Mobilität:Sie ist mit dem Radl da

Mobilität: Zwei Taschen vorn, zwei Taschen hinten: Mit ihrem so bepackten Trekking-Rad fährt Grünen-Kreisrätin Tania Campbell über Esslingen nach Hannover bis in den Landkreis Krakau in Polen.

Zwei Taschen vorn, zwei Taschen hinten: Mit ihrem so bepackten Trekking-Rad fährt Grünen-Kreisrätin Tania Campbell über Esslingen nach Hannover bis in den Landkreis Krakau in Polen.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Grünen-Kreisrätin Tania Campbell aus Ottobrunn unternimmt in einem dreimonatigen Sabbatical eine Tour durch die Partnerlandkreise wie Hannover und Leipzig. Auf den 4000 Kilometern will sie sich Anregungen holen - etwa was Verkehrs- und Energiepolitik angeht.

Von Daniela Bode, Ottobrunn

Viele Menschen nutzen eine längere Auszeit im Job, um sich einen Traum zu erfüllen oder sich neue Ideen zu holen. Nur muss der Zeitpunkt passen - die Kinder sollten aus dem Gröbsten heraus sein, die eigenen Eltern sollten so fit sein, dass man sie guten Gewissens alleine lassen kann. Für die Grünen-Kreisrätin Tania Campbell aus Ottobrunn passt das alles gerade. Ihr Sohn ist nun 19 Jahre alt, den Eltern gehe es gut, sagt sie. "Es ist alles stabil." Und so nutzt sie bald ein dreimonatiges Sabbatical dazu, mit dem Rad eine Tour durch die Partnerlandkreise des Landkreises München zu unternehmen. "Von einer Radtour durch Europa träume ich schon seit fast 40 Jahren", sagt die 53-Jährige. Vor allem aber will sie die Tour, die sie an diesem Samstag startet, nutzen, um mit vielen Menschen ins Gespäch zu kommen und sich viele Anregungen zu holen, auch für ihre politische Arbeit. Die Vorfreude ist riesig - Campbell strahlt übers ganze Gesicht, als sie von ihren Plänen erzählt.

Auf der Terrasse des Hauses, in dem sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn sowie ihren Eltern wohnt, steht das Vehikel, das sie auf der etwa 4000 Kilometer langen Strecke tragen wird: Ein knallblaues Männerfahrrad mit Ledersattel, ohne Elektromotor. "Bequemer geht's nicht", schwärmt die Ottobrunner Gemeinderätin. Das Rad hat sie sich vor einem Jahr in einem Ottobrunner Fahrradgeschäft anfertigen lassen, perfekt zugeschnitten auf ihre Bedürnisse. Für ihre Tour bepackt sie es vorne und hinten mit zwei Taschen. Von 15 bis 20 Kilo Gepäck geht die begeisterte Radfahrerin aus.

Mit kommen solche Dinge wie ein Ein-Mann-Zelt, eine Matte, ein Spiritus-Kocher, Kleidung für jedes Wetter - also genauso die kurze Radlerhose wie Regenausstattung - und sogar für Schnee will die Ottobrunnerin gewappnet sein. Ein Fahrrad-Computer wird ihr die Route nennen, iPad und Handy werden den Kontakt zur Außenwelt sicherstellen. Ein Photovoltaikpanel, das sich unterwegs durch die Sonneneinstrahlung auflädt, soll nötigen Strom liefern. Allzu viel Essen wird die Ottobrunnerin nicht mitnehmen - damit will sie sich unterwegs in kleinen Läden und auf Märkten versorgen. Hauptsache lokal und nachhaltig.

Zumindest die erste Woche ist gut durchgeplant

Dass aufgrund einer Betriebsvereinbarung in der Firma Rohde und Schwarz, in der Campbell in der Personalabteilung als Ingenieurin in der Weiterbildung tätig ist, das Sabbatical möglich ist, freut sie sehr. Fahrradtouren unternimmt sie, seit sie zwölf Jahre alt war, auch im Urlaub war sie in vielen Ländern wie in Deutschland, Holland und genauso Dänemark schon unterwegs. "So eine lange Tour wollte ich einfach einmal machen", sagt sie. Auf die Idee mit den Partnerlandkreisen kam sie vorigen Herbst, als Kreisräte aus dem Partnerlandkreis Hannover vor Ort zu Gast waren. Als neue Kreisrätin habe sie da erst erfahren, dass es Partnerlandkreise gebe. Auch sah sie, dass die Dinge in Hannover "anders laufen". Darüber möchte sie mehr wissen, und auch, wie es in den anderen Partnerlandkreisen läuft, also in Esslingen, Leipzig sowie Krakau und Wieliczka in Polen. Als Kreisräte aus München vor ein paar Wochen den Landkreis Leipzig, bei dem auch Kreisräte aus Esslingen dabei waren, besuchten, konnte sie erste Kontakte knüpfen.

Grob steht die Route schon, zumindest die erste Woche ist recht gut durchgeplant. Die Tour wird eine Mischung aus viel Radfahren, vielen Gesprächen, vielen Anregungen, auch zu Mobilitäts- und Energiefragen - aber auch private Treffen wird es geben. Nach dem ersten Ziel Augsburg, wo Campbell eine Freundin besuchen wird, will sie für ein paar Tage nach Esslingen radeln. Dort will ein Kreisrat ihr seinen Heimatort Plochingen sowie das Hundertwasserhaus zeigen. Mit einem anderen wird sie per Rad eine Fahrradteilefabrik besuchen. "Das ist total toll", sagt sie.

Sie will sich auch ansehen, wie man in dem Landkreis Esslingen mit dem Müll umgeht, also etwa eine Biomüllvergärungsanlage besuchen. Von dort soll es über Straßburg in die Stadt Esch in Luxemburg gehen, die dieses Jahr zur Kulturhauptstadt ernannt wurde. Wie passend, dass es eine Stadt mit Schwerindustrie ist, die nachhaltig werden will. Auch dort wird die Grünen-Politikerin sicher einiges erfahren. Über Holland will Campbell dann nach Hannover radeln. "Hier erhoffe ich mir, dass es bessere Radwege als bei uns gibt. Aus Erfahrung weiß ich, je weiter man in den Norden Deutschlands kommt, desto besser ist die Radinfrastruktur", sagt die Kommunalpolitikerin. Genauso will sie sehen, ob es dort schon mehr Windkraft gibt. "Ich will dann mit den Kreisräten sprechen, wie sie das gemacht haben", sagt sie.

Dann führt die Route nach Leipzig, wo sie unter anderem den Bürgermeister treffen will, weiter durch Tschechien nach Polen. Dort will die 53-Jährige Ende September ankommen. Denn dann reisen auch andere Kreisräte aus München für ein Treffen mit den Partnern in Krakau an. Über die Slowakei und Österreich geht es in der verbleibenden Zeit zurück nach Deutschland.

Immer wieder wird die 53-Jährige auf ihrer langen Reise Gesellschaft bekommen. In Holland wird ihr Bruder, der bei Haarlem lebt, sie ein Stück begleiten. Am ersten Tag und zwischendrin einmal will Campbells Mann mitradeln. Und auch der Sohn will sich seiner Mutter einmal ein paar Tage anschließen, nachdem er per Bahn angereist ist. Überhaupt ist die Idee: Wer will, kann auch auf einer Strecke mitradeln.

Wer die Tour nur ein wenig mitverfolgen möchte, kann das auch auf der Homepage der Politikerin unter www.taniacampbell.de. Dort wird sie in einem Radl-Blog über die Tour schreiben und in ihrem politischen Blog will "ich verarbeiten, was ich aufgenommen habe", insbesondere zur Mobilitäts- und Energiepolitik. Die eine oder andere Idee kann sie dann möglicherweise in den Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur oder den Ausschuss für Energiewende, Landwirtschafts- und Umweltfragen mitnehmen, in denen sie Mitglied ist.

Auch wenn Radfahren etwas Alltägliches für sie ist - sie fährt auch zur Arbeit und zu den Kreistagssitzungen mit dem Rad - und normalerweise bis zu 100 Kilometer am Tag kein Problem darstellen, hat sie die Tour eher mit Puffern geplant. "Ich möchte viel lernen, mich mit Menschen austauschen - das braucht Zeit." Und was ist, wenn sie auf einmal keine Lust mehr hat? Darüber hat sie noch nicht nachgedacht. Sollte es aber so sein, geht sie das entspannt an: "Ich kann auch mal zwei Tage Pause machen, wenn ich nicht radfahren mag und es mir irgendwo besonders gut gefällt." Das hört sich nach einem guten Plan an.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: