Oktoberfest 2022:Die Wiesnherz-Probleme sind fast überstanden

Oktoberfest 2022: Bereits im Mai beschrifteten Ukrainerinnen bei der Firma Zuckersucht in Aschheim Lebkuchenherzen für das Oktoberfest.

Bereits im Mai beschrifteten Ukrainerinnen bei der Firma Zuckersucht in Aschheim Lebkuchenherzen für das Oktoberfest.

(Foto: Claus Schunk)

Zwei Jahre sind die Hersteller in Hohenbrunn und Aschheim auf ihrem Gebäck sitzen geblieben. Nun können sie wieder Volksfeste beliefern - aber das Geld der Kunden sitzt nicht mehr so locker wie früher.

Von Laura Richter, Landkreis München

Nach zwei Jahren Zwangspause läuft seit dem Wochenende wieder das größte Volksfest der Welt - zur großen Freude der Zulieferer aus dem Landkreis München, für die die Wiesn ein gutes Geschäft ist. "Die pandemiebedingten Ausfälle haben weh getan, die Umsätze haben gefehlt", erzählt Helga Seybold von Fesey. Das Hohenbrunner Familienunternehmen ist Großlieferant für Süßwaren und beliefert Süßigkeiten- und Crêpe-Stände auf Volksfesten und Weihnachtsmärkten. Die berühmten "Münchner Herzen", die rot-glänzenden und in Cellophan eingewickelten Schokoladen, wurden eigens von Seybolds Großmutter für das Oktoberfest 1934 entwickelt. Diese Tradition führt Fesey heuer mit Hunderttausenden Lebkuchenherzen fort. Doch das Geschäft litt unter Corona und den Folgen des Ukraine-Kriegs.

Die gestiegenen Preise für die Zutaten will man nicht direkt weitergeben

Durch die Produktion von Schoko-Osterhasen und -Nikoläusen konnte Fesey sich während der Pandemie über Wasser halten, aber gerade die kurzfristige Absage des Münchner Christkindlmarkts wenige Tage vor dessen Eröffnung belasteten den Zuckerverarbeiter immens. Die Lager seien voll gewesen, viele Süßigkeiten wurden an die Tafel verschenkt oder in großen Mengen zum Selbstkostenpreis verkauft. "Da gab es dann zehn Liter Glühwein oder 50er-Packungen Schaumküsse zu kaufen", sagt die Schwester des Firmeninhabers. Jetzt machen dem Unternehmen die Inflation und die katastrophalen Lieferbedingungen zu schaffen. "Überall gibt es Probleme", berichtet Seybold, stellenweise seien keine Rohstoffe mehr lieferbar gewesen - von Zucker bis zu den Zutaten für Lebkuchen. Die Lieferanten hätten die Preise seit Anfang des Jahres bereits vier Mal erhöht. Dies könne man nicht vollständig auf die Kunden abwälzen. Seybold hat Angst, dass diese es sich lieber zweimal überlegen würden, ob ein Lebkuchenherz angesichts der Inflation wirklich drin ist. Bei den Volksfesten im Umland hat das Unternehmen bemerkt, wie die Kauflust der Besucher mit der Zeit abgenommen hat.

Dennoch ist Helga Seybold froh, ihre Lebkuchenherzen, Schaumküsse, Gummibärchen und gebrannten Mandeln heuer auf den Standln der Wiesn hängen oder ausliegen zu sehen. "Wir müssen uns überraschen lassen und schauen positiv nach vorne." Feseys Lebkuchenherz-Konkurrent Zuckersucht in Aschheim bereitete der Ausfall der Wiesn in den vergangenen Jahren ebenfalls erhebliche Probleme. Nachdem deshalb Mitarbeiter abgebaut worden waren, stellte das Unternehmen jetzt in großem Stil geflüchtete Frauen aus der Ukraine ein, die unter anderem Wiesn-Herzen verzierten.

Die fehlende Planungssicherheit hat sich auch auf dem städtischen Gut Karlshof in Ismaning bemerkbar gemacht, das seit Jahrzehnten das Fleisch für die berühmte Ochsenbraterei auf der Wiesn liefert. Die Jungrinder müssten mehr als ein Jahr im Voraus gekauft werden, erzählt Alfons Bauschmid, zweiter Werkleiter der Stadtgüter München. "Die erneute Verschiebung hat bei uns für große Unsicherheit gesorgt. Es glaubte anfangs niemand daran, dass die Wiesn zwei Jahre hintereinander ausfällt." Erfreulicherweise habe die Ochsenbraterei der Haberl Gastronomie das Fleisch in der gleichen Menge gekauft und in ihren Wirtschaften vertrieben. Die Ochsensemmel gab es dann zum Beispiel to go am Chinesischen Turm, am Michaeligarten im Ostpark oder bei der Kugler Alm in Oberhaching. Heuer machten sich die Verteuerungen insbesondere bei den Düngerpreisen bemerkbar, die aber glücklicherweise durch die gestiegenen Rindfleischpreise kompensiert würden, so Bauschmid. Die rund 120 Ochsen wurden bereits im August geschlachtet, seitdem liegt das marmorierte Fleisch in der Reifung. Kurz vorm "Ozapft is" wird es dann zur Theresienwiese gebracht. Bauschmid freut sich auf das Fest: "Freilich samma froh, dass der Wiesn nichts mehr im Weg steht. Wir gehen gerne hin."

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