Olympiapark:Eine Stadt im Ski-Fieber

Mehr als 25.000 Zuschauer jubeln den besten Männern und Frauen des alpinen Weltcups zu. Die Stimmung ist gut.

Christoph Leischwitz

Gar nicht so leicht, Einheimische zu finden. Dabei müssen ein paar Münchner da sein, auf den Stellplätzen im Olympiapark sind auch Autos mit einem "M" zu sehen. Aber viel öfter sieht man Kennzeichen von Augsburg, Bad Tölz, Köln oder aus den Niederlanden. Der internationale Skizirkus hat am Münchner Olympiaberg eine weitere Station dazu gewonnen, und er ist, fernab jeglicher hoher Berge, hier noch größer als anderswo.

FIS-Weltcup in München

Mehr als 20.000 Zuschauer jubeln den Skifahrern am Olympiaberg zu.

(Foto: dpa)

Mehr als 25.000 Zuschauer sahen gestern Nachmittag zu, wie die 16 besten Männer und Frauen des Ski-Weltcups nicht nur um Preisgelder, sondern eben auch um wichtige Punkte fuhren - und damit gut und gerne zehn Mal mehr als bei normalen Rennen. Kurioserweise kamen sehr viele Zuschauer aus dem Voralpenland, und zwar auch solche, die sich sonst vor dem Fernseher räkeln, wenn ein paar Kilometer weiter Maria Riesch oder Felix Neureuther an den Start gehen.

Doch sie nahmen die längere Anfahrt gerne in Kauf. "Das ist eine tolle Sache, und außerdem kommt man von hier viel besser nach Hause", sagt zum Beispiel Marion Wild aus Bad Tölz. Keine verstopften Straßen, dazu ein guter Blick auf Piste und Großleinwand. "Wir sind zu siebt hierher gekommen, das waren sieben tolle Weihnachtsgeschenke", sagt sie.

Neben ihr steht Helmut Kreuzer, er hat eine Thermoskanne in der einen und eine Tupper-Box mit Weihnachtsplätzchen in der anderen Hand. "Wir stehen hier seit einer Stunde. Die besten Plätze waren schon weg, aber wir sind zufrieden", sagt er, knapp 90 Minuten vor dem Start.

Die Kulisse ist tatsächlich imposant. Noch kurz vor Beginn gibt es lange Schlangen an den Kassenhäuschen. Der Weg hinunter in den ausgelassenen Olympiasee ist rutschig, aber festgetreten. Unterhalb des Schwimmbads ist eine Art Glühwein-Garten aufgebaut, er ist voll. Links neben der Skipiste steht die Bayern 3-Bühne, wo die erwartbaren Avant-Ski-Hits von Lady Gaga bis Status Quo geschmettert werden - davor ist es ebenfalls voll.

Rechts neben der Piste stehen knapp 100 Fans mit lila Fahnen und Mützen - der Maria Riesch-Fanclub. "Wir haben zwei Busse vollgemacht", sagt Stefan Kiss, der in Garmisch-Partenkirchen lebt, aber einen westfälischen Dialekt hat. Die Fanclubs von Susanne Riesch und Felix Neureuther stehen gleich daneben. Es scheint, als ob die Alpenländler hier ein klares Heimspiel haben.

Etwas abseits, neben den gestressten Mitarbeitern an den Bratwurstständen steht eine Gruppe junger Männer mit Glühwein in der Hand. "Mir san aus Berchtesgaden", sagen sie. Auch keine regelmäßigen Ski-Weltcup-Zuschauer, "wir haben die Karten geschenkt bekommen". Aber warum nicht mal nach München fahren?

Gut für die Bewerbungsmappe

Man bekommt angesichts der guten Stimmung das Gefühl, dass die Menschen einfach gerne die Silvesterfeier auf den 2. Januar verlängert haben. Ein gutes Datum, um viele Zuschauer anzulocken also. Doch konnte da überhaupt irgendetwas schief gehen? Man gebe den Deutschen ein großes Sportevent - und die Zuschauer kommen wie von selbst. Das klappt sogar bei solchen exotischen Veranstaltungen wie der Baseball-WM, 10.000 Zuschauer kamen 2009 nach Regensburg.

Deshalb dürfte den Veranstaltern schon im Vorfeld klar gewesen sein, dass sich ein Weltcup am Olympiaberg sehr gut in der Bewerbungsmappe für die Winterspiele 2018 macht, denn die deutsche Sport-Begeisterungsfähigkeit ist in Zeiten, in denen sich sogar Hunderttausende Menschen vor Großleinwänden treffen, nicht zu schlagen.

Aber wo sind nun eigentlich die Münchner? Einer steht gut 100 Meter vom Zielbereich entfernt. Peter Erber sagt das, was alle sagen: "Ist doch mal interessant, so eine Veranstaltung in der Stadt zu haben." Doch selbst ist auch er nicht auf die Idee gekommen, sich ein Ticket zu besorgen, das war nämlich ein steirischer Kollege aus der Arbeit.

So richtig laut wird es zum ersten Mal, als die Fahrerinnen und Fahrer vorgestellt werden. Deutsche, österreichische, aber auch viele amerikanische Flaggen werden geschwenkt, die dazu gehörige Intro-Musik ist wahrscheinlich noch in Ramersdorf zu hören. Und dann geht plötzlich alles ganz schnell: Im Minutentakt rasen die Fahrer den Hang herunter, Viktoria Rebensburg, Susanne und Maria Riesch scheiden schon im ersten Durchgang aus, aber nicht einmal das tut der guten Stimmung einen Abbruch. Zumal Felix Neureuther kurz darauf die nächste Runde erreicht - und der Jubel erinnert an jene Zeiten, als noch der FC Bayern oder der TSV 1860 nebenan im Stadion Tore schossen.

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