Ottobrunn:Sparsamer Macbeth

Ottobrunn: Die spärliche Bekleidung der Schauspieler Patrick Gabriel und Caroline Betz gefällt nicht allen Besuchern, aber sie erweist sich als außerordentlich praktisch.

Die spärliche Bekleidung der Schauspieler Patrick Gabriel und Caroline Betz gefällt nicht allen Besuchern, aber sie erweist sich als außerordentlich praktisch.

(Foto: Claus Schunk)

Bernd Seidel überzeugt im Wolf-Ferrari-Haus mit seiner dichten, aufs Wesentliche reduzierten Inszenierung des Shakespeare-Stoffes

Von Angela Boschert, Ottobrunn

Als künstlerischer Berater des Wolf-Ferrari-Hauses ist Bernd Seidel maßgeblich für das Ottobrunner Kulturprogramm verantwortlich. Zur Eröffnung der neuen Spielzeit aber war er am Wochenende mit einer Eigenproduktion zu Gast im Wolf-Ferrari-Haus: "Der große Fall der Lady Macbeth und Macbeth" nach Shakespeare mit weiteren Texten von Peter Spies besticht zum einen durch die Schauspieler und zum anderen durch die dichte, in der Ausstattung sparsame und im Ausdruck große Inszenierung.

Wie eine Taschenausgabe kommt Seidels "Macbeth" daher, von Peter Spies komprimiert auf 90 Minuten und drei Schauspieler, einstudiert von Seidel und Regieassistentin Eva-Maria Heinrich im spanischen Málaga. Es geht um Liebe, Kampf und Macht, Skrupellosigkeit und inneren Zerfall, ganz wie in der fünfaktigen Vorlage. Zur Einleitung löst Celine Dions Welthit "Power of Love" zunächst Irritationen aus im gefüllten Saal des Wolf-Ferrari-Hauses. Diese weichen Staunen, als sich der Vorhang öffnet: Mitten auf der Bühne liegt ein großes Kreuz, das nach hinten ansteigt. Es wird zur Hauptspielfläche werden und immer präsent bleiben. Rechts und links von ihm stehen riesige Stühle mit übermannshohen Beinen und Rückenlehnen. Alles ist in ein blutrotes, mal düster, mal lüstern erscheinendes Licht getaucht. Für Licht-Design und Bühnenbau zeichnen Ferdinand Schuhbeck und Emanuel Reus verantwortlich.

Ein Erzähler, dessen Rolle von Marc-Andree Bartelt sportliche Höchstleistungen fordert, führt durch die Rahmenhandlung. Er kauert auf dem Kreuz und beginnt zu erzählen. Allmählich sind auch Macbeth, wie bei Seidels letzter Interpretation von 2010 durch Patrick Gabriel dargestellt, und Lady Macbeth, großartig gespielt von Caroline Betz, auf der Bühne zu erkennen. Hinten sitzt in schwarzem Lederkleid die junge Laetitia Schwende, die durchgängig das Geschehen verfolgt und hie und da mit modernen Saxofon-Klängen die Stimmungen gezeigter oder erzählter Szenen untermalt. Sie erfüllte dies mit höchster Konzentration und großem Können.

Seidel hat sich zum dritten Mal mit dem Macbeth-Stoff beschäftigt, der ihn "vom Thema her interessiert, weil die Machtgier, mit allen Mitteln aufzusteigen, immer noch aktuell ist und bleiben wird", wie er sagt. Er konzentrierte sich nach eigener Aussage in der neuen Inszenierung "explizit auf die Liebesbeziehung zwischen dem Ehepaar Macbeth". Diese wird am augenfälligsten, als Macbeth und seine Frau in wehende rote Königsmäntel gehüllt um die Ermordung des Feldherren Banquo ringen, der im Stillen Macbeth des Mordes an König Duncan verdächtigt. Macbeth, dessen innerer Kampf zwischen Skrupel und Machtgier tief beeindruckend von Gabriel gezeigt wird, gibt seiner Frau schließlich nach und schleppt sie - als sichtbares Zeichen seiner Unterwerfung - mit gebeugtem Rücken über die Bühne. Ihrerseits bewahrt sie ihn anschließend davor, sich als Auftraggeber des Mordes an Banquo zu verraten.

Wenige Requisiten unterstützen die mannigfache Gestik und Mimik aller Schauspieler. Selten tragen die drei Akteure mehr als Badekostüme, was einigen Zuschauerinnen missfällt. Aber die schwarzen, knappen und dabei raffinierten Kostüme von Monique Kammin sind höchst zweckmäßig. So genügt es Marc-Andree Bartelt, nachdem er eine Szene geschildert hat, sich eine Jacke oder ein Hemd überzuziehen, und schon sind etwa der schottische König Duncan präsent oder aber die drei Hexen, die Macbeth eine Zukunft als König versprechen. Dabei braucht Bartelt keine Verkleidung. Er turnt, springt, schleppt, kriecht, kauert und klettert auf der Bühne umher, dass einem schier schwindelig wird. Doch das macht das Besondere der Inszenierung aus: Die Dynamik auf der Bühne angesichts der Sprachgewalt Shakespeares. Am Ende der Aufführung ist klar: Dieser "Macbeth" ist mehr als eine "kleine Kostbarkeit", als die ihn Seidel bescheiden anpreist.

Weitere Aufführungen gibt es von diesem Dienstag bis einschließlich Sonntag, 20. Oktober, täglich im Theater Einstein, Einsteinstraße 42, in München sowie am Freitag, 25. Oktober, im Kubiz, Jahnstraße 1, in Unterhaching. Beginn ist jeweils um 20 Uhr

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