Ottobrunn:Heiter bis tragikomisch

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Führt das Publikum in die Welt der Zarah Leander: die schwedische Künstlerin Karin Pagmar. (Foto: oh)

Die kommende Ottobrunner Kultursaison bietet wieder Vielfalt - der Abo-Verkauf hat bereits begonnen

Von Udo Watter, Ottobrunn

Potenziale fördern, Ressourcen aktivieren, Kompetenzen entwickeln, Emotionen steuern, Führungsstil perfektionieren - ein guter Coach macht aus einem unsicheren Individuum einen Helden der Selbstoptimierung und souveränen Meister des Kompetitiven. Nun ja.

Das Coaching als Massenphänomen - auch wenn man da natürlich differenzieren muss - ist in jedem Fall Spiegel einer Konkurrenz- und Leistungsgesellschaft, die sich ihres neoliberalen Charakters gar nicht mehr bewusst ist, in der das Ideal eines (in Wirklichkeit oft uniformen) Individualismus gepredigt wird, in der man sich nur mit dem Besten zufrieden geben soll, gerade auch was den eigenen Lebensplan angeht. Eine spezielle Ausbildung benötigt man für den Titel ohnehin nicht. "Der Begriff Coaching ist lächerlich", sagt Bernd Seidel, "in meinem Metier ist ja fast jeder arbeitsloser Schauspieler und jeder gestrandete Regisseur ein Coach." Seidel, selbst Theaterregisseur und künstlerischer Berater des Wolf-Ferrari-Hauses in Ottobrunn, hat sich für seine neue Inszenierung einen Stoff gesichert, der besagtes Phänomen satirisch thematisiert.

"Zu spät! Zu spät" heißt die schwarze Komödie von Lothar Kittstein, die sich mit der florierenden "Coaching-Industrie" und all ihren Facetten, Eitelkeiten und Verirrungen beschäftigt. Mit diesem Stück wird die Herbst-Spielzeit im Wolf-Ferrari-Haus am 8. Oktober eröffnet. "Ich wollte mal wieder was Kritisches machen, was aber auch witzig ist", erklärt Seidel. Worum geht's? An einem entlegenen Tagungsort treffen sich fünf Frauen und Männer, die sich nicht kennen und an einem Coaching-Seminar teilnehmen wollen. Ziel: Ausbildung zum Work-&-Life-Coach. Das Blockseminar bei einem berühmten Coach soll Höhepunkt und Abschluss ihrer Ausbildung werden. Aber der erscheint nicht. Was tun? Abbrechen oder weitermachen? Was folgt, ist ein tragikomisches Kammerspiel mit fünf sehr unterschiedlichen Charakteren, die alle ihre eigenen Sehnsüchte haben, welche sie hinter ihren Ego-Strategien verstecken.

Zum Ensemble von "Zu spät! Zu Spät!" gehören unter anderem Patrick Wolff und Patrick Gabriel, die in Ottobrunn schon öfter ihr darstellerisches Können zeigten. Die Inszenierung Seidels, der seit einigen Jahren in Südspanien lebt und in seinem dortigen Anwesen auch proben lässt, ist die Auftaktveranstaltung für das Abo-Programm 2016/17. Für diese Spielzeit können bereits Abonnements erworben werden, postalisch, per Telefon (089/608 08 301) oder über www.wfh-ottobrunn.de/programm/aboservice.

Das Angebot ist gewohnt abwechslungsreich: Theater, Kabarett, Musical, Gospel-Konzert, Komödien, eine Zarah-Leander-Revue, aber auch ein klassisches Schauspiel wie die Bühnenversion von Fontanes "Effi Briest", die das Ensemble des Landestheaters Schwaben Ende Oktober zeigt oder Schillers "Don Karlos", eine Produktion der Theatergastspiele Kempf. Generell aber überwiegt weniger schwere Kost, Unterhaltsames wie die Komödie "Hundert Quadratmeter" mit Beatrice Richter ("Sketchup") und ihrer Tochter Judith, die "Musical Night" oder die "Africa Night" mit Tanz und Akrobatik. Im Bereich Kabarett gastieren mit Lisa Fitz und Sissi Perlinger arrivierte Protagonistinnen des Genres.

Interessant dürfte der Auftritt der Schwedin Karin Pagmar werden, die ihre während der NS-Zeit so erfolgreiche Landsfrau Zarah Leander verkörpert in der Revue "Zarah Leander - Nach mir ist man süchtig." Die gebürtige Stockholmerin gilt als herausragende Interpretin von Leander-Liedern wie "Davon geht die Welt nicht unter", "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen", "Er heißt Waldemar". "Sie ist die Inkarnation von Zarah Leander", sagt Seidel. Einen Gesangs-Coach braucht sie eher nicht.

Es gibt drei verschiedene Abos á vier Veranstaltungen: 1. Eine Zusammenstellung aus Theater, Comedy und Musical, 2. Eine Auswahl klassischer Stücke und 3. Eine Mischung heiterer und humoristischer Vorstellungen. Weitere Informationen gibt es unter www.whf-ottobrunn.de

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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