Verkehrswende:Die Spannung sinkt

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In dem Kieler Rettungsschiff ist neben einem Verbrennermotor auch ein Elektroantrieb von Molabo verbaut. (Foto: Claus Schunk (Repro))

Das Ottobrunner Unternehmen Molabo hat einen leistungsstarken 48-Volt-Elektromotor entwickelt, der Vorteile gegenüber bisherigen Antriebssystemen hat. In Kiel wurde er jetzt in einem Feuerwehrboot verbaut, doch auch in Autos ist ein Einsatz denkbar.

Von Raphael Stüdeli, Ottobrunn

Dass ein oberbayerisches Unternehmen ein Wasserfahrzeug an der Ostsee ausstattet, ist eher ungewöhnlich. Genau das aber hat die Firma Molabo kürzlich getan. Bei einem hybriden Feuerwehrboot der Stadt Kiel ist das 48-Volt-Antriebssystem des Ottobrunner Unternehmens eingebaut worden. Es ist die erste Anwendung ihrer Art. „Bei 48 Volt befindet man sich noch im Niedrigspannungsbereich“, erklärt Adrian Patzak, COO von Molabo. „Niedrigvoltmotoren bringen Vorteile im Bereich Sicherheit, mit der Leistung der Hochspannungssysteme konnten sie bislang aber nicht mithalten.“

Dies hat Molabo verändert. Um den Anwendungsbereich der Niedrigvoltmotoren zu vergrößern, hat das Unternehmen, das 2016 als Ausgründung von der Universität der Bundeswehr in Neubiberg entstanden ist, den 48-Volt-Motor neu erfunden und den leistungsstärksten Niedrigspannungsantrieb auf den Markt gebracht.

Die 50 Kilowatt Leistung seien ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu den Produkten namhafter Konkurrenten wie Siemens, Bosch und Yamaha, die allesamt ebenfalls 48-Volt-Motoren anbieten. Mit der erhöhten Leistung kommt die Technologie nicht nur für E-Bikes und Rasenmäher infrage, sondern auch für Bagger, Traktoren und Gabelstapler. „Auch ein Einsatz im Bereich Automobil ist denkbar“, sagt Patzak. Oder eben in Schiffen.

Das Lösch- und Rettungsboot der Feuerwehr Kiel ist für Einsätze im Nord-Ostsee-Kanal, in der Kieler Förde und vor der Küste konzipiert. Das Boot wurde von der finnischen Werft Kewatec gebaut und verfügt über ein Wasserstrahlantriebssystem, das sowohl über Diesel als auch über einen Elektromotor betrieben werden kann. Die Technologie für letzteren hat Molabo geliefert.

Auch andere Anwendungen sind denkbar

Den Ausschlag für ein Niedrigvoltsystem gebe das Thema elektrische Sicherheit. Während höhere Spannungen potenziell lebensgefährlich sind, können die 48 Volt gefahrlos mit der Hand angefasst werden. Für Einbau, Reparatur und Wartung werden so keine Hochvoltspezialisten gebraucht, normale Elektriker oder Mechatroniker können das System warten. Auch bei Rettungseinsätzen bedeutet die Niedrigspannung die Beseitigung einer Gefahrenquelle.

Der Einbau in das Feuerwehrboot ist der erste Einsatz des Elektromotors außerhalb des Freizeitbereichs. Bisher wurde die Neuentwicklung hauptsächlich auf süddeutschen und österreichischen Seen angewendet, auf denen keine Verbrenner zugelassen sind. Seit dem Auftrag für das Rettungsboot kämen aber deutlich mehr Anfragen für die kommerzielle Nutzung. So beispielsweise für eine Passagierfähre bei Barcelona.

Adrian Patzak, COO von Molabo, hinter einem Dummy des 50-Kilowatt-Elektromotors, der jetzt in Kiel verbaut worden ist. (Foto: Claus Schunk)

Wenn Adrian Patzak von der Zukunft des Unternehmens spricht, dann hat der Mitgründer aber nicht bloß den nautischen Bereich im Blick, sondern das große Ganze: „Was uns treibt, ist die Motivation für nachhaltige Energieerzeugung und Mobilität.“ Einen Anwendungsbereich für die 48-Volt-Motoren sieht er in allen Fahrzeugarten, mit besonderem Fokus auf die Massenmärkte in den Schwellenländern. Dort könnten Molabos Motoren insofern ein „Gamechanger“ sein, als sie Hürden abbauen. Das leistungsstarke Niedrigvoltsystem ermögliche Fahrzeugherstellern die Elektrifizierung ohne die Investition in neue Hochvolttechnologien.

In Zeiten von Krieg und globalen Krisen sei zudem ein verantwortungsbewusster Einsatz von Ressourcen notwendig. Man könne da nicht immer einfach auf „größer, schneller, weiter“ setzen. Adrian Patzak, der neben der allgemeinen Organisation auch für den Einkauf und die Logistik des Unternehmens verantwortlich ist, liegen hierbei besonders lokale Wertschöpfungsketten und die Vermeidung kritischer Materialien am Herzen.

Um die Abhängigkeit von seltenen Erden zu verringern, bringt Molabo nun einen kleinen Bruder zu dem in Kiel verbauten 50-Kilowatt-Motor auf den Markt. Mit 25 Kilowatt Leistung ist dieser nur halb so stark, braucht jedoch deutlich weniger Kupfer und andere Materialien. Wenn die hohe Leistung bei 48-Volt nämlich mit einem Nachteil verbunden sei, so ist es ein Mehr an Verkabelung. Je tiefer die Spannung, desto dicker würden die Kabel. „Dies ist eine Kröte, die man schlucken muss“, erklärt Patzak. Mit dem neuen 25-Kilowatt-Motor versucht das Unternehmen nun, genau diese Kröte zu umschiffen.

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