Oberhaching:Auf allen Vieren ins MRT

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Lorenz Schmid (im Bild mit seiner Kollegin Sarah Balmer und einem Patienten) hat die Tierklinik in Oberhaching aufgebaut. (Foto: Claus Schunk)

Die Oberhachinger Tierklinik hat sich in den vergangenen 30 Jahren zu einer der größten in Deutschland gemausert. Jetzt wurde ein neues Gebäude in Betrieb genommen – mit modernen Geräten, wie sie auch in der Humanmedizin zum Einsatz kommen.

Von Thalia Bouchehrian, Oberhaching

Es ist früh am Morgen, doch in der Oberhachinger Tierklinik herrscht bereits reger Betrieb. Eine Familie betritt die Klinik mit einem Transportkorb, aus dem zwei neugierige Katzenaugen blitzen. Ein Schild markiert den „Wartebereich für Katzen“ – gegenüber befindet sich das Pendant für Hundebesitzer. Mit den Worten „Na, wen haben wir denn da?“ begrüßt Lorenz Schmid die kleine Katze. Viele der Patienten, die hier behandelt werden, kennt der Fachtierarzt für Zahnheilkunde der Kleintiere seit Jahren, denn die Klinik, die der gebürtige Oberhachinger vor 30 Jahren gegründet hat, ist sein Lebenswerk.

Angefangen hat alles bereits 1989, als Schmid als junger Tierarzt in eine kleine, schon bestehende Praxis in Oberhaching eingestiegen ist. Obwohl diese anfangs nur aus zwei Mitarbeitern bestand, erkannte Schmid schnell den großen und bislang nicht gedeckten Bedarf an tierärztlicher Versorgung im Raum Oberhaching. Er begann, die damals nur 80 Quadratmeter große Praxis zu erweitern, bis sie 1994 mit einer Fläche von 200 Quadratmetern den Klinikstatus erlangte.

In Jochen Borbe, Thomas Steffen und Peter Scabell kamen bis zum Jahr 2003 drei weitere Partner an Bord. In den beiden darauffolgenden Jahren verlegte die Klinik ihren Standort in ein modernes Gebäude im Gewerbegebiet. Schließlich stieg 2017 Ingo Blanke als Partner und Teilhaber der Tierklinik ein, der das zugehörige Kleintierzentrum in Starnberg leitet. 2020 folgten Nina Gerhardt und Korbinian Pieper in die Teilhaberschaft.

„Als ich anfing, führten wir noch handschriftliche Karteikarten und Fax-Geräte waren eine Besonderheit. Ich erinnere mich, wie ich EKGs ins Medical Center nach New York schickte und über Nacht die Diagnose erhielt – das war damals hochmodern“, erzählt Schmid schmunzelnd.

Anders als viele seiner damaligen Kommilitonen, die von der autoritären Schule des deutschen Universitätssystems geprägt waren, erkannte Schmid, inspiriert durch Studienaufenthalten in den USA und Südafrika, früh die Wichtigkeit fortschrittlicher Technologien und eines modernen Führungsstils. „Im Ausland habe ich erlebt, dass der Umgang miteinander auch anders geht“, erzählt Schmid zufrieden. Dass ein guter Teamgeist und eine kollaborative Kultur auch heute noch keine Selbstverständlichkeiten sind, sehe er immer wieder an seinen neu eingestellten Ärzten, die sich schwertun, sich von den hierarchischen Strukturen zu lösen und an die gemeinschaftliche Arbeitsweise der Klinik zu gewöhnen.

Rechts von der Rezeption geht es zum Wartebereich für Katzen, Hunde müssen links ausharren, bis sie aufgerufen werden. (Foto: Claus Schunk)

Auch das von ihm eingeführte Vier-Schichten-System, das es den Angestellten ermöglicht, auf die vielerorts üblichen 48-Stunden-Dienste zu verzichten und weniger Nachtdienste zu leisten, ist Teil seines Erfolgskonzepts. Obwohl der Markt begrenzt ist, schafft Schmid es nach eigener Aussage so, dass die Oberhachinger Tierklinik mehr Bewerbungen von Tierärzten erhält, als sie aufnehmen kann. Mittlerweile hat sich seine Klinik mit insgesamt 260 Mitarbeitern zu einer der größten und modernsten Einrichtungen Deutschlands entwickelt.

