Oktoberfest 2022:Vor dem Sturm

Oktoberfest 2022: Mit schönen Grüßen von der Wiesn - das dürfte auch für weniger beliebte Mitbringsel wie das Coronavirus gelten.

Mit schönen Grüßen von der Wiesn - das dürfte auch für weniger beliebte Mitbringsel wie das Coronavirus gelten.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

In München wird die kommenden zwei Wochen gefeiert. Und draußen vor der Stadt? Dort bereiten sich Test- und Impfzentren, Gesundheitsamt, Schulen, Polizei und Firmen auf die von allen erwartete nächste Corona-Welle vor.

Von Irmengard Gnau und Anna-Maria Salmen, Landkreis München

Am Donnerstagvormittag herrscht noch gähnende Leere auf dem Vorplatz des Corona-Testzentrums in Haar. Es fühlt sich an wie die Ruhe vor dem Sturm. Lediglich zwischen 150 und 200 Menschen lassen sich aktuell pro Tag hier testen, berichtet Alexander Brandstaeter, der Leiter des vom Malteser Hilfsdienst betriebenen Zentrums. Doch in den kommenden Wochen dürfte sich das ändern: An diesem Samstag beginnt nach zweijähriger Pause wieder das Oktoberfest und mit ihm werden, da sind sich nicht nur Fachleute einig, die Infektionszahlen in und um München wieder in die Höhe schnellen. Im Landkreis München blickt man mit gemischten Gefühlen auf das Großereignis. Mancher Pendlerin graut es schon vor der Fahrt in S-Bahnen voller Wiesn-Besucher ohne Maske, andere freuen sich, dass endlich wieder Touristen aus aller Welt kommen.

Teststationsleiter Brandstaeter sieht sein Team gut gerüstet. Insgesamt verfügen die Malteser in ihren sechs Testzentren in den Landkreisen München, Fürstenfeldbruck und Erding über 600 Mitarbeiter, die je nach Bedarf flexibel auf die jeweiligen Einsatzorte verteilt werden können. "Auch in den letzten Jahren haben wir so immer gut auf Peaks reagieren können", sagt Brandstaeter. Ein Ausmaß wie zu Spitzenzeiten der Pandemie, als in Haar täglich bis zu 3000 Tests gemacht wurden, erwartet er nach dem Oktoberfest nicht, "aber mehr als jetzt wird wahrscheinlich schon los sein", sagt er. Patienten sollten in jedem Fall Wartezeiten vor ihrem Test einplanen und sich möglichst vorab online registrieren.

Oktoberfest 2022: Ist vorbereitet auf den Ansturm von Wiesn-Besuchern, die sich testen lassen wollen: Tamim Rahimi vom Impf- und Testzentrum des Malteser Hilfsdienstes in Haar.

Ist vorbereitet auf den Ansturm von Wiesn-Besuchern, die sich testen lassen wollen: Tamim Rahimi vom Impf- und Testzentrum des Malteser Hilfsdienstes in Haar.

(Foto: Claus Schunk)

Tamim Rahimi ist Schichtleiter des Haarer Testzentrums, er macht sich ebenfalls keine Sorgen, dass das eigene Personal krankheitsbedingt ausfallen könnte. Im nebenan gelegenen Impfzentrum habe man einen Personalpuffer; sollte es einmal eng werden, könne man jederzeit zusätzliche Mitarbeiter von dort ins Testzentrum schicken.

Auch beim Landrats- und Gesundheitsamt gibt man sich zu Wiesn-Beginn recht entspannt. "In den kommunalen Testzentren sind auf jeden Fall genug Kapazitäten für einen möglichen größeren Andrang vorhanden", sagt Franziska Herr von der Pressestelle. Neben den gut aufgestellten bestehenden Teststellen könne man notfalls auch alte Stationen erneut in Betrieb nehmen, die zwischenzeitlich geschlossen wurden. "Die Infrastruktur ist noch da", so Herr. Wichtig sei jedoch, sich über die aktuellen Regelungen zu informieren: In den kommunalen Testzentren können lediglich kostenlose Tests vorgenommen werden, das heißt etwa bei bereits nachgewiesener Infektion eines anderen Familienmitglieds. Wer sich zum Beispiel vor dem Wiesn-Besuch vorsorglich testen lassen möchte, muss zu einem privaten Anbieter gehen.

Während die Mehrzahl der Landkreisbewohner privat aufs Oktoberfest geht, sind einige dort beruflich im Einsatz. So werden Polizistinnen und Polizisten aus dem gesamten Präsidiumsbereich München zusammengezogen, um das größte Volksfest der Welt zu sichern. Auch von einigen Inspektionen im Landkreis haben sich Kollegen freiwillig gemeldet, etwa aus Oberschleißheim und Unterhaching. Von der Inspektion Ismaning ist heuer niemand dienstlich auf der Wiesn. Eventuell sei auch wegen der Pandemie die Begeisterung bei den Kollegen "etwas abgeebbt", sagt der dortige Dienstgruppenleiter Markus Bösl. Für die Polizei gibt es ein eigenes Einsatzhygienekonzept, um Infektionen zu vermeiden. "Aber Corona ist natürlich schon ein Faktor", sagt der Unterhachinger Inspektionsleiter Siegfried Graf. Was passiert etwa, wenn ein Großteil des Sicherheitspersonals in den Zelten nach einigen Tagen ausfallen sollte, gibt er zu bedenken. Fällt das dann auch auf die Polizei zurück? "Es wird spannend", sagt Graf.

