Ottobrunn:Begnadetes Auge, versierte Technik

Der Künstler Helmut Buchwitz schafft in seinen Fotos und Pastellen wunderbare Bilderwelten

Von Franziska Gerlach, Ottobrunn

Ein bisschen rätseln wird schon müssen, wer sich die Arbeiten von Helmut Buchwitz das erste Mal ansieht. Der 69 Jahre alte Künstler aus Haar hat sich den Pastellen verschrieben, fotografiert aber auch, und insbesondere bei einer ganz bestimmten Fotografie gibt er sich sehr geheimnisvoll, möchte eigentlich gar nicht so gern verraten, worum es sich dabei handelt. Und so ist beim Betrachter der Ausstellung, die am Mittwoch im "Treffpunkt Kunst" eröffnet wurde, der Galerie des Kunstvereins Ottobrunn, zunächst die eigene Vorstellungskraft gefragt.

Ottobrunn: Ein jüngeres Werk des Künstlers Helmut Buchwitz' aus Haar heißt "Zebra Crossing", das Streifenmuster hat er mit Pastellkreiden überarbeitet.

Ein jüngeres Werk des Künstlers Helmut Buchwitz' aus Haar heißt "Zebra Crossing", das Streifenmuster hat er mit Pastellkreiden überarbeitet.

(Foto: Claus Schunk)

Auf den ersten Blick ist da nämlich vor allem Farbe: In Rot, Pink und Gelb schmiegen sich wuchtige Blöcke aneinander, vereinen sich zu einem abstrakten und zugleich sinnlichen Gebilde, und wem die Fantasie bei der Betrachtung durchgeht, der wird darin vielleicht die Sonne einer fernen Galaxie vermuten. Diese Sache auf dem Foto wachse in heimischen Gärten, gibt Buchwitz einen Tipp, vergeblich allerdings, und als er des Rätsels Lösung schließlich preisgibt, freut er sich wie ein Schulbub: Ganz banaler Mangold sei das, die Aufnahme fokussiert den Stängel, also nur ein Detail des Gemüses. Eine recht typische Herangehensweise für Buchwitz, der so das Normale zum Besonderen werden lässt. Zur Kunst, quasi.

Ottobrunn: Auf der Suche nach dem Besonderen im Alltäglichen: Die besten Motive für seine Fotografien findet Helmut Buchwitz in den Formen und Farben der Natur.

Auf der Suche nach dem Besonderen im Alltäglichen: Die besten Motive für seine Fotografien findet Helmut Buchwitz in den Formen und Farben der Natur.

(Foto: Claus Schunk)

"Das Besondere im Alltäglichen", lautet denn auch der Titel der Schau, die noch bis zum 20. Mai 31 seiner Arbeiten vereint. Von Tricks und Kniffen digitaler Nachbearbeitung hält Buchwitz wenig, die Natur sei schließlich der beste Ideenlieferant, und so ist es wohl sein begnadetes Auge, das ihn das Potenzial von Ästen, Zweigen oder eben auch eines Mangoldstängels für einen Bildausschnitt erkennen lässt. Buchwitz kam erst zur Kunst, als er sich bereits beruflich etabliert und eine Familie gegründet hatte. Sich in einer "Midlife Crisis" der Malerei zuzuwenden, sei nichts Ungewöhnliches, scherzte Veronika Schattenmann, die künstlerische Leiterin des Vereins, in ihrer Eröffnungsrede. Bei Buchwitz aber verhielt es sich anders. "Es hatte sich eine verdrängte Begabung angestaut."

Ottobrunn: Auch dieses Werk zeigt eine eigene Bilderwelt

Auch dieses Werk zeigt eine eigene Bilderwelt

(Foto: Claus Schunk)

Einvernehmliches Nicken zu allen Seiten, es ist voll an diesem Abend, praktisch jede Minute betreten neue Gäste die Galerie, ein großes Hallo ist das. Man kennt sich. 1997 schloss Buchwitz sich dem Kunstverein an, viele Jahre war er sogar Schriftführer und dessen stellvertretender Vorsitzender. Der gelernte Drogist war lange im Vertrieb tätig. Das Bild von einem, der eines schönen Morgens aufwacht und sich denkt, die Kunst, genau das ist es jetzt, das will nicht so recht passen. Letztlich ließ sich das Interesse aber tatsächlich nicht mehr unterdrücken - "Irgendwann wollte es raus", sagt Buchwitz. Auf die Idee, mit Pastellkreiden zu arbeiten, brachte ihn dann ein befreundeter Münchner Künstler, der sich an der Nordsee niedergelassen hatte, Anselm Prester. Eine besondere Herausforderung, wie Schattenmann den Gästen erläuterte, denn der Einsatz dieses Materials bedarf doch einiger Fertigkeit. "Die Technik ist nicht leicht zu handhaben", sagt sie, "da muss viel vorausgeplant werden."

Helmut Buchwitz weiß dieses Material freilich versiert einzusetzen, wo andere nur staubige Flächen hinterlassen würden, erschafft er wunderbare Bildwelten. Seine Serie mit den Horizonten zum Beispiel, die er mal in zartem, dann wiederum in kräftigerem Blau gehalten hat. Orte der Sehnsucht, ganz ohne Zweifel, auch wenn man dem Zauber seiner Werke bei einem Ausstellungsbesuch schon etwas Zeit geben sollte zur Entfaltung. Und wer dann wie Schattenmann noch über Bezüge sinnieren möchte, der findet in Buchwitz vielleicht sogar ein wenig Salvador Dalí, dem der Horizont ein lieb gewonnener Hintergrund für seine surrealistischen Träumereien war.

Auch Buchwitz sind solche Traumlandschaften vertraut. Die Grenze zur Abstraktion überschreitet er immer wieder, das zeigt sich vor allem, wenn Fotografie und Malerei aufeinander treffen. Dazu überträgt Buchwitz eine Fotografie auf Leinwand und bearbeitet diese mit Pastellkreiden. "Ein aufwendiger Prozess, der unter Umständen auch eine Weile dauern kann", sagt der Künstler. Das Ergebnis manifestiert sich in Farben und auch Formen, denn es ist das Lineare und Geometrische, das Buchwitz fasziniert. Das sieht man auch an einem von jenen Lichtstrahlen inspirierten Bild, die vor einiger Zeit als Erinnerung an die Anschläge vom 11. September 2001 in den New Yorker Himmel leuchteten. Eine expressive Arbeit, auch wenn man sich in diesen düsteren Tagen doch lieber Farbenfrohem zuwendet. Zum Beispiel Buchwitz' ausdrucksstarker Komposition aus Rosa, Himmelblau und Pistaziengrün. Das Bild ist schon älter, hat aber erst vor Kurzem einen Namen erhalten. "Santa Fe", heißt es, wie die Stadt im sonnigen New Mexico. Manchmal dauert es eben etwas länger, bis man das Richtige gefunden hat.

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