Olympische Winterspiele 2018:Jugend trainiert gegen Olympia

Ludwig Hartmann und Katharina Schulze haben beim Grünen-Parteitag in Freiburg den Beschluss gegen die Münchner Bewerbung durchgesetzt.

H. Effern und D. Hutter

Dass es Ludwig Hartmann nicht an Selbstvertrauen mangelt, konnte man schon an seinen Wahlplakaten sehen. Als er sich 2008 in München-Bogenhausen um das Landtagsmandat bewarb, ließ er sich im royalen Mantel ablichten. Die Botschaft auf dem Plakat: Ein neuer Ludwig für Bayern. Geschadet hat ihm dieser Mut zum Auffallen nicht: Er schaffte den Sprung vom Stadtrat seiner Heimat Landsberg am Lech ins Maximilianeum. Für seine Fraktion arbeitet der 32-Jährige nun als energiepolitischer Sprecher - und nahm sich des Oberlands an, das in seiner Partei nach dem Rückzug von Ruth Paulig aus der Politik zu verwaisen drohte.

Olympische Winterspiele 2018: "Die Bewerbung ist ein Wahnsinn". Ludwig Hartmann ist gegen Olympia in München und im Oberland.

"Die Bewerbung ist ein Wahnsinn". Ludwig Hartmann ist gegen Olympia in München und im Oberland.

(Foto: lok)

So fiel ihm das Thema Olympiabewerbung praktisch auf die Füße - und er griff zu. Er stellte sich an die Spitze der Kritiker, später der Gegner der Bewerbung München 2018. Das Großereignis Olympia in Garmisch-Partenkirchen, "das ist ökologisch und ökonomisch Wahnsinn", sagte er in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung. Dass er damit grüne Platzhirsche wie die Bundesvorsitzende Claudia Roth, die sich bis vor wenigen Tagen als Kuratoriumsmitglied für München 2018 einsetzte, offen brüskierte, bremste ihn kein bisschen.

Dabei wird er hart angegangen, zum Beispiel von Michael Vesper, einst grüner Minister in Nordrhein-Westfalen und inzwischen Generaldirektor beim Deutschen Olympischen Sportbund. Dieser wirft Hartmann vor, mit den Winterspielen nur seine politische Karriere befeuern zu wollen. Das führte zu der absurden Debatte zwischen den beiden, ob Hartmann in seiner Freizeit gerne Skitouren geht (Hartmann über sich selbst) oder auf mit Kunstschnee präparierten Pisten fährt (Vesper über Hartmann).

Die Abstimmung auf dem Parteitag der Grünen in Freiburg kann Hartmann deshalb als parteipolitischen Sieg verbuchen, findet Thomas Mütze, Fraktionschef der Grünen im Landtag. Die Abgeordneten gaben Hartmann mit seiner Olympiaposition von Anfang an mit großer Mehrheit Rückendeckung. "Er macht da einen sehr guten Job, bringt unsere Position fundiert nach außen", sagt Mütze. Auch in der Fraktion nahm man wahr, das der Landtagsneuling Hartmann von Beginn an sehr selbstbewusst auftrat, doch zu forsch findet ihn Fraktionschef Mütze nicht. "Er bestätigt das mit seiner Arbeit, da steckt viel Substanz dahinter."

"Nolympia"

Rückendeckung bei seiner Arbeit als Sprecher des Bündnisses "Nolympia" hatte Hartmann auch vom bayerischen Landesverband. Der Vorsitzende Dieter Janecek legte sich ebenfalls früh gegen Olympia fest, die beiden verstehen sich gut. Sie gehören zu der nachrückenden Generation um die 30 Jahre, die in Bayern ohnehin wieder gerne mehr ökologische Basisarbeit in ihrer Partei sähe. Und die genau darauf achtet, dass im Landtag und auch im Münchner Stadtrat keine geschlossenen grünen Zirkel entstehen, die sich in ihrer Machtposition einrichten.

Auch Katharina Schulze, die in Freiburg vor den Delegierten gegen Olympia argumentierte, steht für einen Generationenwechsel. Die 25-jährige Studentin der Politik gilt als links, frech und gelegentlich auch radikal - eben genau das, was etabliertere Jahrgänge von der Grünen Jugend erwarten, deren Vorsitzende Schulze seit zwei Jahren ist. Die theaterbegeisterte Jungpolitikerin, die in einem Chor singt, kann es sich auf die Fahnen schreiben, besonders früh gegen Olympia getrommelt zu haben - schon damals zum Entsetzen der Parteivorderen. Böse ist man einer wie ihr deswegen nicht. Bei den Grünen erinnert man sich gerne an den eigenen Einstieg in die Politik, der auch nicht immer von Pragmatismus geprägt war.

Möglicherweise muss Schulze demnächst ihre Rolle als Sprachrohr der Jungen überdenken - dann nämlich, wenn sie zur Vorsitzenden des Kreisverbands München gewählt würde. Die erklärte Kämpferin für Frauenrechte hat sich als Nachfolgerin der nur wenig älteren Hanna Sammüller beworben, mit der sie gemeinsam in einer WG wohnt. Ob der große Auftritt in Freiburg für dieses Ziel eher hilfreich oder doch schädlich gewesen ist, weiß auch Schulze noch nicht. Klar ist aber: Sie ist ins Gespräch gekommen, hat an Format gewonnen. Sollte sie tatsächlich Stadtvorsitzende werden - derzeit tingelt sie zusammen mit ihrer 30-jährigen Gegenkandidatin Ilga Fink durch die grünen Ortsverbände - wird man sie mit anderen Augen betrachten. Und ihr vielleicht nicht mehr so vieles verzeihen.

Schulze, die auch Mitglied im bayerischen Grünen-Parteirat sowie im Bund Naturschutz ist, hat ihr Parteibuch erst seit Anfang 2008, 2009 wurde sie Vorsitzende der Grünen Jugend. Zu ihren wichtigsten Themenfeldern zählen - neben Olympia - die politische Partizipation, die Gleichstellung sowie die Umwelt.

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