Wo sich Menschen treffen, versucht man Infektionen möglichst fernzuhalten. Viele Schulen geben auch ohne Verpflichtung kostenfrei Schnelltests an ihre Lehrer und Schüler aus. S-Bahnpendler steigen für die kommenden zwei Wochen auf das Auto oder Fahrrad um. Auch in den Unternehmen will man Einschleppungen verhindern. Dass die Wiesn ein erhebliches Ansteckungspotenzial mit sich bringt, "lässt sich nicht von der Hand weisen", sagt Joachim Schranzhofer, Pressesprecher des Taufkirchner Rüstungskonzerns Hensoldt - schließlich habe sich kürzlich bereits nach kleineren Volksfesten ein deutlicher regionaler Anstieg der Fallzahlen gezeigt. Krankheitsfälle seien also am Standort in Taufkirchen durchaus zu erwarten.

"Das ist kein Vergleich zu den vergangenen zwei Jahren."

Das Unternehmen bereitet sich mit verschiedenen bekannten Maßnahmen vor, um Ansteckungen im Büro und dadurch große Personalausfälle zu verhindern. Bereits seit Beginn der Pandemie habe man einen großen Bestand an Selbsttests angelegt, die den Mitarbeitern auf Wunsch ausgehändigt würden, sagt Schranzhofer. "Jeder bekommt so viele, wie er möchte." Regelungen wie Abstand halten und Lüften seien ohnehin bekannt. "Wenn man sie nicht einhalten kann, empfehlen wir auch in Innenräumen die Maske - aber ohne Pflicht." Wer sich im Büro dennoch nicht wohl fühle, habe weiterhin die Möglichkeit, im Home Office zu arbeiten. Zudem will Hensoldt erneute Impfkampagnen an seinen Standorten organisieren. Die Frage nach einem gemeinsamen Oktoberfest-Besuch mit allen Mitarbeitern stelle sich ohnehin nicht, bei rund 400 Beschäftigten am Standort Taufkirchen wäre das "kaum realisierbar". Um ihnen dennoch ein wenig Wiesn-Atmosphäre zu bieten, fand am Freitag ein internes Herbstfest statt - auch das jedoch mit gewissen Sicherheitsvorkehrungen. "Wir haben alle, die kommen wollten, gebeten, davor einen Schnelltest zu machen", sagt der Firmensprecher.

Die Allianz-Versicherung hat ihre knapp 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Unterföhring per Intranet auf die erhöhten Infektionsrisiken bei einem Wiesn-Besuch hingewiesen. Man habe dabei "die Eigenverantwortlichkeit jedes einzelnen und das Einhalten von Schutzmaßnahmen betont", erklärt Unternehmenssprecher Mario Ghiai. Deswegen lässt der Versicherungskonzern aber nicht pauschal alle Wiesn-Besuche ausfallen. Jeder Abteilung bleibt es überlassen, individuell zu entscheiden, ob und wann sie einen Ausflug aufs Oktoberfest macht. Für die Büros gilt die ausdrückliche Empfehlung, die Betriebsstätten nur "mit 3G" zu betreten, bei persönlicher Nähe und in geschlossenen Räumen Masken zu tragen, regelmäßig zu lüften sowie, wann immer möglich, Abstand zu halten. Außerdem bekommen die Mitarbeiter in Unterföhring kostenfrei Masken und Schnelltests.

Oktoberfest 2022: Freut sich auf die Gäste: Petra Otto, die Geschäftsführerin des Hotels Bauer in Feldkirchen.

Freut sich auf die Gäste: Petra Otto, die Geschäftsführerin des Hotels Bauer in Feldkirchen.

(Foto: privat)

Für die Gastwirtschaften und Hotels im Landkreis war das Oktoberfest in der Vergangenheit stets ein gewichtiger Geschäftsbringer. Auf die Frage, wie sich die Wiesn heuer auf die Buchungssituation in ihrem Haus auswirkt, lacht Petra Otto, Geschäftsführerin des Hotel Bauer in Feldkirchen: "Ich habe mir das vor einigen Tagen angeschaut - das ist kein Vergleich zu den vergangenen beiden Jahren." Die Gäste kommen endlich wieder. Nicht nur aus diesem Grund ist Otto froh, dass das Oktoberfest wieder stattfindet. Auch die beschwingte Stimmung habe sie in den vergangenen Jahren vermisst. Das Risiko, das das weltgrößte Volksfest in Sachen Pandemie mit sich bringt, sieht die Geschäftsführerin durchaus. "Das wird sicherlich zu Buche schlagen."

Befürchtungen, dass Gäste das Virus ins Haus tragen oder dass es zu krankheitsbedingten Personalfällen kommen könnte, gebe es im Hotel Bauer zwar schon. "Aber ich denke, dass wir lernen müssen, mit dem Virus zu leben." Die angenehmen Aspekte der Wiesn überwiegen aus Ottos Sicht: "Es ist wichtig für die Gesellschaft, dass auch mal wieder so etwas Schönes stattfindet. Man sieht, wie es die Menschen danach dürstet." Krankheitswellen nach der Wiesn habe es zudem früher schon gegeben. Otto ist daher überzeugt davon, mit ihrem Team auch heuer gut durch die nächsten Wochen zu kommen.

Zur SZ-Startseite

Oktoberfest in München
:Die Wiesn von A bis Z

Nach zwei Jahren Pause eine kleine Erinnerung, was bis zum 3. Oktober auf der Theresienwiese alles zu erwarten ist.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: