Wenn Gabriele Kämpf an diesem Freitagvormittag im Maximiliansaal der Regierung von Oberbayern das Wort ergreift, soll es auch um das große Ganze gehen. "Um unser Klima, ganz grundsätzliche Lebensfragen, um unsere Zukunft", sagt die Sprecherin der Bürgerinitiative "Oberschleißheim soll nicht weiter zerstört werden".
Grundsätzlich wird es beim fünften und vorerst letzten Erörterungstermin des Planfeststellungsverfahrens darum gehen, ob die A 92 vom Kreuz Feldmoching bis zum Kreuz Neufahrn auf sechs Spuren erweitert wird und im Zuge dieser Maßnahme die Anschlussstelle Oberschleißheim neu gebaut und deutlich vergrößert werden soll.
Letzteres stellt für Kämpf eine "archaische Planung" dar, die heute so gar nicht mehr ausgearbeitet werden dürfte. Für die Autobahndirektion Südbayern ist das sogenannte Vollkleeblatt ein wichtiger Baustein, mit dem der Verkehrsfluss verbessert werden und der Ort Oberschleißheim vom Ausweichverkehr entlastet und der Durchgangsverkehr nach Dachau beschleunigt werden kann. So sieht es auch Oberschleißheims Bürgermeister Christian Kuchlbauer (Freie Wähler): "Wenn es darum geht, den Verkehr irgendwie aus dem Ort rauszubringen, ist das Kleeblatt die Variante. Denn dann läuft der Verkehr ampelfrei von Oberschleißheim Richtung Dachau."
Die Gemeinde selbst hat bereits am Montag ihre Einwendungen bei der Regierung von Oberbayern vorgetragen. Rathauschef Kuchlbauer sagt, dass es dabei seitens der Autobahndirektion Südbayern, die den Ausbau der A 92 und der Anschlussstelle verantwortet, Zugeständnisse gegeben habe: So wird - anders als auf der A 99 - grundsätzlich keine Freigabe des Standstreifens erfolgen. Auf dem Lärmschutzwall soll eine zusätzliche Lärmschutzwand errichtet werden, die Verbindung für Radfahrer wird verbreitert, um problemlosen Begegnungsverkehr zu ermöglichen. An der Struktur sowie der Dimension des Autobahnkreuzes indes hatte die Gemeinde bei der nicht-öffentlichen Erörterung nichts auszusetzen.
Baubeginn frühestens im Jahr 2021
Schließlich steht der Gemeinderat auch mehrheitlich hinter dem Projekt. Weil es auch so ausgestaltet wird, dass eine mögliche Umfahrung des Ortes über die dann nach Süden verlegte B 471 an die Anschlussstelle angeschlossen werden kann. Laut Autobahndirektion wird frühestens im Jahr 2021 mit den Bauarbeiten an der A 92 begonnen.
Die Kritik vor allem am Neubau der Anschlussstelle reißt indes nicht ab. Markus Büchler, Landtagsabgeordneter der Grünen, spricht von "völlig überzogenem Gigantismus". Das Vollkleeblatt sei "vollkommen überdimensioniert und aus der Zeit gefallen", sagt der Oberschleißheimer. "Die Anschlussstelle ist zu flächenintensiv mit ihren großen Kurvenradien." Er fühle sich an die ebenfalls umstrittene Anschlussstelle Aschheim/Ismaning erinnert, die samt Overfly-Kreisel wie ein "Krake" in die Landschaft hineinreicht. "Klar, die Anschlussstelle in Oberschleißheim wird anders aussehen. Das Problem ist aber, dass sie zu nah an die Wohnbebauung in Schleißheim heranreichen wird."
Gabriele Kämpf will ihren Kampf gegen den Ausbau nicht aufgeben. "Wir müssen an die Zukunft denken und dürfen nicht nach alten Riten und Mustern planen", sagt die Oberschleißheimerin. "Da wird eine Autobahn ausgebaut, die jeden Tag 100 000 Fahrzeuge auf die vollkommen verstopfte und überlastete A 99 ausspuckt. Was soll das?" Der nördliche Landkreis ersticke jetzt schon jeden Tag im Verkehr und müsse zusätzlich noch die Belastung durch den Flugverkehr ertragen, sagt Kämpf.
Ihr gehe es auch um die anhaltende Klimaerwärmung, die mit solchen Projekten weiter vorangetrieben werde: "Es wird immer heißer und wir versiegeln weiter Flächen. Das passt nicht zusammen, weil es schon längst fünf nach zwölf ist."
Trambahnen und Seilbahnen
Büchler bezweifelt, dass der Ausbau der A 92 dazu beitragen könne, den Verkehrsfluss zu beschleunigen oder gar das Verkehrsaufkommen zu reduzieren. "Das große Problem ist doch der regionale Verkehr, das Pendleraufkommen nach München und in Ost-West-Richtung etwa nach Dachau", sagt Büchler. Diese Verkehrsströme seien dafür verantwortlich, dass die Autobahnen in den Spitzenzeiten "die Kapazitätsgrenzen" überschritten, so der Verkehrspolitiker. Es müssten also Alternativen geschaffen werden. "Etwa eine Trambahn von Garching bis Dachau, Seilbahnen, Lösungen, die Menschen schnell transportieren können."
Gerade am Morgen und abends wird tagtäglich deutlich, wie überlastet auch die A 92 mittlerweile ist. Dann herrscht immer wieder Stillstand. Möglicherweise hat die Autobahndirektion gerade deshalb eine Forderung der Gemeinde Oberschleißheim abgelehnt. Mit dem Wunsch nach einer Geschwindigkeitsbegrenzung habe er sich nicht durchsetzen können, sagt Bürgermeister Kuchlbauer.