Süddeutsche Zeitung

Europameisterschaften:Testfahrt neben den Champions

Auf der Ruderregatta in Oberschleißheim gehen diese Woche die Kanu-Profis an den Start. Nebenan können Neugierige beim Outdoor-Testival den Trendsport selbst ausprobieren.

Von Irmengard Gnau, Oberschleißheim

Am frühen Morgen glänzt die Wasseroberfläche noch silberglatt auf der Regattastrecke in Oberschleißheim. Doch schon bald werden die ersten Paddel das Wasser durchstechen: Die besten europäischen Kanuten sind angereist, um bei der Europameisterschaft 2022 ihre Meister zu suchen und zu finden. Ein großes Ereignis, auch für die Vereinssportler, die an der Regatta beheimatet sind.

"Ich fiebere den European Championships wirklich entgegen", sagt Anton Mayer, zweiter Vorsitzender des Schleißheimer Paddelclubs. Im Rahmen des sportlichen Großereignisses in München, 50 Jahre nach den olympischen Wettbewerben 1972, wird auch die traditionsreiche Regattaanlage wieder zur internationalen Wettkampfstrecke. In der vergangenen Woche waren bereits die Ruderer am Start, von Donnerstag, 18. August, bis Sonntag, 21. August, stehen nun die Kanuten bereit. 675 Sportlerinnen und Sportler kämpfen um 41 Medaillen in den Disziplinen Kajak, Canadier und Parakanu.

Die deutschen Sportler fahren in diesen Wasserdisziplinen traditionell in der Weltspitze mit. Mayer hofft, dass das deutsche Team seine starken Leistungen von der Weltmeisterschaft jüngst im kanadischen Halifax wiederholen kann. Die einzelnen Starttermine hat er sich bereits im Handy gespeichert, um kein Rennen zu verpassen. "Wenn man den Sport selbst betrieben hat, weiß man, wie sehr man beißen muss auf so einer Strecke", sagt Mayer. "Das ist wie wenn man mit voller Geschwindigkeit rennt, bis einem schwarz vor Augen wird - und dann sind noch 100 Meter zu fahren, in denen man noch einmal einen Gang zulegen sollte."

Der 38-Jährige trainiert seit 30 Jahren in Oberschleißheim, als Jugendlicher schaffte er es im Rennboot bis zur Junioren-WM. Inzwischen hat Mayer vor allem das Kanu-Polo für sich entdeckt. "Das ist eine Mischung aus Handball, Rugby und Kanufahren - sehr intensiv, macht sehr viel Spaß", sagt er. Der Schleißheimer Paddelclub bietet unter anderem einen Grundkurs an der ZHS, also über die zentrale Vergabestelle des Hochschulsports für Studierende in München, an. Aber auch im Verein sind neue Mitglieder willkommen.

"Wir wollen zeigen, was für ein cooles Areal das hier ist."

Dass Kanufahren in seinen verschiedenen Formen - mit Doppelpaddel im Kajak oder mit Stechpaddel im Canadier - seit einiger Zeit so großen Zulauf erlebt, freut die Vereine. Um Neugierige an ihren Sport heranzuführen, veranstalten die Schleißheimer gemeinsam mit zwölf weiteren Kanuvereinen, dem Bayerischen Kanuverband sowie der bayerischen Ruderjugend zum sechsten Mal das kostenlose "Kanu- und Outdoor-Testival". Von Freitag, 19. bis Sonntag, 21. August können Interessierte sich in den verschiedenen Sportarten probieren und einmal mit dem Boot in See stechen, wahlweise nach Einführung allein oder in Begleitung eines erfahrenen Kanuten respektive einer Kanutin. Weil in diesem Jahr parallel die Profis auf der Regattastrecke ihre Bahnen ziehen, findet das Testival heuer am Regattasee gleich nebenan statt. "Die Leute können einfach mal in ein Boot einsteigen und ausprobieren", sagt Mayer. Zur Auswahl steht Schnupperpaddeln, wie auch Rudern oder SUP-Fahren. Außerdem gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm.

Das "Testival" soll Werbung sein für den Wassersport, aber ebenso für die Regattaanlage selbst. "Wir wollen zeigen, was für ein cooles Areal das hier ist", sagt Mayer. "Die Regattastrecke ist eines der besten Gewässer, das man haben kann, auch aus dem Ausland kommen Athleten zum Training hierher." Trotzdem ist die Frage immer noch ungeklärt, wie es nach der Europameisterschaft mit der historischen Anlage weitergeht. Nach 50 Jahren sind weite Teile der Anlage marode. Um sie für die Wettkämpfe heuer fit zu machen, hat die Stadt München neun Millionen Euro investiert, jedoch nur für gezielte Ausbesserungen. Eine weitreichende Sanierung würde mehr als 100 Millionen Euro kosten. 2019 stand diese Sanierung schon in Aussicht, doch angesichts der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Kosten kassierte die Stadt den Beschluss wieder.

Vereinsnutzer wie Mayer wünschen sich ein echte Bekenntnis zur Regattastrecke, damit zumindest eine sukzessive Sanierung möglich ist. Auch darum hofft der Kanute, neue Mitglieder begeistern zu können. "Je mehr Leute - Profis wie Amateure - an der Anlage in Schleißheim sind, desto besser", sagt Mayer.

Das sechste "Kanu- und Outdoor-Testival" findet am Freitag, 19. August, und Samstag, 20. August von 11 bis 18 Uhr und am Sonntag, 21. August, von 11 bis 17 Uhr am Regattasee in Oberschleißheim statt. Der Eintritt ist kostenlos.

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