Bis zu 150 Tiere am Tag werden in der Klinik behandelt

Bei einem täglichen Patientenaufkommen von 100 bis 150 Tieren platzt die 1000 Quadratmeter große Oberhachinger Klinik mittlerweile aus allen Nähten. „Die Ursprungsklinik war für 10 bis 20 Ärzte bestimmt, jetzt sind es 80. Das ist einfach zu eng“, erklärt Schmid, „wir brauchten dringend mehr Platz.“ Da der Grund in Oberhaching zu teuer und der Verwaltungsaufwand zu groß gewesen wären, entschied man sich gegen den Bau eines zusätzlichen Gebäudes. Stattdessen mietete die Klinik das angrenzende Gebäude mit zusätzlichen 2500 Quadratmetern an. „In nur einem Jahr haben wir aus einem Verwaltungsgebäude ein Krankenhaus gemacht“, sagt Schmid stolz.

Ähnlich wie eine humanmedizinische Klinik umfasst die Ausstattung des neuen Trakts modernste bildgebende Geräte wie CT und MRT, Ultraschallapparate, voll ausgestattete Operationssäle und ein hauseigenes Labor. Neu hinzugekommen sind außerdem das detailgenaue „Cone Beam CT“ sowie eine sterile Zone, die den hohen Hygienestandard, der von der Bundestierärztekammer regelmäßig mit dem Gütesiegel „Gute Veterinärmedizinische Praxis“ belohnt wird, weiter verbessert. Dank der erweiterten Räumlichkeiten können nun auch die Kapazitäten für Ausbildungsplätze gesteigert werden.

CT und MRT gehören in der Tierklinik von Lorenz Schmid zum Standard. (Foto: Claus Schunk/ )

„Dass wir jetzt seit 30 Jahren so erfolgreich sind, erfüllt mich natürlich mit Stolz“, sagt Schmid, der seine Liebe zum Umgang mit Tieren bereits auf dem elterlichen Bauernhof entwickelt hat. Doch was ihn persönlich antreibe, seien weniger die messbaren Erfolge, wie etwa der Preis „Bayerns Best 50“, der die Klinik 2021 als eines der herausragendsten und erfolgreichsten mittelständischen Unternehmen in Bayern auszeichnete, sondern die Freude, die er bei der Arbeit mit den Vierbeinern verspüre: „Das Schönste an unserem Beruf ist die Dankbarkeit, die uns die Besitzer nach einer erfolgreichen Behandlung ihres Lieblings entgegenbringen“, erklärt der Tierarzt.

Ein Fall hat sich besonders tief in Schmids Gedächtnis eingegraben: Ein Hund mit einer Gaumenspalte, der bereits zwei erfolglose Operationen hinter sich hatte und für den die Hoffnung auf Heilung mit jeder weiteren Operation geringer geworden wäre, konnte nach einer stundenlangen Operation erfolgreich behandelt werden. „Das war ein toller Moment, als es dem Hund endlich wieder gut ging“, erzählt Schmid mit einem zufriedenen Lächeln. Auch für die langjährige Bindung zu einigen seiner Kunden sei er dankbar.

Dennoch sei sein Beruf nichts für schwache Nerven: „Manchmal erleben wir Tage, an denen uns zehn Notfälle gleichzeitig fordern“, erzählt der 66-Jährige, „da reichen 40 Stunden pro Woche nicht aus.“ Was er sich für die nächsten 30 Jahre seiner Klinik wünsche? „Neben einer qualitativ hochwertigen Medizin vor allem einen guten Umgang untereinander, sodass jeder und jede mit Freude hier hereinkommt“, so Schmid.

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