Ortsgestaltung:Thujen sind doch erlaubt

Ortsgestaltung: Typisch bayerisches Dorf mit Thujenhecken: Die Bewohner in Großdingharting und den anderen Orten der Gemeinde Straßlach-Dingharting dürfen die Koniferen künftig unter bestimmten Voraussetzungen nachpflanzen.

Typisch bayerisches Dorf mit Thujenhecken: Die Bewohner in Großdingharting und den anderen Orten der Gemeinde Straßlach-Dingharting dürfen die Koniferen künftig unter bestimmten Voraussetzungen nachpflanzen.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Straßlach-Dingharting lockert die Vorgaben für die Gestaltung von Häusern und Gärten. Anders als bisher dürfen Koniferen-Hecken nun nachgepflanzt werden, wenn es sie vor 2012 schon gab

Von Iris Hilberth, Straßlach-Dingharting

Betrachtet man in ein paar Jahren die Gemeinde Straßlach-Dingharting aus der Vogelperspektive, dann soll sie noch immer unschwer als bayerisches Dorf erkennbar sein. Mit ihren flachgeneigten Satteldächern, den roten bis rotbraunen Ziegeln, den holzverschalten Flächen und weißen Fassaden - kurz: eine voralpenländische Bauweise. Beliebig austauschbar zu werden mit Orten aus anderen Gegenden in Deutschland, etwa Dortmund oder Buxtehude, wäre Bürgermeister Hans Sienerth (parteifrei) ein Graus. Daher hat die Gemeinde vor sechs Jahren eine Ortsgestaltungssatzung erlassen, die detailliert regelt, welcher Dachüberstand erlaubt und welche Bepflanzung unzulässig ist.

Mitunter muss der Gemeinderat an der Satzung nachbessern. Weil Bauherren Vorgaben anders auslegen wollen oder manche Vorschrift in der Praxis Tücken hat.

So musste sich der Gemeinderat in seiner Sitzung am Mittwochabend noch einmal mit der "Gestaltung der unbebauten Flächen und Grundstücke" befassen. Einig ist man sich, dass im Prinzip nur heimische Bäume und Sträucher gepflanzt werden dürfen. Was genau darunter zu verstehen ist, ist in der örtlichen Bauvorschrift umfangreich aufgelistet und reicht vom Bergahorn über Nussbäume und Flieder bis hin zu Holunder und Pfaffenhütchen sowie Hainbuchen und Hartriegel. Thujen und Blaufichten sind nicht dabei. Weil sie ganz einfach nicht einheimisch sind und noch dazu wie eine grüne Betonmauer wirken. "Da geht es auch um Vogelschutz, in Thujenhecken brütet keiner", sagt der Bürgermeister. Also gewährte man nur Bestandsschutz, neue Thujen durften seit 2012 bislang nicht gepflanzt werden.

Nun rückt die Gemeinde ein wenig von diesem strikten Verbot ab. Denn vor allem für ältere Mitbürger, die in ihren kleinen Häuschen an Hauptstraßen wohnten, sei diese Regel schwierig, stellte der Bürgermeister fest. Zum einen seien Thujen preiswerter als anderes Gehölz, auch dienten sie dem Lärmschutz. "Bis so eine Buchenhecke gewachsen ist, das dauert lange", so Sienerth. Also gibt es nun das Zugeständnis, dass dort, wo vor 2012 bereits Thujen standen, auch wieder welche angepflanzt werden dürfen. Vorausgesetzt allerdings, dass die Bebauung auf dem Grundstück sich nicht verändert.

Um eine genauere Beschreibung des gemeindlichen Gestaltungswillen geht es in dem zweiten Punkt der Satzungsänderung. "Die Putzflächen sind in Weißtönen zu streichen", hieß es bislang in den Vorgaben. Doch wann ist weiß noch weiß und wann vielleicht schon gelb? Um solchen Fragen vorzubeugen hat sich der Gemeinderat nun auf sieben Farbtöne verständigt, vom Papyrusweiß über Signalweiß bis Lichtgrau. "Wir wollen uns der Modernität nicht verschließen, aber den Charakter unsers Ortes erhalten", sagt Sienerth.

Früher sei es selbstverständlich gewesen, dass die Bewohner von Straßlach, Dingharting und den anderen Ortsteilen der Gemeinde zum Bau ihrer Häuser Holz aus der Region und den typischen weißen Kalk verwendet hätten, sagt Sienerth. Doch je mehr Zuzug es gab, desto mehr begann der Ort sich baulich zu verändern. Die Leute hätten Häuser errichten wollen, die so aussahen wie in den Gegenden, aus denen sie stammten, erinnert sich der Bürgermeister, andere hätten ihre Urlaubserinnerungen an Italien oder Griechenland in Straßlach-Dingharting in ihr neues Heim einfließen lassen wollen.

Zwar hat die Gemeinde schon sehr lange Regelungen, die für Bauherren zu beachten sind, "doch die waren bei weitem nicht so detailliert wie die heutige Ortsgestaltungssatzung und bezogen sich ausschließlich auf Dinge wie Kniestöcke und Dachgauben", so der Bürgermeister. Die Gemeinde hat sich dann in der Nachbarschaft nach geeigneten Regelwerken umgeschaut, um der Umgestaltung ihres Dorfes entgegen zu wirken. Vor allem an Oberhaching, wo seit Jahrzehnten den Bauherren genaue Vorschriften gemacht werden, um das voralpenländische Bild der Gemeinde zu erhalten, nahmen sich die Kommunalpolitiker aus Straßlach-Dingharting ein Beispiel.

Immer mal wieder hätten vor allem in der Zeit kurz nach Inkrafttreten der Gestaltungssatzung Bauherrn versucht, Ausnahmen durchzusetzen. Sienerth kann sich noch gut an das gelbe Haus mit den schwarzen Dachziegeln erinnern. Die Gemeinde bekam vor Gericht allerdings Recht, die Ziegel mussten ausgetauscht und die Fassade neu gestrichen werden. "In vier Fällen hat sich die Gemeinde durchgesetzt, zwei stehen derzeit noch aus", sagt der Bürgermeister. Inzwischen kämen die Bauherren aber mit den Dachziegeln ins Rathaus, um zu fragen: Wäre das okay?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: