ÖPNV:Mit der S-Bahn nach Aschheim

Lesezeit: 3 Min.

Vom Bahnhof Riem aus soll ein neuer S-Bahn-Ast nach Osten führen – nach Aschheim und möglicherweise auch bis Kirchheim. (Foto: Florian Peljak)

Laut einer aktuellen Studie könnte es eine neue Linie im Nordosten des Landkreises München geben. Auch der zweigleisige Ausbau der Strecken Richtung Kreuzstraße und Wolfratshausen wird in dem Strategiepapier des bayerischen Verkehrsministeriums positiv bewertet.

Von Iris Hilberth, Wieland Bögel, Aschheim

Aschheim liegt nicht mal zehn Kilometer weit entfernt von der Münchner Stadtgrenze, doch wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, muss den Bus nehmen. Eine S-Bahn fährt hier nicht. Zwischen der S2 in Richtung Erding und dem Ast der S8 über Unterföhring und Ismaning zum Flughafen klafft eine S-Bahn-Lücke. Das könnte sich ändern. Ein aktuelles Strategiepapier des bayerischen Verkehrsministeriums zum Bahnausbau sieht einen weiteren S-Bahn-Ast im Norden der bestehenden Linie zwischen Ostbahnhof und Erding vor. Die Strecke könnte von Riem nach Aschheim führen und bis Kirchheim verlängert werden.

Die Idee ist nicht ganz neu. Sie wurde zuletzt vor etwas mehr als fünf Jahren in größerer Runde diskutiert. In einer Anfang 2019 in mehreren Gemeinden des Münchner Ostens vorgestellten Studie wurden Maßnahmen präsentiert, welche die verkehrsgeplagten Kommunen entlasten könnten. Eine davon war diese weitere S-Bahn-Linie, die zwischen der Messe Riem bis nach Pliening im Landkreis Ebersberg führen sollte.

Diese wurde nun von Fachleuten hinsichtlich des sogenannten Nutzen-Kosten-Verhältnisses geprüft und zumindest in Teilen positiv bewertet – allerdings ohne zwei damals in der Studie genannte Stationen. Die Messe soll demnach keine Haltestelle mehr sein, auch Pliening nicht, aber der Riemer Bahnhof und Aschheim. Diese Mini-Erweiterung würde der vorliegenden Bewertung zufolge rund 75 Millionen Euro kosten – allerdings ermittelt aus Daten von 2016 und ohne Planungskosten – und könnte täglich etwa 3200 Passagiere aus oder nach Aschheim befördern.

Für diese Maßnahme errechnet sich laut aktueller Studie ein Nutzen-Kosten-Verhältnis mit dem Faktor von 1,4 – alles größer als eins gilt als positiv. Entsprechend wird empfohlen, die Idee einer Bahnstrecke nach Aschheim weiterzuverfolgen, gegebenenfalls könnte diese sogar um eine Station verlängert werden, denn auch ein S-Bahnhof in Kirchheim wäre positiv zu bewerten. Wo genau die neue Station gebaut werden soll, wird nicht erwähnt. Auch einen Zeitplan enthält das Strategiepapier nicht.

26 Ausbau-Ideen hätten einen positiven Beitrag für die Mobilität

Insgesamt hat ein Gutachterteam 44 Maßnahmen auf ihre verkehrliche Wirkung und ihre bautechnische Machbarkeit untersucht. Bei 60 Prozent der Vorschläge sei das Ergebnis positiv, teilt das Ministerium mit. Bei 26 Ausbau-Ideen sind die Experten zu dem Ergebnis gekommen, dass sie einen positiven Beitrag für eine zukunftsweisende Mobilitätsentwicklung leisten können.

Für den Nordosten gibt es ein weiteres positives Votum zu einem Projekt aus dem Programm „Bahnausbau Region München“, dessen größter Teil die zweite Stammstrecke in München ist: die „Streckenertüchtigung zwischen Riem und Markt Schwaben“. Hier verkehrt die S2 mit Halten in Feldkirchen und Heimstetten. Konkret schlugen die Fachleute bereits in der Studie von 2019 einen viergleisigen Ausbau in dem Bereich vor – und einen solchen empfehlen auch die Macher des aktuellen Papiers. Auch soll hier die Streckengeschwindigkeit erhöht werden.

