Süddeutsche Zeitung

Ottobrunn:Mieträder in der Sackgasse

SPD und Grüne kommen in ihrem Bestreben, belastbare Daten für die Nutzung des Angebots zu bekommen, nicht recht weiter. Aber auch der Vorschlag des Rathauses, es beim Nein zu belassen, findet keine Mehrheit

Von Daniela Bode, Ottobrunn

Auch nach dem aktuellen Vorstoß von SPD und Grünen in Ottobrunn zur Einführung des MVG-Mietradsystems herrscht weiter Stillstand bei dem Thema. Sabine Athen (SPD) sah den gemeinsamen Dringlichkeitsantrag mit den Grünen, der unter anderem belastbare Zahlen zu dem System von der Verwaltung forderte, im Planungsausschuss am Dienstag nicht wirklich beantwortet. Der Vorschlag der Verwaltung, weiter der Einführung eines Mietradsystems nicht zuzustimmen, ging mit sieben zu sieben Stimmen in einem Patt aus. Ebenso erging es Doris Popp (Grüne), die am Ende der Sitzung den Antrag stellte, fünf konkrete Stationen zu errichten. Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) rechnet im Gemeinderat am 22. Juli mit einer Mehrheit für den Verwaltungsvorschlag. Aus seiner Sicht stehen bei dem System weiterhin Kosten und Nutzen nicht im Verhältnis. Der Gemeinderat hatte die Einführung des Modells bisher abgelehnt.

SPD und Grüne hatten in ihrem Antrag unter anderem einen Überblick über Investitions- und Betriebskosten, mögliche Zuschüsse und "sinnvolle Stationen" für Mieträder von der Verwaltung gefordert. Auch hatten sie nach einer möglichen Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden gefragt, etwa mit Hohenbrunn, die auf ihrem Gemeindegebiet am S-Bahnhof Ottobrunn eine Station errichten will. Auch dass der Landkreis eine "sehr positive Bilanz" gezogen habe nach einem Jahr Betrieb, heißt es in der Begründung, habe die SPD bewogen von ihrer bisher ablehnenden Haltung Abstand zu nehmen. "Wir wollen Zahlen, damit wir entscheiden können", sagte Athen in der Sitzung. "Wurde damit irgendetwas beantwortet?", ärgerte sie sich mit Blick auf die Vorlage der Verwaltung. Loderer verteidigte indes das Papier des Rathauses. "Herr Thorn hat noch mal sehr sachlich die Attraktivität des Mietradsystems erläutert", sagte er.

Für ihn ist diese weiterhin für Ottobrunn nicht gegeben, wie seine Ausführungen zeigten. Unter anderem argumentierte er, es gebe aus Sicht der Verwaltung keine sinnvollen Stationen, weil keine Verbesserung für den Nahverkehr gegeben sei. Er verwies darauf, dass der Individualverkehr durch die Leihräder laut Untersuchungen nur um 0,2 bis 0,4 Prozent der Jahreskilometer zurückgedrängt werde. Busse seien der zentrale Baustein für eine Verhaltensänderung bei den Menschen, ohnehin habe jeder ein Fahrrad - und die Steuerzahler müssten geschützt werden. Und: "Die Ausgaben stehen völlig außer Verhältnis zum Nutzen."

Auch die vielen Gegenargumente im Gremium konnten ihn und einige andere nicht überzeugen. Popp schilderte Situationen, in denen man nach 23 Uhr nicht mehr mit dem Bus nach Hause kommt, "da wäre ein Mietrad toll". Auch schlug sie fünf mögliche Stationen vor, darunter am S-Bahnhof und am Phönixbad, die Baukosten von 35000 Euro verursachten. "Das ist wirklich nicht viel Geld", sagte sie. Tania Campbell (Grüne) verwies darauf, dass es einen offensichtlichen Bedarf in Ottobrunn gebe. "Obwohl wir keine Stationen haben, werden hier hunderte von Fahrrädern abgestellt", sagte sie. Athen hält es für denkbar, dass es auf dem Forschungs-Campus, der in Ottobrunn entsteht, mögliche Nutzer geben könnte. Auch der Ottobrunner SPD-Kreisrat Florian Schardt kann Loderers Position nicht nachvollziehen, wie er der SZ sagte. So werfe dieser dem Landkreis geschönte Zahlen vor, operiert laut Schardt aber teilweise selbst nicht mit den richtigen Zahlen. Für Schardt erhärtet sich daher der Eindruck, wie er sagt, dass der Rathauschef das System einfach ablehnt.

Ganz so ist es indes nicht. Wenn die Park-and-Ride-Anlage in Neuperlach Süd fertig gebaut ist, kann Loderer sich punktuell einen Mietrad-Standort vorstellen, wie er in der Sitzung sagte. Das sei dann aber die Sache des Investors, nicht der Gemeinde.

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Quelle:
SZ vom 09.07.2020
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