen motiviert waren. Außerdem gab es einen extremen Teamgeist und die Mädels waren auch schon naturwissenschaftlich sehr weit."

Beworben hatte sich Melissa Hammerschmitt wie alle anderen mit einem kleinen Motivationsschreiben im Internet. Noten spielten dabei gar keine Rolle. Und falls doch, hätte sie vermutlich nicht die schlechtesten Chancen gehabt. "Letztes Schuljahr hatte ich im Zeugnis, glaube ich, sieben Einser und fünf Zweier oder so", sagt sie selbst. Eine einzige Drei gab es in Wirtschaft und Recht. In ihrer Freizeit betreibt sie nicht nur Gerätturnen, sondern besucht auch eine sogenannte Enrichment-Klasse an ihrer Schule. Darin werden die besten Schüler gefördert. "Letztes Jahr haben wir dort eine kleine Rakete gebaut", erzählt sie nicht ohne Stolz.

"Ich möchte den Mädchen das ermöglichen, was ich selbst erlebt habe."

Jetzt ist sie im Forscherinnen-Camp. Und wird dabei von früh bis spät von Sozialpädagoge Frank Armbruster und Karolin Schweiger begleitet. Die beiden sind als Betreuer dabei. Karolin Schweiger studiert an der Hochschule München im siebten Semester Luft- und Raumfahrttechnik. Dabei ist es nicht ihr erstes Camp: Vor zwei Jahren war sie schon einmal als Betreuerin an einem Forscherinnen-Camp beteiligt. Als sie selbst noch in der elften Klasse war, hat sie bei einer ähnlichen Forschungswoche der TU München mitgemacht. Sie erklärt, weshalb sie nun wieder als Betreuerin dabei ist: "Ich möchte den Mädchen das er möglichen, was ich damals selbst erlebt habe."

Ottobrunn/Taufkirchen: Melissa Hammerschmitt mit Projekten aus dem 3-D-Drucker.

Melissa Hammerschmitt mit Projekten aus dem 3-D-Drucker.

(Foto: Claus Schunk)

Und dazu gehört nicht nur das Reinschnuppern in den Ingenieursberuf: Morgens frühstückten die Teilnehmerinnen gemeinsam in einer Jugendherberge, auch den Abend verbrachten sie zusammen. So gingen die Schülerinnen einmal in die Eisdiele, ein anderes Mal in die Kletterhalle, dann an den Stadtstrand an der Isar in München und am letzten gemeinsamen Abend zum Italiener. Immer mit dabei waren die Betreuer. Karolin Schweiger, die als studentische Hilfskraft angestellt ist, musste viele Fragen zu ihrem Alltag als Studentin beantworten: Ist es schwierig, neben dem Studium zu arbeiten? Ist es schwer, an der Hochschule Freunde zu finden? Ist es schwer, sich in einer Großstadt zurecht zu finden?

Von schlechten Noten in Mathe nicht abschrecken lassen

Das Camp soll die Mädchen auch darin bestärken, einen Studiengang zu wählen, in dem männliche Kommilitonen in der Überzahl sein werden. Katina Warendorf, die Frauenbeauftragte der Hochschule München, hält die Woche deshalb für eine gute Sache. Sie rät Mädchen, die sich von ihren Schulnoten in naturwissenschaftlichen Fächern und Mathe abschrecken lassen, sich an einem Teil der Jungen zu orientieren: "Viele Jungs fangen einfach an, das zu studieren, das sie interessiert. Auch wenn sie in Mathe oder Physik nur Vierer haben. Die machen das trotzdem und oft auch mit Erfolg." Denn ihrer Meinung nach entscheidet letztlich vor allem die Affinität zur Technik über Erfolg und Misserfolg.

Auch Jürgen Wehr rät den Schülerinnen: "Lasst euch von Geschlechterdiskussionen nicht abschrecken. Auch wenn zum Beispiel im Maschinenbau-Studium zu 90 Prozent Jungs sitzen. Die großen Unternehmen haben längst erkannt, dass am Ende nur die Qualifikation zählt." Melissa Hammerschmitt jedenfalls will nach dem Camp immer noch Ingenieurin werden. "Sogar noch ein bisschen mehr", sagt sie. Besonders der Bereich der Oberflächentechnik habe sie sehr fasziniert. Gemeinsam mit ihrem Vater und ihrer kleinen Schwester wird sie noch ein paar Tage auf einem Campingplatz in der Nähe verbringen und dann wieder nach Hause fahren. Vielleicht schaut sie aber in ein paar Jahren wieder vorbei, bei Airbus in Ottobrunn und Taufkirchen, dann aber als Studentin oder ausgebildete Ingenieurin.

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