Überraschend ist an dieser Empfehlung, weil hier von einem Nutzen-Kosten-Verhältnis unter eins ausgegangen wird. Bei veranschlagten Ausgaben – wieder Stand 2016 und ohne Planung – von 667 Millionen Euro ergäbe sich ein Faktor von 0,92. Allerdings überwögen die übrigen Vorteile, nämlich eine Steigerung der Zahl der Personenfahrten um 5870 pro Tag, die Möglichkeit eines engeren S-Bahn-Taktes sowie die Entlastung des Güter- und Personenverkehrs auf der Fernbahnstrecke. Da diese Züge sich die Gleise nicht mehr mit der S-Bahn teilen müssten, könne die Strecke zwischen München-Hauptbahnhof und Mühldorf um etwa acht Minuten schneller oder 14 Prozent Reisezeit weniger zurückgelegt werden.

Positiv bewertet wurde auch der zweigleisige Ausbau der S-Bahn-Strecke zwischen Giesing und der Endhaltestelle Kreuzstraße (bisher S7, von 15. Dezember an S5). Auch auf dem West-Ast der Linie S7 wird der zweigleisige Ausbau zwischen Höllriegelskreuth und Wolfratshausen, gegebenenfalls auch abschnittsweise, empfohlen. Eine Bahnsteigverlängerung auf 210 Meter sehen die Experten ebenfalls als vorteilhaft an. Auf der Linie S 3 zwischen Deisenhofen und Holzkirchen soll die Geschwindigkeit von 140 auf 160 Kilometer pro Stunde erhöht werden.

Auch der Ausbau der Mangfalltalbahn wird empfohlen

Auch für Reisende in Richtung Rosenheim mit der Mangfalltalbahn wird eine Verbesserung empfohlen. So sprechen sich die Experten für die Einführung eines exakten Halbstundentakts zwischen Münchner Hauptbahnhof, Holzkirchen und Rosenheim aus, mit Bedienung aller Haltestellen. Der Idee einer Verknüpfung von S3 und S7 zwischen Holzkirchen und Kreuzstraße erteilen die Gutachter hingegen eine Absage. Bei geschätzten Kosten von 53,3 Millionen Euro und prognostizieren 430 Fahrgästen pro Tag, wäre das für den tatsächlichen Nutzen schlichtweg zu teuer.

Das gilt auch für die Idee eines Bahnaußenrings. Eine 83 Kilometer lange Strecke mit Zügen im Viertelstundentakt und 14 Zwischenhalten hätte nicht nur den Charme, dass man in knapp 60 Minuten parallel zur A 99 einmal die Landeshauptstadt umrunden könnte, sondern so tangentiale Verbindungen zwischen S- und U-Bahn-Ästen geschaffen würden, die es sonst nur per Bus gibt. Man müsste nicht mehr zwangsläufig durch die Münchner Innenstadt, um mit der S-Bahn ein Ziel außerhalb der Stadtgrenze zu erreichen. Kosten würde ein solcher Ring zwischen 2,1 und drei Milliarden Euro, hat man 2016 ausgerechnet. Die Planungskosten sind auch hier nicht dabei. 1130 Personen zusätzlich würden dann pro Tag in die S-Bahn steigen, so die Prognose. Zwar würden die Fahrgäste Reisezeit im ÖPNV sparen, Betriebskosten, Emission und Unfallkosten überwiegen jedoch.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ Plus„Euthanasie“-Verbrechen
:„In einigen Familien gibt es so ein unbestimmtes Halbwissen“

Um an die Opfer des nationalsozialistischen Mordprogramms in Psychiatrie-Einrichtungen zu erinnern, bittet der Bezirk Oberbayern Angehörige um Dokumente und Fotos. Die Archivare Nikolaus Braun und Verena Rapolder wollen diese Menschen damit aus der Anonymität holen. Und sie wissen, dass die Zeit drängt.

Von Laura Geigenberger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: