Gut kennt sich der Richter in Oberschleißheim nicht aus. Das gibt er gleich zu. Aber ein bisschen wundert sich Korbinian Heinzeller doch. "Dass es in Oberschleißheim keinen richtigen Getränkemarkt gibt, das kann doch wohl nicht wahr sein", sagt er. Im weiteren Verlauf der Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht in München zeigt er dann einen Weg auf, wie sich das bald ändern könnte. Sein Verhandlungsgeschick als Richter ist gefordert, weil der Discounter Aldi vor Gericht gegen die vor gut vier Jahren erfolgte Ablehnung des Bauantrags für eine Erweiterung seines Markts an der Sonnenstraße vorgegangen ist. Gemeinsam mit dem Bau eines Getränkemarkt sollte der Ausbau erfolgen. Das war die Crux.
Der seit einigen Jahren in den Mühlen der Justiz hängende Fall zieht einen Teil seiner Brisanz daraus, dass im Oberschleißheimer Gewerbegebiet an der Sonnenstraße Aldi direkt mit dem gegenüberliegenden Lidl-Markt konkurriert. Der eine Discounter könnte an Verkaufsfläche irgendwann einfordern, was dem anderen zugestanden wird. In dem konkreten Fall ging es um 230 Quadratmeter mehr für Aldi und einen aus Sicht des Discounters fatalerweise dazu addierten 400 Quadratmeter großen Getränkemarkt. Dabei sei es nur eine "Nettigkeit" von Aldi gewesen, sagte Anwalt Markus Johlen, beides in einem Bauantrag abgehandelt zu haben. Und Oberschleißheims Bauamtsleiterin Christiane Kmoch beteuerte, dass man sich einen Getränkemarkt am Ort eigentlich wünsche.
Das vor Augen sagte Richter Korbinian Heinzeller, er hätte nicht alle Beteiligten zu dem Verhandlungstermin an der Bayerstraße in München zusammengerufen, wenn er keine Lösung parat hätte. Er riet zu dem aus seiner Sicht gut zu begründenden Kniff, den Getränkemarkt von der Erweiterung des Discounters zu separieren. Beide Märkte seien baulich keine Einheit. Und der Getränkemarkt stelle für Aldi auch "keine Sortimentsergänzung" dar. Unabhängig davon forderte er den Real-Estate-Manager von Aldi, Georg Gehring, und dessen Anwalt auf, die eigenen Ausbaupläne abzuspecken.
Jetzt muss noch der Gemeinderat ein Auge zudrücken
Dabei schien es für einen Moment, dass ein Quadratmeter Verkaufsfläche weniger schon reichen würde. Der Richter fand es merkwürdig, dass Aldi mit seinen Wünschen gerade um einen Quadratmeter über die sogenannte Regelvermutungsgrenze von 1200 Quadratmeter kam. Davon abzurücken, wäre doch "kein weiter Weg", sagte er. Oder doch? "Vielleicht ist das Absicht", sagte er. Aldi-Anwalt Johlen winkte ab und konzedierte auf Drängen der stellvertretenden Leiterin des Baureferats im Landratsamt, Gabriele Eckerle, gar einen Abschlag von weiteren 29 Quadratmetern.
Eckerle setzte noch ein Gutachten durch, um größere Kaufkraftabflüsse aus dem Oberschleißheimer Zentrum auszuschließen. Aldi sagte zu, getrennte Bauvoranfragen einzureichen und den Getränkemarkt umzusetzen. Wenn der Gemeinderat will, dass die Oberschleißheimer im Gewerbegebiet bald auch ihr Tragerl Bier einladen können, muss er das alles billigen und noch bei den Baugrenzen ein Auge zudrücken.