Natur und Umwelt:Neues Leben auf dem alten Friedhof

Natur und Umwelt: Sabine Klee will die ungenutzte Hälfte des Parkfriedhofs mit biodiversem Leben füllen.

Sabine Klee will die ungenutzte Hälfte des Parkfriedhofs mit biodiversem Leben füllen.

(Foto: Claus Schunk)

Sabine Klee will den aufgelassenen Teil in Ottobrunn zu einem Ort der Andacht und des Lernens machen. Für ihre Idee von einem "Lebensgarten" nutzt sie Elemente der Permakultur.

Von Daniela Bode, Ottobrunn

Die Natur zeigt sich an diesem Vormittag auf dem Ottobrunner Friedhof von ihrer schönsten Seite: Der Himmel ist blau, die Sonne scheint, das Herbstlaub leuchtet in roten und gelben Farben. Das ideale Setting also, als Sabine Klee davon erzählt, wie sich ihren Vorstellungen nach der ungenutzte Teil des Parkfriedhofs in einen "Lebensgarten" verwandeln sollte. "Mein Hauptgedanke war: Wie kann man dem Ort gerecht werden und etwas machen, was positiv genutzt wird und wo die Leute die Naturverbindung wieder aufnehmen", sagt die 43-jährige Ottobrunnerin. Sie will den Bereich zu einem Ort der Andacht als Ergänzung zum Friedhof machen und gleichzeitig zum Lernort. Der Teil gehört seit Juli offiziell nicht mehr zur Begräbnisstätte und ist nun mehr oder weniger Park.

Ihre Idee ist, verschiedene kleine Projekte umzusetzen - etwa auf einer Wiese ein Spiralbeet anzulegen, bei dem man eine "kleine Reise zu sich selbst" machen kann - und dabei viele Gruppen von Menschen einzubinden. Auf einer Art Rundweg auf den bestehenden Wegen sollen die Besucher die einzelnen Vorhaben ansehen oder mitmachen können. Hinter allem steckt der Gedanke der Permakultur, kurz gesagt ein nachhaltiges Konzept für Gartenbau und Landwirtschaft, das darauf basiert, natürliche Ökosysteme zu beobachten und nachzuahmen, was aus Sicht von Klee ideal in unsere Zeit passt.

Vor ein paar Jahren hat Klee schon den Gemeinschaftsgarten mit Hochbeeten auf der sogenannten Watzlik-Wiese in Ottobrunn initiiert. In dem Zusammenhang kam sie mit dem Arbeitskreis Natur und Landschaft der örtlichen Agenda 21 in Kontakt und so schließlich mit der Gemeinde. Als Klee ihr Konzept für den Lebensgarten dem Ottobrunner Gemeinderat vor kurzem vorstellte, traf sie auf viel Begeisterung. Allen voran bei Bürgermeister Thomas Loderer (CSU): "Ich würde das alles eins zu eins umsetzen", sagte er. Angeleitet durch Klee soll die Umgestaltung Schritt für Schritt erfolgen, nötige Beschlüsse müssen noch gefasst werden. Voraussichtlich im kommenden März soll es eine Informationsveranstaltung geben.

Beruflich hat die 43-Jährige nichts mit Natur und Gartenbau zu schaffen, sie arbeitet in einer Agentur, die medizinische Fachzeitschriften betreut. Doch sie hat die Permakultur für sich als einen Ansatz zum Umgang mit den Problemen der heutigen Zeit entdeckt und bildet sich deshalb zur "Permakultur-Designerin" weiter. "Ich komme aus einer naturaffinen Familie. Mein Großvater war Förster, meine Eltern sind beide Tierärzte, Garten war immer ein Thema", sagt die Ottobrunnerin.

Als ihr Sohn zur Welt kam, habe sie plötzlich Zukunftsängste empfunden. "Ich dachte mir, ich will alles tun, was in meiner Kraft steht, dafür zu sorgen, dass die Menschheit eine schöne Zukunft hat", erzählt sie. Im Internet sei sie schließlich auf die Idee der Permakultur gestoßen. Es sei wie ein "Aha-Effekt" gewesen.

Die Philosophie der Permakultur wurde in den 70er Jahren von zwei Australiern entwickelt. "Sie suchten nach einem Designsystem für zukunftsfähige Lebensweisen", erklärt Klee, als sie über die Kieswege im ungenutzten Teil des Friedhofs geht, vorbei an freien Feldern. Die drei ethischen Grundsätze lauten: Umsorge die Erde, umsorge die Menschen, umsorge die Zukunft. "Es geht um das Miteinander von Menschen und Natur zum Besten", sagt Klee. Ihr ist dabei wichtig zu sehen, dass man mit den Problemen der Zeit positiv umgehen will, nicht den Fokus darauf legen will, was nicht mehr geht, sondern darauf, welche Selbstheilungskräfte die Natur hat.

Was in Klees Kraft steht, tut sie nun. Unter anderem mit dem Projekt am ehemaligen Friedhofsteil, das sie auch als Praxiserfahrung für ihre Weiterbildung nutzt. Mit ihrem Engagement ist sie in guter Gesellschaft. Wie Marion Ruppaner, Agrarreferentin von der Landesfachgeschäftsstelle des Bundes Naturschutz in Bayern, sagt, ist Permakultur durchaus ein ernst zu nehmender Trend, der nicht nur von Hobby-Gärtnerinnen und -Gärtnern aufgegriffen werde, sondern inzwischen auch bei Nebenerwerbslandwirten und Hofneugründern Anklang finde.

Der Lebensgarten am Parkfriedhof soll den Lauf des Lebens durch die Jahreszeiten abbilden. So ist es Klees Idee, eine Spirale mit Blumen wie Skabiosen zu bepflanzen, die Tagfalter anziehen, und ebenso Königskerzen, die Nachtfalter spannend finden. "Man könnte die Spirale von einem Leistungskurs Mathematik bemessen lassen", sagt die 43-Jährige. Ein paar Schritte weiter auf dem Kiesweg erzählt die Ottobrunnerin von ihren Überlegungen zur ungenutzten Urnenwand. In diese würde sie gern etwas Leben einkehren lassen. So stellt sie sich vor, dort ein paar Wildbienen-Hotels einzurichten.

Weiterer Plan ist, in der Mauer Kästen mit Sukkulenten - also Pflanzen mit fleischigen Blättern, die wenig Wasser brauchen - anzubringen und so die Wand vertikal zu begrünen. Eine Wiese mit Zwiebelpflanzen soll mit Blumen wie dem Krokus im Frühjahr und der Herbstzeitlosen im Herbst das Jahr über ihr Bild verändern. Zudem soll ein Teich angelegt werden. "Wasserflächen gibt es nicht so viele in Ottobrunn", weiß sie. Dabei wirkten sie auf Erwachsene beruhigend, für Kinder seien sie spannend.

Ein Stück weiter auf dem Kiesweg bei einer größeren Wiesenfläche bleibt Klee stehen. "Hier soll ein Gemeinschaftsgarten mit Hochbeeten entstehen", erklärt sie. Jugendgruppen könnten sich nach ihren Vorstellungen für so ein Beet bewerben. Vom Projekt auf der Watzlik-Wiese wisse sie aus Rückmeldungen anderer Leute, wie groß die "Sehnsucht ist, mit der Natur verbunden zu sein". Dieses Bedürfnis dürften die Besucher dann auch zwischen den Bäumen gegenüber dem Gemeinschaftsgarten stillen können, denn dort soll ein Waldgarten mit Beerenbüschen, Obstbäumen, Rankpflanzen, Kräutern und Pilzen entstehen.

Mit ihren Ideen leistet Klee ihren Teil für die Zukunft. Sie will aber auch zeigen: Jeder kann etwas tun. Und sie will erreichen, dass andere merken, "wie gut es tut, mit der Natur zu arbeiten".

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