Süddeutsche Zeitung

Ottobrunner Finanzen:Fast alles weg

Bei den Vorberatungen des Haushalts in Ottobrunn wird um jede noch so kleine Summe gerungen. Doch es hilft alles nichts: Die Kommune muss ihre Rücklagen auflösen, um Projekte wie die Sanierung der Schule III schultern zu können.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Ottobrunn hat harte Jahre hinter sich. Jahre, in denen die Verwaltung und die Mitglieder des Gemeinderates die eigenen Haushaltsentwürfe nicht mit dem Rotstift, sondern vielmehr mit der Axt bearbeitet haben. So gesehen muten die ersten Haushaltsberatungen in diesem Jahr eher wie friedlicher Urlaub auf dem Bauernhof an als wie rabiate Schwerstarbeit für Holzfäller.

Es wird um marginale Summen und Posten gerungen. Etwa darum, ob die Umgestaltung des Friedrich-Ebert-Platzes samt neuer Bushaltestelle für 150 000 Euro umgesetzt werden soll, wie im ersten Haushaltsentwurf angesetzt.

Auch die Online-Kita-Platzvergabe wird erst einmal zurückgestellt

Die Mitglieder des Hauptausschusses entscheiden sich dagegen. Ebenso wird die Einführung einer Arbeitsmarktzulage für Angestellte der Rathausverwaltung zunächst mit Sperrvermerk zurückgestellt - die Gemeinderäte sind derzeit nicht gewillt, hierfür 290 000 Euro in die Hand zu nehmen. Das gilt auch für die Einführung einer Online-Kita-Platzvergabe, für neue Duschen in der Sporthalle der Schule II oder eine neue Beleuchtung für die Gemeindebibliothek, Spielgeräte für Erwachsene oder eine Bordsteinsanierung am Sportpark.

Der sehr genaue Blick der Kommunalpolitiker hängt mit einem grundsätzlichen Problem des Gemeindehaushaltes für das Jahr 2016 zusammen: Er beinhaltet erneut Mehrausgaben im Verwaltungshaushalt sowie eine enorme Entnahme bei den Rücklagen. Gleichwohl der Etat ausgeglichen ist - im Kernhaushalt.

"Wir wünschen uns aber sehr, dass noch mehr Einsparpotenziale gefunden werden", sagt etwa die Grüne Doris Popp. Und SPD-Fraktionssprecherin Ruth Markwart-Kunas ergänzt: "Es zeigt sich, dass in diesem Entwurf nicht mehr so viel Luft nach unten ist. Der Haushalt ist aber nur ausgeglichen, weil die Grundsteuer wahrscheinlich erhöht wird - ein Weg, den wir auch mitgehen."

Die Grundsteuer wird wohl angehoben

Die Verwaltung um Kämmerer Oliver Malina schlägt vor, sowohl die Grundsteuer A als auch B vom derzeitigen Hebesatz 300 auf den neuen Wert von 340 Punkten zu erhöhen. Die Gewerbesteuer indes bleibt bei einem Hebesatz von 300. Überbordende Belastungen der Bürger müssten zwingend vermieden werden, sagt Malina - auch diese Prämisse verfolge die Verwaltung mit dem neuen Etatentwurf.

Keine Belastungen, keine Schulden im Kernhaushalt, das Vertrauen darauf, dass es bei der Gewerbesteuer keine Einbrüche geben wird - das sind die Leitlinien der Ottobrunner Haushaltspolitik. Denn über allem schwebt das Damoklesschwert der Zustimmungspflicht durch das Landratsamt als übergeordneter Behörde. Und diese konkrete Bedrohung zwingt die Gemeinde Ottobrunn, von den nach der Radikalkur vergangener Jahre noch verbliebenen 6,1 Millionen Euro an Rücklagen nahezu sechs Millionen Euro zu entnehmen. "Wir wollen für den Kernhaushalt keine neuen Schulden aufnehmen", sagt Kämmerer Malina. "Ansonsten würde wohl das Landratsamt Einspruch einlegen - und wir müssten neue Belastungen für die Bürger einführen."

Anlieger könnten wegen der angespannten Finanzlage für Straßenausbaukosten herangezogen werden

Konkret verweist Malina auf die Straßenausbaubeitragssatzung, die nicht nur aufgrund des fast unaussprechlichen Namens in vielen Kommunen Schrecken und Verärgerung verbreitet. Bisher hat Ottobrunn durch eine sehr zurückhaltende Finanzpolitik die Einführung dieser Regelung, die Anwohner bei der Sanierung ihrer Straße zur finanziellen Beteiligung zwingt, abwehren können. "Und das geht auch nur, wenn der Haushalt ausgeglichen ist", sagt Kämmerer Malina. "Bei dieser Linie wollten wir für 2016 auch bleiben."

Denn bereits jetzt steht fest: Die Gemeinde wird in den beiden darauffolgenden Jahren Kredite für die Ausgestaltung des Kernhaushalts aufnehmen müssen. Für 2017 plant die Verwaltung eine Kreditaufnahme von 4,8 Millionen Euro - für 2018 noch einmal etwa eine Million Euro. Vorausgesetzt, die Einnahmen bleiben auf dem derzeitigen Niveau. Denn gerade die Gewerbesteuer unterliegt in Ottobrunn teils gravierenden Schwankungen. Derzeit rechnen Rathauschef Thomas Loderer (CSU) und die Verwaltung mit etwa acht Millionen Euro - es waren in manchen Jahren aber auch schon mehr als zwölf Millionen, wie Malina sagt. Bei der Einkommensteuer hofft die Kommune auf ein Plus von einer Million auf 17,5 Millionen Euro in 2016.

Die Ausgaben für Schulen machen neue Schulden unausweichlich

Dem gegenüber stehen aber weiter hohe Investitionen, die Ottobrunn bezüglich der Schulzweckverbände sehr wohl zu neuen Schulden zwingen. Die Generalsanierung der Schule III etwa wird in den nächsten drei Jahren mehr als 3,4 Millionen Euro verschlingen, hinzu kommen weit mehr als zwei Millionen Euro für die Kindertagesstätten. Und dann ist da noch der Landkreis, der erst im Dezember die Kreisumlage von 42 auf mittlerweile 44,9 Prozent erhöht hat; für Ottobrunn bedeutet dies eine weitere Belastung von etwa 300 000 Euro im Jahr.

So begeben sich die Gemeinderäte also auf die Suche nach kleineren Einsparmöglichkeiten - die Axt aber werden sie nicht mehr rausholen. "Das müssen wir auch nicht", sagt Rathauschef Loderer. "Der Haushalt wird stehen und ausgeglichen sein. Aber es ist richtig, dass wir weiter nach Sparpotenzialen suchen." Große Einschnitte wird das für die Bürger nicht nach sich ziehen - noch nicht. Was von 2017 an kommt, ist indes offen. Denn die Rücklagen sind dann nahezu aufgebraucht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2867884
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 18.02.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.