Oberschleißheim:Das Kinderhaus hat Vorrang

Die Gemeinde streckt den barrierefreien Ausbau der Bushaltestelle, um Betreuungsplätze zu schaffen

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Eine neue Kindertagesstätte bräuchte Oberschleißheim schon im Herbst dringend: Fast 50 Prozent der gewünschten Betreuungsplätze in Kindergärten und Krippen können nicht angeboten werden. Offenbar hat die Gemeinde über Jahre den wachsenden Bedarf ignoriert. Jetzt sollte es schnell gehen - aber es ist kein Geld mehr da. Nachträglich wurden nun in den Haushaltsplan für 2021 wenigstens noch Planungsmittel für ein mögliches Kinderhaus aufgenommen.

Bei den abgebrochenen Etatberatungen im Februar war das Ausgabevolumen ausgereizt, aber zwei akute Projekte wären noch angestanden: der Bau einer Kindertagesstätte und die Sanierung des Kirchenvorplatzes St. Wilhelm. Der Gemeindeanteil in Höhe von 250 000 Euro wurde gleich in den bereinigten Etatentwurf eingearbeitet, die Mittel für ein Kinderhaus sollten wohl im Finanzausschuss irgendwie freigeschlagen werden.

Den Dreh zur Ermöglichung ohne neue Schulden fand dann die SPD. Ihr Sprecher Florian Spirkl rügte, dass 600 000 Euro für die barrierefreie Umrüstung aller Bushaltestellen im Ort vorgesehen seien. Das Projekt sei unverzichtbar, aber es müsse nicht zwangsweise in einem Jahr durchgezogen werden. Er schlug vor, die Mittel auf 100 000 Euro zu reduzieren, dazu steht noch ein Übertrag aus 2020 in Höhe von 200 000 Euro für die Umrüstung zur Verfügung. Die frei werdenden 500 000 Euro könnten dann in die Planung einer Kindertagesstätte investiert werden. Dem folgte der Ausschuss einstimmig. SPD, Grüne und FDP kritisierten gleichzeitig, dass trotz finanzieller Nöte die Umgestaltung des Kirchenplatzes umgesetzt werde. Der heftig umstrittene Beschluss, dazu 250 000 Euro beizusteuern, sei "unter völlig anderen Prämissen" gefasst worden, sagte Helga Keller-Zenth (Grüne) und forderte eine Neubewertung nach dem Verlust von fünf Millionen Euro durch die Insolvenz der Greensill Bank. Mit dem Geld im Wesentlichen den Parkplatz zwischen Kirche und Bürgerplatz zu optimieren, "können wir uns im Moment wirklich nicht leisten", sagte Irene Beck (FDP).

Grünen-Sprecher Fritz-Gerrit Kropp verwies darauf, dass die Viertelmillion dann an anderen Stellen fehlen werde: "Wir sind verpflichtet, Kinderbetreuungsplätze zu erstellen, aber wir sind nicht verpflichtet, einen Parkplatz zu sanieren." Peter Benthues (CSU) verwies auf den Gemeinderatsbeschluss dazu. Wenn nun wegen der geänderten Finanzsituation ein Vorbehalt eingeführt werden solle, "dann müssten wir alle Ansätze im Haushalt neu überprüfen". Stefan Vohburger (FW) argumentierte, dass nach der Überarbeitung des Etats die Haushaltssituation konkret für 2021, ohne Berücksichtigung der langfristigen Folgen des Anlage-Verlustes, sogar besser sei als zur Zeit des Beschlusses pro Kirchplatzsanierung. Mit sieben zu sechs Stimmen entschieden CSU und FW gegen SPD, Grüne und FDP, die Summe auszugeben.

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