Oberschleißheim:Die Feuerwehr kommt meistens zu spät

Oberschleißheim: Das Feuerwehrhaus in Oberschleißheim ist für die meisten Einsätze ungünstig gelegen.

Das Feuerwehrhaus in Oberschleißheim ist für die meisten Einsätze ungünstig gelegen.

(Foto: Catherina Hess)

Wegen der Bahnschranken kann die Zehn-Minuten-Hilfsfrist in mehr als der Hälfte der Fälle nicht eingehalten werden. Als Sofortmaßnahme sollen Einsatzkräfte im Gerätehaus mobile Arbeitsplätze erhalten.

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Die Einsatzfähigkeit der Feuerwehren in Oberschleißheim ist bedenklich - und mit einem geplanten neuen Wohnquartier in Mittenheim würde sie sogar katastrophal. Diese alarmierende Bilanz hat die um zwei Jahre verspätete Fortschreibung des Feuerwehrbedarfsplans für die Gemeinde ergeben. Zentrales Problem sind die Bahnschranken, die die Fahrten der Feuerwehrleute zum Gerätehaus und zu Einsätzen behindern. Das Feuerwehrhaus liegt am östlichen Ortsrand, die meisten Aktiven aber wohnen westlich der Bahnschranke. Dort werden auch die meisten Einsätze verzeichnet, das Neubaugebiet Mittenheim läge im Südwesten maximal entfernt vom Feuerwehrhaus.

"Die Feuerwehren der Gemeinde Oberschleißheim sind demnach nicht ausreichend leistungsfähig", heißt es in der 66 Seiten starken Analyse. "Dringender Handlungsbedarf" wird vor allem "im Hinblick auf die Personalverfügbarkeit in entsprechender Zeit" gesehen. An der technischen Ausstattung hingegen fehle nichts, hier wird ein "sehr guter Stand" attestiert. Die Einhaltung der Hilfsfrist von zehn Minuten aber wird von den Feuerwehren Oberschleißheim und Badersfeld laut der Auswertung nur in 48 Prozent der Alarmierungen erreicht; als tolerabel gelten Werte um die 80 Prozent.

Oberschleißheim: Wenn die Bahnschranken geschlossen sind, kommen die Feuerwehrleute nicht rechtzeitig ins Gerätehaus und zu den Einsätzen.

Wenn die Bahnschranken geschlossen sind, kommen die Feuerwehrleute nicht rechtzeitig ins Gerätehaus und zu den Einsätzen.

(Foto: Catherina Hess)

Der Bedarfsplan empfiehlt als zentrale Maßnahme ein neues Feuerwehrhaus oder zumindest eine Dependance westlich der Bahnlinie. Die im Raum stehende Sanierung des Feuerwehrhauses an der Freisinger Straße würde nichts bringen, da damit nur der unhaltbare Zustand zementiert werde. "Ein neues Feuerwehrhaus würde sportlich für uns", sagte Bürgermeister Markus Böck (CSU) am Dienstagabend im Gemeinderat angesichts der Finanznot der Kommune; aktuelle Neubauprojekte von Feuerwehrhäusern im Landkreis sind auf jeweils mehr als 20 Millionen Euro taxiert, und das vor der Baupreis-Explosion durch den Krieg in der Ukraine.

"Das wirkt für mich bedrohlich", sagt Ingrid Lindbüchl von den Grünen

Gleichwohl forderte das Gremium unverzügliche Reaktionen auf den Bedarfsplan ein. "Das wirkt für mich bedrohlich", sagte Ingrid Lindbüchl (Grüne) und regte einen Workshop zur weiteren Handlungsstrategie an, eine Vorgehensweise, die der Gemeinderat bei der Planung der Kinderbetreuungseinrichtungen schon zweimal gewählt hatte. Auch Freie-Wähler-Sprecher Stefan Vohburger forderte, "dringendst Maßnahmen zu erarbeiten".

Als flankierende Maßnahmen regt der Bedarfsplan etwa an, am bestehenden Feuerwehrhaus Möglichkeiten für mobiles Arbeiten von Feuerwehrkräften zu ermöglichen. Dieses "Home-Office" beim Gerätehaus würde zumindest die Zeit von der Alarmierung bis zum Ausrücken drastisch reduzieren. Auch die Aufstockung auf eine zweite hauptamtliche Kraft wird empfohlen. Insbesondere das Fahrzeug mit der Drehleiter müsse einen neuen, zentraler im Ort gelegenen Standort erhalten.

Langfristig müssten Zweckverbände oder Zusammenschlüsse angedacht werden, um die Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen zu optimieren. Das Neubaugebiet Mittenheim etwa wäre von der Feuerwehr Unterschleißheim ungleich effektiver zu erreichen als von den Oberschleißheimer Kollegen. Thomas Laser (FW) wies auf das zusätzliche gravierende Problem hin, dass die Feuerwehr immer wieder Kräfte verliere, weil es am Ort faktisch keinen freien Wohnraum gebe. Bei ihrem eigenen Wohnungsbauprojekt am Frauenfeld oder bei Belegungsrechten in Neubaugebieten müsse die Gemeinde die Feuerwehr stark gewichten, forderte er.

Mit rund 400 Einsätzen im Schnitt jährlich müssen die Feuerwehren Oberschleißheim und Badersfeld anhand der Bevölkerungszahl ein weit überdurchschnittliches Einsatzaufkommen bewältigen. Hauptgrund sind die zahlreichen Einsätze auf den Autobahnen um den Ort. Außerdem betreibt die Feuerwehr als eine der Pioniere dieses Angebots ein "First-Responder-System" zur medizinischen Erstversorgung. Mit dem fortschreitenden Ausbau der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität auf dem Veterinäranger werden sich die Einsatzzahlen weiter erhöhen, mahnt der Bedarfsplan. Immerhin werde durch die Ansiedlung das Gefahrenpotenzial nicht signifikant steigen.

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