Straßenausbau:Rügen lassen und weitermachen

Millionen fließen in Sanierung märkischer Straßen

Straßensanierungen können für Anlieger richtig teuer werden. In Oberhaching wollen die Gemeinderäte das verhindern.

(Foto: dpa)

Oberhachings Kämmerer weist darauf hin, dass die Gemeinde Anlieger bei Straßenausbauten zur Kasse bitten müsste. Doch Bürgermeister Schelle und die Gemeinderäte winken ab - wie schon so oft bei diesem Thema

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Im Oberhachinger Rathaus neigt man bekanntlich dazu, gerne mal Anordnungen von oben an sich abprallen zu lassen. Der Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung ist so ein Thema, bei dem diese Haltung seit Jahren zutage tritt. Nicht, dass man auf dem Kyberg nichts von Verwaltungsvorschriften verstünde, man beherrscht das Geschäft wirklich aus dem Effeff. Gerade wieder haben Verwaltung und Gemeinderat bewiesen, wie vif sie sind, wenn es etwa darum geht, das Feld frühzeitig für einen möglichen Schulneubau zu bestellen. Flott wurde die Änderung des Flächennutzungsplans auf die Tagesordnung genommen, um die Kreisgremien, die über den Standort einer Realschule und einer FOS/BOS zu entscheiden haben, zu beeindrucken.

Flattern aber Aufforderungen aus dem Landratsamt ins Haus, die den Oberhachingern komplett gegen den Strich gehen, wie eben jene Straßenausbaubeitragssatzung, können sie auch jahrelang einfach auf stur schalten. Abheften und weitermachen, lautet in dem Fall die Devise. Und dabei soll es auch bleiben entschied am Dienstagabend der Gemeinderat - mittlerweile zum wiederholten Mal.

Straßenausbau: Diskutieren über eine "unsinnige" Vorschrift? Nicht mit Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU), der lieber Ärger mit dem Landratsamt als mit den eigenen Bürgern riskiert.

Diskutieren über eine "unsinnige" Vorschrift? Nicht mit Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU), der lieber Ärger mit dem Landratsamt als mit den eigenen Bürgern riskiert.

(Foto: Claus Schunk)

Für die Gemeinderäte ein nerviges Thema

Anlass, sich überhaupt wieder mit diesem nervigen Thema zu beschäftigen, war die aktuelle Entwicklung in der Rechtsprechung. Im November hatte der Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entschieden, dass die Gemeinde Hohenbrunn, ihre Satzung, mit der sie bei einer Sanierung oder beim Ausbau einer Gemeindestraße die Anwohner zur Kasse bittet, nicht abschaffen darf. Daher sah sich der Oberhachinger Kämmerer in der Pflicht, die Gemeinderatsmitglieder darüber in Kenntnis zu setzen und das Thema gegebenenfalls noch mal zur Diskussion zu stellen.

Immerhin heißt es in der ausgereichten Zusammenfassung des Urteils, dass die Soll-Vorschrift "grundsätzlich verbindlichen Charakter" habe. Auch müssten "besondere Umstände" vorliegen, die es "ausnahmsweise" rechtfertigten, von Beitragserhebungen abzusehen und auf eine entsprechende Satzung zu verzichten. Für einen "Komplettverzicht" auf diese Einnahmenquelle genüge es nicht, dass eine Gemeinde "haushaltsmäßig mehr oder weniger gut dasteht und sich den Beitragsausfall finanziell leisten kann". Das Landratsamt bleibe nur dann untätig, wenn eine Gemeinde keine Kreditaufnahmen veranschlage oder keine grundsätzlich beitragsfähigen Baumaßnahmen vorsehe.

"Sparen wir uns den Vortrag und auch die Satzung."

Sechseinhalb eng beschriebene DIN-A4-Seiten hat der Kämmerer ausgehändigt, an der Haltung des Gemeinderats zur Straßenausbaubeitragssatzung hat das nichts geändert. Es wollte noch nicht einmal jemand darüber reden. "Ich könnte den Vortrag halten, wie unsinnig das ist", sagte Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) und schob gleich nach: "Sparen wir uns den Vortrag und auch die Satzung." Die Reaktion im Gremium war - wie nicht anders zu erwarten - ein einstimmiges Nicken.

Schließlich hatte sich der Gemeinderat schon 2011 und 2013 damit befasst, und auch 2014 und 2015 war man sich einig, lieber Ärger mit den Behörden als mit den Bürger zu riskieren. Zumal Schelle davon überzeugt ist, dass eine solche Satzung mehr Arbeit und Probleme schafft, als sie Geld in die Gemeindekasse spült. Sogar die Drohung des Landratsamt mit strafrechtlichen Konsequenzen vor zwei Jahren, änderte an dieser Haltung nichts. Dass der Bürgermeister sich darin mit seinem Gemeinderat weiterhin einig ist, zeigten die Wortmeldungen. "Wir nutzen den Ermessensspielraum so lange es geht", sagte SPD-Fraktionssprecherin Margit Markl. Zweiter Bürgermeister Johannes Ertl (WGO) ergänzte: "Dann lassen wir uns eben rügen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: