Süddeutsche Zeitung

Oberschleißheim:Aufruhr im Berglwald

Die Gemeinde sieht keine Handhabe mehr gegen Wohnblock

Nach mehreren Versuchen, eine Baugenehmigung zu erhalten, scheinen die Pläne für die umstrittene Wohnanlage an der Oberschleißheimer Lindenstraße nun für das Rathaus akzeptabel zu sein. Der Wohnblock, in dem eine staatliche Gesellschaft sechs Wohnungen ansiedeln möchte, wird dem Bauausschuss des Gemeinderats vom Bauamt für die Sitzung am Montag zur Genehmigung empfohlen. Nachbarn hatten gegen den Block protestiert, weil er das Gefüge der Berglwaldsiedlung zerstöre.

Eine "rücksichtslose Baumaßnahme zu Lasten der Natur und der Anwohner" kritisiert ein Anlieger und spottet, das Gebiet müsse bald "in Berglwaldrodungs-Siedlung umbenannt werden". Für den Neubau müssen nach Darstellung des Gemeindebauamts zehn Bäume gefällt werden. Für das Rathaus sind allerdings nur zwei davon, eine Kiefer und ein Apfelbaum, erhaltenswert. Für die Fällung werden großzügige Nachpflanzungen gefordert, die weiteren Bäume seien "von untergeordneter Bedeutung". Das zunächst mit einer Grundfläche von 312 Quadratmetern gestartete Bauprojekt wurde nach mehreren Umplanungen nun auf 177 Quadratmeter reduziert. Man sei "wirklich in engem Kontakt" mit dem staatlichen Bauherrn, sagte Bürgermeister Markus Böck (CSU) auf Anfrage. Nach einer ersten Ablehnung durch den Ausschuss habe es mehrere Kontakte gegeben, was dann auch dazu führte, dass zwei weitere Anläufe jeweils kurzfristig wieder zurückgenommen wurden.

Mit der neuen Planung sieht das Bauamt nun keine Handhabe für eine Ablehnung mehr. In der Siedlung gebe es deutlich voluminösere Gebäude, auf die Bezug genommen werden könne. Unter anderem zieht das Bauamt das Einfamilienhaus eines protestierenden Anliegers zum Vergleich heran, das nahezu identische Ausmaße habe. Die Anlieger monieren auch, dass durch den Wohnblock inmitten der Einfamilienhäuser "das harmonische Erscheinungsbild der Bergwaldsiedlung unwiederbringlich zerstört wird". Der Block habe "den Charakter eines Wohnheims".

Ein Anlieger hatte wegen seiner Baugenehmigung 2006 einen Prozess vor dem Verwaltungsgericht gegen die Gemeinde geführt. Im seinerzeit geschlossenen Vergleich sei dem Rathaus vorgegeben worden, den Baulinienplan von 1955 für die Siedlung durch einen aktuellen Bebauungsplan zu ersetzen. Böck sagte auf Anfrage, er habe "nichts gefunden, das der Gemeinde auferlegt worden wäre". Die Grünen haben ihrerseits zuletzt einen Bebauungsplan gefordert, sind aber von allen anderen überstimmt worden.

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SZ vom 17.05.2021 / kbh
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