Oberhaching:Noch Luft für den Kunstrasen

Gemeinderat stimmt trotz Steuerausfällen Investition in Höhe von 820 000 Euro für den zweiten Allwetterplatz des FC Deisenhofen zu

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Soll eine Gemeinde wie Oberhaching in Corona-Zeiten eine knappe Million Euro in einen Kunstrasenplatz investieren oder lieber erst einmal das Geld in der Kasse lassen? Über den richtigen Umgang mit den Finanzen in der Pandemie herrscht im Gemeinderat Uneinigkeit. Während die CSU überzeugt ist, dass der Zuschuss von 820 000 Euro für den neuen Platz des FC Deisenhofen fließen soll, wollten die Grünen die Mittel erst einmal zurückhalten und fanden Mitstreiter in den Vertretern von FDP, Wählergemeinschaft und Freien Bürgern. Die CSU setzte sich schließlich gemeinsam mit der SPD durch: Die Platz wird gebaut.

Im vergangenen Jahr hatte der Gemeinderat dem Verein zugesagt, das Geld locker zu machen, um für seine mittlerweile 23 Jugendmannschaften - zehn mehr als noch vor zehn Jahren - genügend Trainingsmöglichkeiten zu schaffen. Doch dann kam Corona, und angesichts der Krise gab es Bedenken, ob genug Geld da ist. Der Plan wurde von Frühjahr auf den Herbst verschoben, und nun signalisierte Kämmerer Paul Fröhlich: kein Problem. Fröhlich rechnete in der jüngsten Gemeinderatssitzung vor, dass Oberhaching 23 Millionen Euro Gewerbesteuer einkalkuliert hatte. Mit den versprochenen Ausgleichszahlungen von Bund und Land wegen Mindereinnahmen werde man nun auf 22 Millionen kommen. Dass dann eine Million fehlt, sehen Kämmerer und Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) unkritisch. Das sei besser, als man noch im Oktober gedacht habe, sagt Fröhlich: "Die Mindestzuführung an den Vermögenshaushalt kann damit übertroffen werden, wir schaffen den ausgeglichen Haushalt locker." Denn insgesamt habe die Gemeinde weniger Ausgaben als in normalen Jahren.

Die Grünen beruhigten die Ausführungen des Kämmerers nicht. "Wir sehen, dass eine riesige Welle da ist, und zwar in der ganzen Welt", sagte Claus Katzer, und seine Fraktionskollegin Valentina Eckel gab zu bedenken: "Wenn es privates Geld wäre, würden wir es jetzt nicht ausgeben, so lange wir nicht wissen, was passiert." Im Moment schränkten sich alle ein, und die Fußballer könnten ja weiter trainieren. Man wolle die Investition für den Kunstrasen nicht streichen, betonte Grünen-Fraktionssprecherin Sabine Hillbrand, sondern nur eine Verschiebung und dann sehen, wie es weitergehe. Auch Simon Sainer von der Wählergemeinschaft betonte: "Die finanzielle Situation der Gemeinde schaut nicht rosig aus." Es seien schwierige Zeiten, und er tue sich schwer, vor den Bürgern, die nicht Mitglied des FC Deisenhofens seien, eine solch hohe Summe zu rechtfertigen. "Das kommt luxusmäßig rüber, das Signal ist nicht das richtige", sagte Dirk Schneider (Freie Bürger).

Genau das findet Bürgermeister Schelle eben doch. "Es ist ein Signal an die Vereine und an das Sportdreieck", sagte er. Auf diesem Areal, dessen Entwicklung 2006 begonnen, aber noch nicht fertig ist, soll der Platz entstehen. Wenn die Vereine in der Lage seien und den Mut hätten, dort etwas anzuschieben, solle die Gemeinde auch den Mut haben. "Wichtig ist es, dass wir das Rad am Laufen halten und aus der Krise herauskommen", sagte Schelle. Die Gemeinde könne es sich leisten: "Wir sind nicht am Darben, wir haben noch Luft und wenn wir zu sehr auf die Bremse steigen, kommen wir nicht weiter. Panikmache ist nicht richtig." Kämmerer Fröhlich mahnte: "Sparen Sie nicht beim Ehrenamt und damit am Dienst an der Gemeinschaft."

Martin Schmid, CSU-Gemeinderat und zugleich Vorsitzender des FC Deisenhofen, warf den Grünen vor: "Es fehlt die Einsicht, welch soziale Aufgabe die Vereine übernehmen." Sie seien die soziale Komponente in einer Gemeinde. "Das Geld ist da", sagte Zweiter Bürgermeister Ludwig Pichler (CSU). Am meisten litten die Alten sowie die Kinder und Jugendlichen unter der derzeitigen Situation. Würde man den Allwetterplatz jetzt nicht bauen, "sparen wir bei den Ausgaben für die Jugendlichen". Es gehe auch um politische Verlässlichkeit, ergänzte Fraktionskollege Michael Thaller: "Wir haben zugestimmt, den Platz zu bauen, und plötzlich soll das wieder unter den Tisch fallen?"

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