Süddeutsche Zeitung

Ottobrunn:Aufs Sternhaus soll man wieder stolz sein können

Alte Bäder, Asbest in den Böden und viele Barrieren: Die Gemeinde saniert die kommunale Immobilie für 20 Millionen Euro

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Vom Dach des Ottobrunner Sternhauses aus lässt sich erahnen, wie sehr sich der Landkreis und auch die Gemeinde in den vergangenen Jahrzehnten verändert haben. Und das markanteste Ottobrunner Hochhaus steht ja selbst für diese Veränderung, die Nachverdichtung, die Schaffung von Wohnraum in die Höhe, die Urbanisierung einst verschlafener Gartenstädte. Doch am Sternhaus, erbaut Anfang der Sechzigerjahre, nagt der Zahn der Zeit, der Sanierungsbedarf des gemeindlichen Hauses mit seinen 54 Wohneinheiten ist enorm - und die Modernisierung dürfte die Kommune deutlich teurer zu stehen kommen als bisher angenommen.

Seit 2014 laufen die Planungen für eine Generalsanierung des sogenannten hohen Hauses, damals waren die Planer von Kosten in Höhe von etwa 14 Millionen Euro ausgegangen. In der Bauausschusssitzung des Gemeinderats stellten die Planer des Hohenbrunner Architekturbüros Gassner & Zarecky nun neue Zahlen vor: Demnach wird die Sanierung, die im kommenden Jahr beginnen soll, nahezu 20 Millionen Euro kosten. Viel Geld für eine Gemeinde, die nicht zu den Großverdienern in Sachen Steuern unter den Kommunen im Landkreis gehört.

Dass die Sanierung des Sternhauses notwendig ist, zieht im Gemeinderat angesichts des fortschreitenden Verfalls des Hauses niemand in Zweifel. Teilweise nutzen dort Bewohner noch immer Bäder aus der Anfangszeit, Böden sind mit Asbest verseucht, die Außenanlagen sind marode und nicht barrierefrei gestaltet. Vor dem Haupteingang ist derzeit ein Gerüst samt Dach aufgebaut, das die Bewohner vor herabstürzenden Mauerteilen schützen soll. Wie das Haus nach der Sanierung aussehen könnte, lässt sich im Inneren erahnen; für viel Geld hat die Gemeinde vor fünf Jahren das Treppenhaus aufwendig sanieren lassen, frische Farben prägen die zentrale Schlucht, über neun Stockwerke spannt sich ein modernes, ästhetisches Gitternetz.

Die neue Kostenschätzung für die Generalsanierung rief in der Ausschusssitzung allerdings Kritik hervor. Doris Popp, Gemeinderätin der Grünen, sprach davon, dass im Laufe der Zeit viele Dinge hinzu gekommen seien, die anfangs nicht diskutiert worden sind. "Inzwischen sind so viele Sanierungsmaßnahmen dazu gekommen, es war nie von Barrierefreiheit die Rede, es war nie die Rede davon, alle Wohnungen zu sanieren", sagt sie. "Da ist es schon legitim zu sagen, dass es am Anfang nur 14 Millionen waren." Aber auch Popp gestand ein, dass die Gemeinde jetzt nicht mehr von den Plänen zurücktreten könne. SPD-Gemeinderätin Sabine Athen sprach von "Planungsfehlern", die ärgerlich seien. Sie kritisierte, dass die Barrierefreiheit etwa der Außenanlagen schon früher in die Planungen hätte eingespeist werden können; auch die nun zusätzlich anfallenden Kosten für die Baugesellschaft München-Land als Generalunternehmer hätten früher eingeplant werden müssen. Athen und ihr Fraktionskollege Martin Bruno Radig stimmten letztlich gegen die Pläne; nicht weil sie deren Notwendigkeit nicht sähen, wie Athen sagte. "Sondern um ein Zeichen zu setzen, dass so etwas bei der nächsten Baumaßnahme nicht wieder passiert."

Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) widersprach der These von Fehlern bei der Planung und aus dem Ruder gelaufenen Kosten vehement. Es sei "hoch seriös" geplant worden, sagte der Rathauschef, das Wort Planungsfehler sei vollkommen "deplatziert". Keiner sei glücklich darüber, dass die Sanierung nun teurer werde, sagte er, aber diese Entwicklung spiegele einen grundsätzlichen Trend wider, so Loderer - Bauen werde immer kostspieliger. "Wir reden aber nicht über Prunk und Protz, sondern über eine ästhetisch schöne Maßnahme", argumentierte Loderer. Wichtiger aber sei, damit auch in Zukunft preisgünstigen Wohnraum in der Gemeinde zu erhalten. "Jetzt bietet sich die Chance, für dieses Haus einen neuen Lebenszyklus auf Jahrzehnte neu aufzulegen", so der Rathauschef. "Und ein Haus zu haben, auf das die Bewohner auch stolz sind."

Ursprünglich war geplant, das Haus in leerem Zustand, also ohne Bewohner, komplett zu sanieren. Dies sei derzeit aber kaum zu realisieren, da sich Bewohner teilweise weigerten, für diesen Zeitraum auszuziehen, und sich nicht für alle - wie etwa in der Josef-Seliger-Siedlung angedacht - Ausweichquartiere hätten finden lassen, sagte Loderer. Die Planer des Architekturbüros machten deutlich, dass der Umbau mit Mietern natürlich aufwendiger sei; die Bewohner dann aber auch mit den entsprechenden Umständen einer Baustelle leben müssten.

Letztlich stimmte der Ausschuss der Sanierung gegen die Stimmen der SPD zu. Loderer zeigte sich erleichtert; denn nun bestehe eine "Budgetklarheit", mit der die Gemeinde das Großprojekt Sternhaus anpacken könne.

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Quelle:
SZ vom 22.09.2021
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