Öffentliche Verkehrsmittel:Ausbauprogramm gegen den Vertrauensverlust

Lesezeit: 2 min

Viel Platz haben die Kreisräte im Garchinger Bürgerhaus bei der letzten Sitzung vor der Sommerpause gehabt. (Foto: Robert Haas)

Der Kreistag verabschiedet einstimmig die Fortschreibung des Nahverkehrsplans und hofft auf eine schnelle Umsetzung

Von Stefan Galler, Garching

Der finale Beschluss war nur noch Formsache, dennoch stand die Fortschreibung des Nahverkehrsplans am Montagnachmittag im Zentrum der letzten Sitzung des Kreistags vor der Sommerpause. Im Garchinger Bürgerhaus verabschiedete das Gremium das mehr als 300 Seiten starke Konzept einstimmig. Kernpunkte der Aktualisierung des 2013 erstmals verabschiedeten Nahverkehrsplans sind Taktverdichtungen, die Optimierung von Linienführungen, Maßnahmen zur Busbeschleunigung und vor allem Expressbuslinien, die tangential S-Bahnhöfe miteinander verbinden sollen.

Grünen-Fraktionsvorsitzender Christoph Nadler bezeichnete die Fortschreibung als "längst überfällige Verbesserungen auf lokaler Ebene" und mahnte eine schnelle Umsetzung der geplanten Maßnahmen an: "Der Landkreis München erstickt schon jetzt am täglichen Individualverkehr, immer mehr Leute und neue Firmen ziehen hierher. Umso wichtiger ist es, Alternativen zum Individualverkehr anzubieten. Auch aus Klimaschutzgründen ist die Verkehrswende dringend notwendig - und zwar jetzt, die Lösung unserer Verkehrsprobleme kann nicht länger warten", sagte Nadler. Der Taufkirchner erinnerte daran, dass sich schon die Investitionen in den ersten Nahverkehrsplan seit 2013 für den Landkreis gelohnt hätten: Bis 2018 habe man einen Fahrgastzuwachs von fast 37 Prozent verbucht und damit auch wirtschaftlich profitiert. Trotz der Corona-Krise mit all ihren negativen finanziellen Auswirkungen dürfe man bei der Umsetzung des Nahverkehrsplans "nicht auf der Bremse stehen", sondern müsse nun Gas geben.

Auch SPD-Fraktionschef Florian Schardt nahm Bezug auf Corona und regte an, den Vertrauensverlust der Fahrgäste in den öffentlichen Nahverkehr im Zuge der Pandemie zu erforschen: "Die Straßen laufen bereits wieder voll, aber Züge und Busse sind weiterhin leer. Wir müssen uns ein Bild von dem durch Corona veränderten Nutzungsverhalten der Bevölkerung machen", sagte Schardt. Prompt wurde ein entsprechender Passus in den Beschlussvorschlag eingearbeitet. Nach dem Vorbild der Technischen Universität Dresden sollen die TU in Garching oder die Bundeswehruniversität in Neubiberg belastbare Daten liefern, inwiefern die Nutzer dauerhaft das Vertrauen in öffentliche Verkehrsmittel verloren haben und wie man dieser Entwicklung entgegenwirken kann.

Lob für die Fortschreibung des Plans kam von der CSU. Ihr Fraktionsvorsitzende Stefan Schelle bedankte sich bei der bayerischen Verkehrsministerin, seiner Parteikollegin Kerstin Schreyer, dass sie mit ihrem Ministerium das Projekt positiv begleite, und verwies auf Wasserstoff als den Antrieb der Zukunft. "Wir hoffen, dass trotz der finanziellen Einbußen durch Corona viel von dem Konzept umgesetzt werden kann", sagte Schelle.

Jolanta Wrobel (ÖDP) begrüßte den Beschluss ebenfalls, wies aber darauf hin, dass man elektrische Antriebe im öffentlichen Nahverkehr wegen der notwendigen Importe von Rohstoffen aus Drittweltländern aufgrund der dort verbreiteten Kinderarbeit und der Umweltzerstörung nicht mehr verfolgen sollte.

© SZ vom 21.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: