Süddeutsche Zeitung

Oberhaching:Ein Wirt hat genug

Thomas Brummer schließt das "Mexicanos" und geht auf Weltreise.

Von Claudia Wessel, Oberhaching

Wenn Thomas Brummer, 48, demnächst nach einem Surftag auf lauwarmen Wellen an einem heißen Sandstrand liegt und sich einen Sundowner genehmigt, wird er hoffentlich auch einmal an seine ehemaligen Stammgäste im herbstlichen Oberhaching denken. An all die, die sich jetzt nur noch wenige Tage lang Sundowner, Caipirinha und mehr im Retro-Ambiente des "Mexicanos" gönnen können. Anfang September wird das Haus mit dem Lokal an der Tisinstraße abgerissen, an seiner Stelle werden zwei Doppelhaushälften entstehen. Und zahlreiche Gäste werden nicht nur der Speise- und Getränkekarte nachweinen.

Seit 1997 haben sich in dem in die Jahre gekommenen Einfamilienhaus, in dessen Erdgeschoss Brummer das Mexicanos seinerzeit eröffnete, sicher zahlreiche erinnerungswürdige Geschichten abgespielt. Dass es mehr ist als eine gastronomische Einrichtung, in der man schnell etwas zu sich nimmt und wieder verschwindet, liegt in der Luft.

Es sieht einfach so herrlich bewohnt aus, selbst wenn noch keine Gäste da sind wie an diesem Nachmittag, an dem Brummer fröhlich mit der Abwicklung befasst ist und Abrissfirmen empfängt, die ihr Angebot abgeben wollen. Vor allem die Bar wirkt einladend und sie war auch ein großer Anziehungspunkt für Feierfreudige, sagt Brummer. Nicht zuletzt, weil er bis 1 oder 2 Uhr geöffnet hatte, während die anderen sieben Lokale in Oberhaching - zwei Griechen, ein Asiate, vier Italiener - alle gegen 22 oder 23 Uhr schließen.

Der Hauptgrund für das Ende seiner Gastronomiekarriere - Brummer hatte einst fünf Lokale gleichzeitig - sei das Personalproblem, sagt er. Drei Leute in der Küche, zwei im Service und einen an der Bar brauchte er an Wochenenden im Mexicanos - oft fand er einfach nicht genug Leute.

Weil es Probleme mit dem Personal gibt, hat der Gastronom keine Lust mehr

Oder diejenigen, die schon bei ihm arbeiteten, enttäuschten ihn, beispielsweise durch allzu kurzfristige Absagen. Brummer hat den Eindruck gewonnen, dass die heutige Jugend sich lieber der Entspannung widmet als dem Geldverdienen. "So hab' ich keine Lust mehr zu arbeiten", sagt er und setzt vorläufig ebenfalls auf Entspannung auf längeren Reisen durch die Welt.

An einem dicken Baum lehnt noch ein Schild "Happy Hour v. 18 -20 u. 22-12 Uhr". Die 2 von 12 ist weggekratzt, also soll es inzwischen wohl 1 Uhr heißen. Auf einem etwas schiefen Holztisch stehen zwölf leere Champagnerflaschen, ein Stillleben, das an viele kontaktfreudige Abende erinnert. Daneben sitzt ein Buddha aus Ton, der erst kürzlich dorthin umgesiedelt wurde, er war eigentlich in Brummers Wohnung im ersten Stock zu Hause.

Nein, er wird nicht vom Abrissunternehmen lieblos in einen Container geworfen werden, versichert Brummer, er hat schon einen Liebhaber gefunden ebenso wie der größere Buddha drinnen im Zelt und wie die meisten Möbel. Gleich neben dem kleinen Buddha scheint die Aufschrift auf einem Werbeschild dazu zu passen: "Keep calm and eat steak".

Auch der Sonnenschirm, unter dem Brummer an diesem regnerischen Nachmittag von seinen Zukunftsplänen erzählt, ist schon in die Jahre gekommen ebenso wie das Zelt hinter dem Haus, an dessen Tische weitere 80 Personen passen. Aber gerade weil all das ebenso wie die Einrichtung im relativ kleinen Gastraum nicht geschleckt ist, sieht es so gemütlich auch. Bisserl schickimicki war es trotzdem, wie Brummer versichert, jedenfalls von den Gästen her. Grünwald ist nicht weit, weshalb sich etwa die FC Bayern-Spieler David Alaba, Thomas Müller und Javi Martinez gerne im Mexicanos entspannten und auch viele Promis "aus Funk und Fernsehen", wie Brummer sagt. "Eigentlich ist nicht die Frage, wer da war, sondern wer nicht da war."

Was die Speisen angeht, legt Brummer Wert darauf, dass im Mexikanos alles selbst gemacht ist, von der Guacamole bis zu den Burgersaucen . Und das bis zum vorletzten Tag, dem 30. August. Am letzten Tag, dem 31. August, wird die Speisen- und Getränkekarte dann schon um einiges reduziert sein. Trotzdem wird noch mit guter Ausstattung an dem Abend von 18 Uhr an Abschied gefeiert, bevor die Bagger kommen.

Auf Reisen geht Thomas Brummer dann erst mal ohne festen Plan bezüglich seiner Zukunft. Ein Lokal möchte er so schnell nicht mehr eröffnen, dann "hätte ich ja wieder dieselben Probleme". Stattdessen wird er in aller Welt als Gast Restaurants besuchen. Und sich ganz nebenbei inspirieren lassen. Vielleicht kommt ihm ja doch irgendwann eine neue Idee für eine Tätigkeit. Vielleicht ein hierzulande unbekanntes Produkt oder eine Geschäftsidee importieren. Doch das hat keine Eile. Vorerst genügt es, zu surfen, am Strand zu liegen und von anderen gemixte Cocktails zu trinken.

Die Closing Party im Mexicanos in der Tisinstraße 2 in Oberhaching steigt am Samstag, 31. August, von 18 Uhr an.

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Quelle:
SZ vom 29.08.2019
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