Oberhaching:Radler ausgebremst

Oberhaching: Die bei vielen Radfahrern beliebte Linienstraße in Oberhaching wird nun doch keine reine Fahrradstraße.

Die bei vielen Radfahrern beliebte Linienstraße in Oberhaching wird nun doch keine reine Fahrradstraße.

(Foto: Claus Schunk)

Eine umfangreiche Machbarkeitsstudie kommt zu dem Ergebnis, dass die Umwidmung der Linienstraße in Oberhaching in eine Fahrradstraße zu teuer und kompliziert wäre.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Oberhaching ist eine fahrradfreundliche Kommune. Dieses Zertifikat hat die Gemeinde bereits vor vier Jahren erhalten. Aber im Rathaus weiß man, dass man stets etwas dafür tun muss, diesen Status zu erhalten, die nächste Prüfung steht schon im kommenden Jahr bevor. So schien der Vorschlag der SPD, die Linienstraße zur Fahrradstraße zu machen, erst einmal nicht so abwegig. Doch viele Diskussionen und eine 48-seitige Machbarkeitsstudie später steht nun fest: Doch keine wirklich gute Idee. Das wäre viel zu kompliziert, zu teuer und bringt nicht wirklich etwas.

Um zu verstehen, was daran so schwierig sein kann, muss man wissen, dass es echte und unechte Fahrradstraßen gibt. Das, was man sich beim ersten Gedanken vielleicht darunter vorstellt, also eine echte Fahrradstraße, auf der nur Fahrräder unterwegs sein dürfen, ist von vornherein auf der Linienstraße nicht denkbar. Hier wohnen zu viele Leute, und wie sollen die dann in ihre Einfahrten kommen? Auf unechten Fahrradstraßen hingegen dürfen auch Autos oder zumindest Anlieger fahren, Fahrräder sollten trotzdem Vorrang haben. Und da fangen die Probleme an. Denn die Einrichtung einer "erkennbaren und selbsterklärenden" Fahrradstraße erfordert umfangreiche Markierungen und Beschilderungen, hat die Verwaltung festgestellt. Einfach nur ein blaues Radsymbol auf den Asphalt zu malen, reicht jedenfalls nicht. Das kennen zu wenige Leute und noch dazu hat die Linienstraße zahlreiche Einmündungen, an denen Markierungen und Beschilderungen nötig würden. "Es stellt sich schwieriger da, als wir gedacht haben", sagte Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) in der Sitzung des Verkehrs- und Umweltausschusses am Dienstagabend.

Wie schwierig genau, lässt sich auf den 48 Seiten der Machbarkeitsstudie vom Verkehrsplanerbüro Gevas nachlesen. Die Gutachter haben alles nachgemessen, was der Straßenraum hier so hergibt, die Grundstückszufahrten registriert, Autos und Fahrräder gezählt, Kontenpunkte benannt, die Sichtfelder überprüft, die Grünstreifen angeschaut und über Geschwindigkeitsreduzierungen nachgedacht, die insbesondere auch die schnellen Rennradfahrer innerorts etwas ausbremsen soll, weil man befürchtet, dass sie die normalen Radfahrer gefährden.

Über die Straße weiß man in der Gemeinde jetzt alles

Jetzt weiß man im Oberhachinger Rathaus so ziemlich alles, was man über die Linienstraße wissen kann. Auch, dass ein Umbau und die Beschilderung 48 443 Euro kosten würde. Was die Machbarkeitsstudie gekostet hat, ist nicht bekannt.

Vor allem ist jetzt klar: Eine Reduzierung der Geschwindigkeit der schnellen Sportradler wird durch eine Fahrradstraße nicht erreicht. Denn dazu müsste man Engstellen und Bodenschwellen schaffen. Dies lässt allerdings der Linienbusbetrieb nicht zu. Eine Verringerung des Autoverkehrs wäre allenfalls über gegenläufige Einbahnstraßen machbar. Die aber würden zu Zusatzverkehren in anderen Straßen führen. Geht also auch nicht, denn - da ist man sich im Rathaus sicher - das würde bei sämtlichen Anliegern kaum auf Akzeptanz stoßen. Die Verwaltung befürchtet, dass eine solche Verkehrsführung sogar insgesamt höhere Geschwindigkeiten nach sich ziehen dürfte. Für die Radfahrer selbst hätte eine unechte Fahrradstraße im Vergleich zur heutigen Situation sowieso nicht wirklich Vorteile, lautet die Erkenntnis aus dem Rathaus. Es würde "nur" eine Legalisierung des "bereits sehr selbstbewusst praktizierten Nebeneinanderfahrens" der Radler mit sich bringen, so die abschließende Überzeugung.

Ganz tatenlos will die Gemeinde nach einer so umfangreichen Expertise dennoch nicht bleiben. So sollen jetzt Stellplätze, wo immer sinnvoll möglich, in die Seitenräume verlagert werden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen sollen erfolgen und ein Banner aufgehängt werden, das zu gegenseitiger Rücksicht und zum Abstandhalten aufruft. Auch hoffen die Oberhachinger auf eine "großräumige" Lösung und verweisen auf das Radwegeverkehrskonzept des Landkreises und das Radverkehrsnetz Bayern des Freistaats.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: