Haushalt:Das Geld im Boden vergraben

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Schon 2011 wurde am Lanzenhaarer Weg in Taufkirchen nach heißem Wasser tief unter der Erde gebohrt. Die Gemeindewerke Oberhaching sind an dieser Anlage beteiligt. (Foto: Claus Schunk)

Oberhaching sieht sich trotz hoher Schulden gut aufgestellt, weil es viel Geld in die jetzt stark nachgefragte Geothermie-Versorgung investiert hat.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Immer wenn in den vergangenen Jahren Thomas Hümmer, der Geschäftsführer der Gemeindewerke Oberhaching, in der Sitzung des Gemeinderats auftauchte, war den tagenden Mitgliedern des Gremiums sofort klar: Der Mann braucht wieder Geld. Etwa 60 Millionen Euro hat die Gemeinde seit 2009 in den Ausbau der Geothermie im Ort gesteckt, "wir haben unser Geld vergraben", scherzte Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) gerne mal. Und wenn auch manch einer ob der vielen Millionen vielleicht mitunter mit etwas Bauchweh zustimmte, signalisierten alle am Dienstagabend bei der Verabschiedung des Haushaltes 2022 ihr Wohlwollen gegenüber Herrn Hümmer, der wieder mal zu Besuch war. Trotz eines mittlerweile angewachsenen Schuldenbergs von aktuell 51,75 Millionen Euro ist man sich in Oberhaching einig: Der Weg war richtig.

Es ist ein Abend, an dem alle die Bilder des Ukraine-Kriegs im Kopf haben, die neuesten Meldungen über ein mögliches Energie-Embargo hereinkommen, Putin droht, den Gashahn zuzudrehen und die Tankstellen zeigen an, dass der Liter Diesel über zwei Euro kostet. "Am Anfang sind wir belächelt worden", blickte Bürgermeister Schelle zurück auf die Zeit, als Oberhaching anfing, auf das heiße Wasser aus der Tiefe zu setzen. "Es war ein langer Weg und die Konsequenz, mit der dieses Gremium die Geothermie umgesetzt hat, ist bemerkenswert", sagte er. Auch CSU-Fraktionssprecher Josef Ertl betonte: "Nachhaltige Energieversorgung ist für uns ein wichtiger Punkt, wir wollen unabhängig sein und das Geld bei uns belassen", aber mit diesem Weg sei man in Oberhaching lange wegen der damaligen Gas- und Ölpreise auf Granit gestoßen. Es habe erst etwas Schlimmes passieren müssen, "aber jetzt sind wir heilfroh, dass wir durchgehalten haben".

So musste Thomas Hümmer in der Sitzung auch gar nicht mehr erläutern, dass die Gemeindewerke 2022 wieder eine Kapitalanlage der Gemeinde in Höhe von knapp drei Millionen Euro benötigen und in den kommenden drei Jahren nochmals jeweils 550 000. Die Energiezentrale muss fertig gestellt, das Fernwärmenetz weiter ausgebaut und Photovoltaikanlagen müssen errichtet werden. Abermals ist die Summe, die im Vermögenshaushalt in der Spalte der Gemeindewerke auftaucht, einer der größten Batzen. Nur für den allgemeinen Grundstückserwerb will die Gemeinde in diesem Jahr mehr Geld ausgeben. Dafür sind 3,2 Millionen Euro veranschlagt. "In 20 bis 30 Jahren werden die Oberhachinger froh sein, dass noch Grundstücke da sind", sagte Bürgermeister Schelle.

Kredite sind heuer nicht notwendig

Insgesamt beträgt der Vermögenshaushalt etwa 15,7 Millionen Euro, der Verwaltungshaushalt 57 Millionen. Damit der Oberhachinger Haushalt ausgeglichen ist, mussten die Gemeinderäte in den Beratungen allerdings so einiges streichen oder zumindest auf das kommende Jahr verschieben. 429 000 Euro konnte Kämmerer Paul Fröhlich so wieder aus dem Verwaltungshaushalt herausrechnen, im Vermögenshaushalt wurden knapp 2,2 Millionen Euro eingespart, sodass Fröhlich schließlich verkünden konnte: "Es werden in diesem Jahr keine Kreditaufnahmen nötig sein."

Insgesamt habe man ein gutes Jahr hinter sich gebracht, findet Fröhlich. Der Haushalt sei solide, die Gemeinde finanzstark. Oberhaching gehöre bei der Steuerkraft zu den besten zwei Prozent der bayerischen Gemeinden. Fröhlich rechnet heuer mit 22,3 Millionen Gewerbesteuer-Einnahmen und 12,6 Millionen aus der Einkommenssteuer. Bei der Gewerbesteuer gibt es wieder eine Tendenz nach oben, doch gab Fröhlich zu bedenken, dass auch die Kreisumlage tapfer ansteige und auffresse, was zusätzlich reinkomme. "Darum wird unser Spielraum nicht größer", sagte er. Immerhin könnten etwa zwei Millionen Euro der Rücklage zugeführt werden, wodurch diese sich aktuell verdoppelt. Doch ist auch gleich wieder eine Entnahme geplant, sodass wohl am Ende des Jahres Oberhaching 2,2 Millionen auf der hohen Kante hat.

Wie mickrig pro Einwohner dieser Sparstrumpf ausfällt zeigt sich deutlich im direkten Vergleich mit den Schulden. Fröhlich scheute sich nicht, beide Säulen nebeneinander zu präsentieren. Im Jahr 2014 lagen sie noch gleichauf bei etwa 200 Euro, heuer ist die Pro-Kopf-Verschuldung auf 3790 Euro angewachsen und die Rücklage liegt bei knapp 300 Euro. Die Gesamtschulden der Gemeinde sind von 40,5 Millionen vor einem Jahr auf nun 51,75 angewachsen, doch soll damit das Maximum erreicht sein. Fröhlich spricht von einem "Silberstreif am Horizont", der Schuldenbalken gehe 2023 nach unten, Ende des Jahres wären es durch laufende Tilgung nur noch etwa 49 Millionen. Was immer noch ziemlich viel klingt, "aber es sind auch Werte geschaffen worden", betonte der Kämmerer. Insgesamt 170 Millionen Euro hat die Gemeinde seit 2009 investiert, außer der Geothermie und den Grunderwerb vor allem auch in Schulen und Kinderbetreuung.

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