Öffentlicher Nahverkehr:Gewerkschaft droht mit monatelangem Streik

Das Wiesn-Wochenende war erst der Anfang: Die Lokführer wollen bis zum Ende des Oktoberfests streiken - "wenn es sein muss, auch länger". Stadt und Wiesnwirte sind empört.

A. Becker und M. Völklein

Der Fahrerstreik bei der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) wird sich voraussichtlich noch sehr lange hinziehen. Münchens Oberbürgermeister Christian Ude sagte am Sonntag, nach seinen Informationen werde die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) die komplette kommende Woche streiken und der Streik damit bis zum Ende des Oktoberfests andauern. Ude griff die Fahrer-Gewerkschaft deswegen am Sonntag in scharfer Form an. Der Sozialdemokrat sprach vom "Streik einer Minderheit". Er habe "vollstes Verständnis für die Fahrgäste, die dafür überhaupt kein Verständnis haben", sagte der OB.

Erneut Streik bei kommunalen Nahverkehrsunternehmen

Wiesnbesucher warten auf die U-Bahn. Die Streiks im Öffentlichen Nahverkehr sollen noch bis Ende der Woche weitergehen. Wenn nötig, auch länger, droht die Gewerkschaft der Lokführer.

(Foto: dapd)

Sowohl die Verhandlungsführer der GDL als auch Vertreter der Arbeitgeberseite zeigten am Wochenende keine Bereitschaft, auf den anderen zuzugehen. "Wir werden so lange streiken, bis die Arbeitgeber Zugeständnisse machen - wenn es sein muss, auch über längere Zeit", sagte GDL-Funktionär Thomas Gelling am Sonntag. Willi Russ, Vize-Chef der dbb Tarifunion, hatte zuletzt gedroht: "Wir halten das lange durch - wenn es sein muss über Monate." Russ führt im GDL-Auftrag den Tarifstreit.

Am Freitag hatte die GDL ihre Mitglieder in München, Augsburg, Nürnberg, Erlangen und Fürth zu einem unbefristeten Ausstand aufgerufen. Vor allem in München hatte der Streikaufruf zu einem Aufschrei der Empörung bei Stadtführung und Wiesn-Wirten geführt. Denn erstmals in der Geschichte des Oktoberfests fordert eine Nahverkehrsgewerkschaft ihre Mitglieder während der Wiesn zum Streik auf. Die Auswirkungen hielten sich dennoch in Grenzen: Vor allem bei den U-Bahn-Linien U4/5 sowie U3/6, die die Besucher zur Festwiese befördern, drängten sich die Menschen dicht an dicht in den Waggons.

"Das ist Sardinen-Feeling hier", schimpfte eine junge Mutter, die ihre vierjährige Tochter auf den Arm genommen hatte. "Ein Streik zur Unzeit", ergänzte ein älterer Herr am Goetheplatz: "Ausgerechnet an dem Wochenende, an dem die meisten Besucher zur Wiesn wollen." Am Samstagnachmittag waren zusätzlich noch die Fußballfans aus der Allianz-Arena in die Züge auf den Wiesn-Linien gedrängt. Polizei und MVG-Sicherheitspersonal mussten daher zeitweise die Zugänge zu U-Bahnhöfen, etwa am Marienplatz und am Hauptbahnhof, sperren.

Da die MVG die Züge vor allem für den Verkehr rund um die Wiesn einsetzt, kam es auf anderen Linien zu Ausfällen. So verkehrten auf der U1 die Züge am Samstag alle 20 Minuten. Auf der U4 übernahmen am Sonntagfrüh Taxis den Transport der Fahrgäste. Die Tramlinien 16 und 21 entfielen komplett, statt der 12er-Tram fuhren Ersatzbusse. Ude lobte am Sonntag den zusätzlichen Einsatz jener Fahrer, die nicht der GDL angehören. Wegen des Streiks seien andere Fahrer vorzeitig aus dem Urlaub zurück gekommen oder verzichteten derzeit darauf, Überstunden abzufeiern. MVG-Chef Helmut König kündigte zudem an, verstärkt Leiharbeiter anzuheuern. Die Streikenden machten sich damit jeden Tag ein bisschen überflüssiger, sagte er.

In den anderen bayerischen Städten lief der Nahverkehr trotz Streik störungsarm. In Nürnberg verlängerten die Verkehrsbetriebe den Takt bei der U-Bahn, in Augsburg kam es zu Verspätungen auf einzelnen Buslinien.

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