Oberhaching:Jahrhundertbauwerk über die Kreisstraße

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Der alte Kapellensteig war komplett aus Holz, der neue soll eine Stahl-Holzkonstruktion werden. (Foto: Claus Schunk)

Der Neubau des Kapellensteigs über die M11 wird einfach nicht fertig. An den neuen Termin glaubt kaum einer.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

An der Golden Gate Bridge haben sie in San Francisco vier Jahre lange gebaut. Damit wurden sie sogar noch etwas schneller fertig als gedacht, im April 1937. Je 600 000 Nieten halten die beiden Türme zusammen. Wesentlich kleiner, dafür aber auch gut 70 Jahre älter ist der Eiserne Steg, der sich in Frankfurt über den Main spannt. 500 Tonnen Stahl wurden hier auf 173 Metern Länge verbaut, zwei Jahre hat das gedauert. So lange hat man auch an der neuen Großhesseloher Brücke gewerkelt. Wie lange in Oberhaching am 30 Meter langen Kapellensteig gebaut wird, ist noch ungewiss. Aber offenbar entsteht hier ein Jahrhundertbauwerk. Denn eigentlich sollten längst die Fußgänger und Radfahrer auf dem neuen, schmucken Stahl-Holz-Konstrukt die Kreisstraße M 11 überqueren können. Die ursprünglich auf drei Monate veranschlagte Bauzeit hat sich bereits mehr als verdoppelt.

Die alte Brücke war komplett aus Holz und nach 29 Jahren so marode, dass sie abgerissen werden musste. Damit die neue Brücke mal länger hält, entschied sich der Landkreis für eine Stahlkonstruktion der tragenden Elemente. Allerdings sollte der Charakter des Kapellensteigs mit einer Kombination aus Holz und Metall erhalten bleiben. Auch ist man mit den Brückenpfeilern ein Stück von der Straße weggerückt, da die alte Konstruktion arg vom Salz zerfressen war. 338 300 Euro lässt sich der Landkreis das neue Konstrukt kosten.

Dass die neue Brücke noch immer nicht steht, liegt offenbar an der Stahlbaufirma, die den unteren Teil des neuen Brückenbauwerks zusammenschweißen und dann als komplettes Teil einheben soll. Dieser Schritt war bereits für Juli vergesehen, wurde aber zunächst auf August, dann auf Ende der Sommerferien und zuletzt auf Mitte Oktober verschoben. Derzeit will sich aber keiner der Verantwortlichen im Straßenbauamt Freising wirklich hundertprozentig auf diesen Termin festlegen. Vielmehr hofft man nur noch, dass es diesmal etwas wird. Zumindest versucht die Projektleitung ein wenig Zuversicht zu verbreiten, indem sie es schon als einen Fortschritt ansieht, dass nicht mehr wie zu Beginn der Arbeiten jede Schweißnaht nachgearbeitet werden muss.

"Das ist unser Flughafen Berlin"

Normal ist das alles nicht, das gibt Projektleiterin Jessy Swoboda vom Straßenbauamt zu. Sie ist auf die Stahlbaufirma auch entsprechend schlecht zu sprechen. Es handelt sich dabei um ein Subunternehmen, das im Auftrag der eigentliche angeheuerten Firma den Stahlüberbau des Kapellensteigs zusammenschweißen soll und dabei offenbar recht schlampig vorgegangen ist. Die Qualitätsprüfung hatte immer wieder Mängel ergeben, die behoben werden mussten. Inzwischen sei das aber besser geworden, so Swoboda. Man könne einer solchen Firma zwar auch kündigen, einen triftigen Grund habe man ja, "doch dann dauert alles noch länger", so die Projektleiterin. Allerdings behalte man sich diesen Schritt weiterhin vor.

Die Oberhachinger reagieren auf die ständigen Verschiebungen entsprechend empört: "Das darf echt nicht wahr sein" oder "Das ist doch ein Witz . . . Deutsche Wertarbeit ade" und "Das ist unser Flughafen Berlin" lauten die Kommentare nach der jüngsten Mitteilung des Straßenbauamts, die Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) auf Facebook im Bürgerforum Oberhaching und auf der Gemeinde-Webseite veröffentlicht hat. Schelle selber findet, dass vor allem die Schulkinder und Pendler sowie die Anwohner am Further Bahnhof auf der Strecke blieben, weil die den Kapellensteig dringend bräuchten. Derzeit verläuft südlich der M 11 ein provisorischer Gehweg über das Feld, der den Leitenweg mit dem Sommerfeld verbindet.

Sollte es nun doch endlich in diesem Monat mit dem Einheben der neuen Brücke klappen, muss an Ort und Stelle noch die hölzerne Dachkonstruktion montiert und mit Holzschindeln eingedeckt werden. Das wird auf jeden Fall noch weitere zwei Wochen in Anspruch nehmen. Dann wäre man bei Mitte November angelangt. Doch an diesen neuesten Zeitplan will in Oberhaching noch so keiner recht glauben. Bürgermeister Schelle verwies in der jüngsten Gemeinderatssitzung auf die Mitteilung des Straßenbauamtes, konnte sich aber einen Seitenhieb nicht verkneifen: Es kursierten ja die Gerüchte, "dass das ein Flughafen wird."

© SZ vom 07.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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