Ottobrunn/Taufkirchen:Ein Weltraum für alle Fälle

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Im Jahr 2015 startete die Raumfahrtmission "Sentinel 2" der Europäische Weltraumorganisation. Der Satellit soll Daten zum Klimawandel, der Landüberwachung sowie zum Katastrophen- und Krisenmanagement auf der Erde ermitteln. (Foto: Claus Schunk)

Beim "Zukunftsdialog Raumfahrt" des CSU-Kreisverbands anlässlich des 50. Jahrestags der Mondlandung zeigen Forscher und Experten auf, wie wichtig die Nutzung des Alls für die Lösung der Probleme auf der Erde ist.

Von Stefan Galler, Ottobrunn/Taufkirchen

Gegen Ende der Veranstaltung wurde es emotional: Suzanna Randall, Astrophysikerin bei der ESO Garching und eine von zwei Kandidatinnen, als erste weibliche deutsche Astronautin in den Weltraum zu gelangen, sprach im Rahmen des "Zukunftsdialogs Raumfahrt" in den Räumen der IABG an der Ortsgrenze zwischen Ottobrunn und Taufkirchen über ihre Hoffnung, dass dieses Projekt tatsächlich umgesetzt wird: "Deutschland kann mit Steuergeldern elf Männer ins Weltall schicken, aber keine einzige Frau. Das Schlimmste wäre, wenn der Flug an der Finanzierung scheitern würde." Dabei schaute Randall den Bundestagsabgeordneten Thomas Jarzombek (CDU) scharf an, er ist Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt und war auf Einladung des Putzbrunner CSU-Abgeordneten Florian Hahn in den Landkreis München gekommen.

Hahn hatte eine Idee von Heinz Durner, dem Landkreisbeauftragten für Bildung, Wissenschaft und Forschung, aufgegriffen und mit dem CSU-Kreisverband München-Land die Veranstaltung anlässlich des 50. Jahrestags der Mondlandung organisiert. "Zuerst war der Abend für 120 bis 130 Leute geplant, dann hatten wir plötzlich über 420 Anmeldungen", sagte Hahn in seiner Begrüßungsrede vor vollem Haus. Innovation sei eben ein Gebiet, das die Menschen bewege, so der stellvertretende CSU-Generalsekretär weiter. Zuerst habe man in der Öffentlichkeit Dorothee Bärs Pläne für Flugtaxis noch ins Lächerliche gezogen, nun sei das Thema in aller Munde. "Die CSU setzt auf die richtigen Themen", stellte er zufrieden fest.

Suzanna Randall will als erste deutsche Astronautin ins All. (Foto: Claus Schunk)

Im Laufe des Abends wurde dann deutlich, welch große Bedeutung die Nutzung des Alls für die Menschheit hat. Das dürfte sogar jene überzeugt haben, die von der Raumfahrt nicht viel halten und die Meinung vertreten, man solle erst einmal die Dinge auf der Erde regeln, ehe man sich auf den Weg zum Mond macht. Doch genau für irdische Problemlösungen ist die Weltraumforschung von Nutzen, das wurde beispielsweise bei den acht Kurzvorträgen zu verschiedenen Anwendungen aus den Bereichen Raumfahrt, Technologien und Anwendungen deutlich, die Wissenschaftler aus dem Raum München im Rahmen eines "Science Slams" darboten.

Satelliten werden am Fließband produziert

So präsentierte Daniel Metzler vom Start-up Isar Aerospace Technologies in Gilching die Entwicklung der Satellitenfertigung in den letzten 50 Jahren. "Heute kostet ein Satellit nicht mehr 500 Millionen, sie werden teilweise am Fließband produziert", sagte der junge Forscher und betonte die immer wichtigere Rolle, die Satelliten bei der Netzabdeckung auf der Erde spielen - dank dieser Technik könnte endlich flächendeckend schnelles Internet gewährleistet werden.

Suzanna Randall hofft auf Unterstützung von Thomas Jarzombek (CDU). (Foto: Claus Schunk)

Um den "Hyperschall", also Transportgeschwindigkeiten von 27 000 Stundenkilometern ging es beim Vortrag von Daniel Kliche, Abteilungsleiter Operations & Technologies Air & Missile Defence bei der IABG. Und der Ingenieur wusste Erhellendes zum Columbia-Unglück 2003: "Das Space Shuttle ist explodiert, weil am Hitzeschutzschild eine Kachel beschädigt war", erklärte er. Weiter ging es durch den bunten Garten der Weltraumforschung, so präsentierte Alexander Plebuch von Ariane Works Deutschland ("Ich bin Alex und Raketeningenieur") den "New Space", der sogar Lösungsansätze für Bestandsschutz biete, weil man vom All aus genau sehen könne, wie sich Populationen verändern.

Martin Riedel von der TU München beschäftigte sich in seiner Präsentation mit Höchstgeschwindigkeiten und Forschungen im Windkanal, die 1000 Stundenkilometer ermöglichten; während Elisabeth Becker-Löffler von der BayWa auf die Bedeutung von Satellitentechnik für die Landwirtschaft hinwies und satellitengesteuerte Bewässerung am Beispiel des afrikanischen Staates Sambia vorstellte.

ESA und NASA sollen gemeinsame Sache machen

Einen emotionalen Vortrag zur Abwehr von Asteroiden hielt Timo Stuffler von der OHB Systems in Weßling. So sei die Chance, dass die Erde von einem riesigen Gesteinsbrocken getroffen werde, größer als ein Gewinn beim Euro-Jackpot. Die Dinosaurier seien vor 60 Millionen Jahren einem Asteroiden-Einschlag zum Opfer gefallen. "Aber die Dinos hatten ja auch keine Raumfahrtagenturen", so Stuffler, der beschrieb wie das Satellitensystem "Hera" gefährliche Meteoriten erkennt und von ihrer Flugbahn abbringt. Und er äußerte seine Hoffnung, dass ESA und NASA bei diesem Projekt gemeinsame Sache machen, nicht ohne durch die Blume zu erwähnen, dass man US-Präsident Donald Trump am besten ohne Rückflugticket auf den Mond schießen sollte.

Den kurzweiligen Slambeiträgen folgte eine Gesprächsrunde mit dem Abgeordneten Jarzombek, der Astronautin Randall, Stefanie Herrmann vom Anwendungszentrum Oberpfaffenhofen und Gerald Hagemann von der Ariane Group. Tenor der Diskussion: Man könne stolz sein auf die Forschungsstandorte Garching, Oberpfaffenhofen und Ottobrunn/Taufkirchen, wo gerade eine neue Fakultät für Luft- und Raumfahrt aus der Taufe gehoben wird. In diesem Sinne: Ready for Take Off!

© SZ vom 20.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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