Süddeutsche Zeitung

Gemeindefinanzen:Runter von den Schulden

Oberhaching will in diesem Jahr die Kehrtwende schaffen und einen Teil der Verbindlichkeiten abbauen. Das meiste Geld steckt die Gemeinde in die Geothermie und in Bildungseinrichtungen.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Würden Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) und sein Kämmerer Paul Fröhlich Jahr für Jahr immer nur auf diesen dunkelblauen Balken in der Präsentation des Haushalts schielen, der ihnen unmissverständlich den Schuldenstand der Gemeinde sichtbar macht, den beiden wäre längst schwindelig geworden. Zumindest etwas Bauchgrimmen könnte man schon vermuten angesichts des Höchststandes von knapp 56 Millionen Euro Ende 2022.

Doch bleibt man im Rathaus und auch im Gemeinderat seit Jahren relativ entspannt bei diesen Zahlen. Schließlich gibt es Gegenwerte, die mit diesem Geld geschaffen wurden: die Geothermie, Kitas, Schulen, Grundstücke. Laut Kämmerer wurden seit 2009 rund 143 Millionen Euro investiert, rechnet man die Straßen dazu sogar 177. "Zwei Drittel haben wir selbst geschafft, nur ein Drittel kam aus Krediten", sagte Fröhlich. Bürgermeister Schelle spricht von "proaktiven Einsatz von Geld", Kämmerer Fröhlich betonte bei der Verabschiedung des Haushalts: "Oberhaching bleibt solide und finanzstark."

Die Pro-Kopf-Verschuldung ist zwar mit 4113 Euro um einiges höher als der Durchschnitt bei Gemeinden der Größenordnung in Bayern, der beträgt 718 Euro. "Nur der Blick auf die Schulden ist verkürzt und betrachtet nicht das Ganze", sagte Fröhlich. Auch ist das finanzielle Tal laut Bürgermeister inzwischen durchschritten, denn die Miesen, die Oberhaching gemacht hat, sind überwiegend auf den Ausbau der Geothermie zurückzuführen. Seit 2002 wird das Fernwärmenetz ständig erweitert, mittlerweile wurden 70 Kilometer Leitung verlegt, 1500 Wohn- und Gewerbeeinheiten angeschlossen, weitere 250 sind in Planung und Umsetzung.

Ukraine-Krieg und Energiekrise machten eine Neuverschuldung notwendig

Kreditaufnahmen sind für dieses Jahr erst mal keine geplant. Der dunkelblaue Balken wird 2023 voraussichtlich wieder kleiner. Ende des Jahres rechnet der Kämmerer auch durch eine Sondertilgung in Höhe von drei Millionen Euro mit einem Schuldenstand von 49,9 Millionen Euro.

Vor allem die Einnahmenseite im Haushalt stimmt Fröhlich zufrieden. Zwar wurden im Zuge des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise im vergangenen Jahr ein Nachtragshaushalt und eine Kreditaufnahme von sieben Millionen Euro notwendig, doch die Gewerbesteuerquelle sprudelte unerwartet gut: Fünf Millionen Euro mehr als gedacht konnte Oberhaching verbuchen. Zusammen mit ebenso hohen Minderausgaben ergab sich ein Überschuss im Verwaltungshaushalt von etwa 10,3 Millionen Euro.

Insgesamt beträgt das Haushaltsvolumen Oberhachings in diesem Jahr knapp 93 Millionen Euro, davon entfallen fast 62 Millionen auf den Verwaltungshaushalt und 31 Millionen auf den Vermögenshaushalt. Die Höhe der zu erwartenden Gewerbesteuereinnahme hat Fröhlich so kalkuliert wie im vergangenen Jahr und 27,3 Millionen Euro notiert. An Einkommensteuer sind 13,7 Millionen eingeplant, an Grundsteuer 1,8 und an Umsatzsteuer 1,7 Millionen. Mit einer Steuerkraft von 2916 Euro pro Einwohner belegt Oberhaching bayernweit Platz 46 von insgesamt 2031 Gemeinden.

"Aber nur die Hälfte der Steuereinnahmen bleibt bei uns", gab der Kämmerer zu bedenken und verwies auf die fast 23 Millionen Euro, die an Umlagen gezahlt werden müssen. Ein großer Ausgabenposten sind zudem die Personalkosten, die mittlerweile auf 17,2 Millionen Euro gestiegen sind. 7,2 Millionen davon fließen in die Kindergärten, Horte und Mittagsbetreuung, die Kernverwaltung im Rathaus kostet die Gemeinde knapp 6,6 Millionen. Der Gebäude- und Betriebsaufwand ist auch aufgrund der gestiegenen Energiepreis auf 14,2 Millionen geklettert.

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