Ortsentwicklung:Hohenbrunner vermissen großen Plan

Rathauschef Straßmair muss sich bei Bürgerversammlung viel Kritik anhören

Von Christina Hertel, Hohenbrunn

"Die Geister, die ich rief, werd' ich nun nicht mehr los", lässt Goethe in einem seiner berühmtesten Gedichte den Zauberlehrling sagen. Dieser verwandelte einen Besen in einen Wasserträger, der am Ende allerdings praktisch das ganze Haus flutet. Ähnlich dürfte sich der Hohenbrunner Rathauschef Stefan Straßmair (CSU) bei der Bürgerversammlung am Dienstagabend gefühlt haben. Zwar schickte Straßmair statt eines Besens einen Kommunikationsberater los und statt literweise Wasser bekam er viele kritische Bürger, doch ein Stück außer Kontrolle geriet die Situation auch hier. Bei der Versammlung wurde klar: Vielen reicht es nicht, ein bisschen mit zu diskutieren. Sie fordern einen großen Plan für Hohenbrunn und stellen dafür längst Beschlossenes in Frage - wie die Ansiedlung eines Supermarktes im Osten des Dorfes, eigentlich ein Projekt, auf das der Bürgermeister immer besonders stolz zu sein schien.

In Gemeinderatssitzungen sitzen in Hohenbrunn - wenn es hoch kam - vielleicht fünf Zuhörer. Bei Bürgerversammlungen gibt es meist ein, zwei Fragen zur Sperrmüllentsorgung oder zu Stellplätzen. Doch seitdem der Bürgerdialog im Sommer startete, haben die Menschen offensichtlich Lust bekommen, sich einzumischen. Die Frage ist, ob sich Stefan Straßmair das so vorgestellt hat. Seit etwa einem Jahr verhandelt der Gemeinderat mit einem Investor darüber, einen Supermarkt an der Putzbrunner Straße anzusiedeln - mit einer 1200 Quadratmeter großen Verkaufsfläche, mit Wohnbebauung und möglicherweise einem Ärztehaus. Außerdem plant der Gemeinderat, auf der Bundesstraße einen Kreisel zu errichten. Etwa 1,3 Millionen Euro würden dieser kosten.

Doch offensichtlich hatten einige Teilnehmer des Bürgerdialogs den Eindruck, dass sie nicht nur bei einer Umgehungsstraße und einer Bebauung westlich der S-Bahn, sondern auch bei den Plänen für dieses Areal mitsprechen können. Dass die Gemeinderäte sich bereits über Gebäudehöhen geeinigt hatten, war einigen Anwesenden neu. "Warum machen wir dann einen Dialog, wenn alles bereits feststeht?", fragte ein Bürger, der den Sommer über bei mehreren Veranstaltungen war. Schließlich habe er dort auch über Einkaufsmöglichkeiten diskutiert. "Ehrlich gesagt verstehe ich den Sinn des Dialogs dann nicht." Und auch sonst zeigten sich viele mit den Supermarktplänen unzufrieden: Eine Frau bemängelte den Standort - warum im Osten einen Supermarkt bauen, wenn im Westen vielleicht eine Siedlung entsteht? Und gleich mehrere Anwesende kritisierten die Ausmaße des Marktes - fast ebenso groß wie das Fußballfeld nebenan, ein "Monster am Ortseingang". "Wäre ein kleinerer Markt mit regionalen Produkten nicht schöner?", regte etwa Patrizia Haucke an und bekam dafür Applaus. Unter anderem Markus Dorweiler, der sich beim Bürgerdialog intensiv eingebracht hatte, stellte die Sinnhaftigkeit eines Kreisels in Frage. Ginge es um die Sicherheit der Kinder, sagte er, würde eine Ampel gebaut, die noch dazu günstiger sei.

Der Bürgermeister, so schien es, ließ all diese kritischen Stimmen - mal mehr, mal weniger genervt - auf sich einprasseln. "Ja, diese Ansicht kann man vertreten" oder "Das ist eine politische Entscheidung des Gemeinderats" waren Antworten, die er mehr als einmal auf die Einwände der Bürger gab. Schließlich sprang ihm der CSU-Fraktionsvorsitzende Anton Fritzmaier zur Seite. Dieser appellierte, Vertrauen in den Gemeinderat zu haben. Kleinere Verkaufsflächen seien für die Supermarktketten nicht rentabel. "Wir haben uns sehr wohl Gedanken gemacht. Und wir können nicht zu jedem kleinen Bebauungsplan einen Bürgerdialog abhalten." Am Ende fasste ein Zuhörer das Dilemma in Hohenbrunn so zusammen: Er habe das Gefühl, der Ort werde Stück für Stück entwickelt. "Aber es gibt keine Idee, wie er überhaupt aussehen soll."

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