Süddeutsche Zeitung

Infrastruktur:Sport hält die Gesellschaft zusammen

Der Ottobrunner Gemeinderat sollte dem Bau eines zweiten Kunstrasenplatzes zustimmen.

Kommentar von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Für Kommunalpolitiker sind es harte Zeiten. Zwar ist die Corona-Pandemie gefühlt vorbei, aber ihre finanziellen Auswirkungen sind noch immer nicht vollends abzusehen. Sicher ist aber schon heute, dass die wirtschaftlichen Folgen auch den sehr reichen Landkreis München hart treffen werden und nicht nur in besonders klammen Kommunen wie Unterhaching und Oberschleißheim überlegt werden muss, was man sich in Zukunft überhaupt noch leisten kann. In Ottobrunn hat die Unsicherheit angesichts drohender finanzieller Auswirkungen nun dazu geführt, dass der Bauausschuss des Gemeinderates den Bau eines zweiten Kunstrasenplatzes gestoppt hat - diese Entscheidung mutet auf Anhieb vernünftig an, falsch ist sie dennoch.

Denn nach drei Jahren Pandemie wird auch immer offensichtlicher, was dieses Virus noch angerichtet hat: Es hat den Kitt, der diese Gesellschaft zusammenhält, bröckeln lassen. Es hat - nicht nur, aber vor allem auch - bei Kindern und Jugendlichen unsichtbare Narben hinterlassen, sie in ihrer Entwicklung gehemmt, soziale Bande, die einst eine Selbstverständlichkeit waren, reißen lassen. Schon immer war der Sport, und dabei insbesondere der Breitensport, einer der wichtigsten Faktoren, wenn es darum ging, Gesellschaften zusammenzuhalten, Menschen zu verbinden, Freundschaften entstehen zu lassen. Auch dies muss in (kommunal-)politische Entscheidungen mit einfließen, denn Politik wird nun einmal für die Menschen gemacht. Der Blick auf die Haushaltslage aber verstellt allzu oft den Blick für das Wesentliche.

Es gibt Gemeinden wie Ismaning, die - auch dank sprudelnder Gewerbesteuereinnahmen - in den vergangenen Jahren massiv in ihre Infrastruktur investiert haben, um den Leistungssport gleichermaßen wie den Breitensport zu fördern. Mittlerweile hat Ismaning mehr Sporthallen als Kirchen. Jede Halle, jeder Fußballplatz, jedes Hallenbad und jeder Bolzplatz ist für sich gesehen eine Investition in die Zukunft. Die Grünen, die SPD und die Bürgervereinigung Ottobrunn sollten ebenfalls diesen Weg gehen und das Geld für einen weiteren Kunstrasenplatz in die Hand nehmen.

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