Windpark Höhenkirchner Forst:„Wir haben das Thema sehr ernst genommen“

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Die Bauarbeiten an den drei Windrädern im Höhenkirchner Forst laufen bereits. (Foto: Claus Schunk)

Sowohl die Betreibergesellschaft als auch der Hohenbrunner Bürgermeister Straßmair bestreiten, dass durch die im Bau befindlichen Windräder das Trinkwasser gefährdet wird. Sie werfen Ottobrunns Bürgermeister vor, durch seine Klage mit den Ängsten der Bevölkerung zu spielen.

Von Martin Mühlfenzl, Hohenbrunn/Ottobrunn

Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) bekommt nach seiner eigenmächtigen Klage gegen die Genehmigung der Windräder im Höhenkirchner Forst weiteren Gegenwind. Am Dienstag hatten die Gemeinderatsfraktionen von Grünen, SPD, FDP und Bürgervereinigung Ottobrunn (BVO) mit einem gemeinsamen Antrag eine öffentliche Behandlung des Themas in der Gemeinderatssitzung Ende Juni erzwungen. Nun setzt sich die Bürgerwind Höhenkirchner Forst GmbH & Co. KG als Betreiber der Windräder zur Wehr. Deren Geschäftsführer Robert Sing kontert die Behauptung Loderers, die drei Windräder könnten die Trinkwasserversorgung der Gemeinde Ottobrunn über die zwei Brunnen im Wasserschutzgebiet gefährden. Unterstützt wird er dabei von Hohenbrunns Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU). Beide werfen Loderer vor, mit den Ängsten der Bevölkerung zu spielen.

Sing, dessen Ingenieurbüro bereits große Windparks etwa in Fuchstal im Landkreis Landsberg am Lech, Berg am Starnberger See oder Lamerdingen im Ostallgäu errichtet hat, verweist auf den langen Zeitraum der Planungen für die Anlagen im Höhenkirchner Forst: Bereits im Jahr 2014 seien unter Beteiligung der Öffentlichkeit und aller zuständigen Fachstellen wie Wasserwirtschaftsamt und Wasserversorger Konzentrationsflächen ausgewiesen worden. Insgesamt hätten sich die Planungen über fünf Jahre erstreckt mit allen „erforderlichen Anhörungen und Abstimmungen“; dabei sei der Trinkwasserschutz immer ernst genommen worden. Das „leichtfertige Spiel“ Loderers „mit den Sorgen der Bürgerinnen und Bürger um ihr sauberes Trinkwasser“ entbehre jeder Grundlage.

Loderer hatte zudem beklagt, an dem Genehmigungsverfahren nicht beteiligt worden zu sein. Das Münchner Landratsamt als Genehmigungsbehörde und Beklagter teilt auf SZ-Nachfrage mit, dass die Gemeinde Ottobrunn im Genehmigungsverfahren nicht beteiligt worden sei, „da sie nicht Betreiberin eines Trinkwasserbrunnens in den festgesetzten Wasserschutzgebieten ist“. Die beiden Brunnen gehören den Wasserwerken Hohenbrunn, Ottobrunn bezieht lediglich das Trinkwasser. Inwieweit die Klage Loderers Aussicht auf Erfolg haben könnte, will das Landratsamt nicht beurteilen. Landrat Christoph Göbel (CSU) sagt, es stehe jedem frei, Bedenken zu äußern oder Klage zu erheben. Seine Behörde habe die Belange des Trinkwasserschutzes im Rahmen der immissionsrechtlichen Prüfung in jedem Fall berücksichtigt und die betroffenen Trinkwasserversorger am Verfahren beteiligt – also auch die Wasserwerke Hohenbrunn.

Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer beklagt, dass seine Gemeinde bei der Genehmigung der Windräder nicht beteiligt worden ist – und die Rotoren mitten im Wasserschutzgebiet gebaut werden. (Foto: Claus Schunk)

Das bestätigt auch Hohenbrunns Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU). Seine Gemeinde sei im Genehmigungsverfahren um eine Stellungnahme gebeten worden und habe diese auch abgegeben, sagt Straßmair; alle Einwände und Hinweise seien in enger Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt berücksichtigt worden. Kritik aus Ottobrunn, seine Gemeinde habe den Trinkwasserschutz vernachlässigt, weist er vehement zurück: „Wir haben das Thema sehr ernst genommen. Wir haben hier Trinkwasser mit Top-Qualität und das soll auch so bleiben.“ Ottobrunn bleibe es unbenommen, juristisch gegen die Windräder vorzugehen, sagt Straßmair. „Aber das Thema Trinkwasser ist sehr sensibel. Mit den Ängsten und Sorgen der Bürger darf nicht gespielt werden.“

Die Entfernung zum Brunnen ist offenbar deutlich größer, als von Loderer behauptet

Bürgerwind-Geschäftsführer Sing weist in seiner Stellungnahme weitere Behauptungen Loderers zurück. „Entgegen den Aussagen des Bürgermeisters ist ein Aufstellen von Windenergieanlagen in der Zone III A von Wasserschutzgebieten, wie im Höhenkirchner Forst der Fall, nicht verboten“, teilt er mit. Die geltende Wasserschutzgebietsverordnung im Forst sehe kein Verbot vor. Auch Loderers Aussage, zwischen dem nördlichsten Windrad und dem Brunnen V bestehe lediglich eine Distanz von etwa 80 Metern, stimmt laut Sing nicht, diese betrage vielmehr „über 600 Meter“. Eine Abfrage beim Online-Kartendienst Google Maps stützt dies.

Windenergie und eine gesicherte Trinkwasserversorgung im Höhenkirchner Forst sind laut Sing vereinbar. Aufgrund der getriebelosen Bauweise der mehr als 250 Meter hohen Windräder fällt laut Sing kein Getriebeöl an. Selbst bei hohen Grundwasserständen schütze eine Überdeckung von mindestens 20 Meter aus „sandig-schluffigen Kiesen“ das Wasser. Bei einer Bohrung Ende Februar dieses Jahres sei das Grundwasser erst in einer Tiefe von 29 Metern unter Geländeoberkante angetroffen worden, so der Ingenieur. Die Fundamente der Windräder würden nur einen halben Meter in den Boden reichen. Und der Brunnen V werde mittels Spezialsonden und Mobilfunk überwacht, es gebe eine neu errichtete Grundwassermessstelle und die Baustelle werde wöchentlich vom Wasserwirtschaftsamt begutachtet. „Eine Gefährdung der öffentlichen Trinkwasserversorgung kann daher guten Gewissens ausgeschlossen werden“, versichert Sing. In den Schalteranlagen der Windräder werde auch auf das Gas SF6 verzichtet, das laut Energieversorger EnBW etwa 23 500 Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid ist.

Der Bau der Windräder durch die drei Gemeinde Egmating, Höhenkirchen-Siegertsbrunn und Oberpframmern wurde im Oktober vergangenen Jahres genehmigt, seit einigen Wochen laufen die Arbeiten. Diese gehen laut Sing trotz der Klage Loderers beim Verwaltungsgericht München weiter, diese habe keine aufschiebende Wirkung.

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