KommunalpolitikSie sind sich nicht mehr grün

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Die große Liebe zu den Grünen ist bei drei Gemeinderätinen in Oberhaching verblüht wie die Sonnenblumen im Herbst. 
Die große Liebe zu den Grünen ist bei drei Gemeinderätinen in Oberhaching verblüht wie die Sonnenblumen im Herbst.  (Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

Gleich drei Grünen-Gemeinderätinnen verlassen in Oberhaching die Fraktion, die sich dadurch halbiert. Sabine Hillbrand, Anja Reder und Valentina Eckel machen jetzt als eigene „Fraktion 3P“ weiter. Offenbar aufgrund persönlicher Differenzen mit Parteikollegen.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Gut sieben Monate vor der bevorstehenden Kommunalwahl hat sich die Grünen-Fraktion im Oberhachinger Gemeinderat halbiert. Von ehemals sechs gewählten Gemeinderäten gehören ihr jetzt nur noch drei an. Vor zwei Wochen hatten bereits Valentina Eckel und Anja Reder ihren Austritt aus Fraktion und Partei erklärt. Nun hat sich ihnen die bisherige Grünen-Fraktionssprecherin Sabine Hillbrand angeschlossen, die in der Partei bleibt und nur der Fraktion den Rücken kehrt. Gemeinsam wollen die drei Frauen als „Fraktion 3P“ weiter dem Gemeinderat angehören.

Die Gründe für das Zerwürfnis liegen wohl vor allem im persönlichen Bereich. Man ist sich schlichtweg nicht mehr grün. Oder war es schon lange nicht mehr. In ihrem Brief an die Gemeinderatskollegen und -kolleginnen sowie an Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) schreiben Eckel und Reder von „internen Differenzen mit dem Vorstand des Ortsverbands, die sich über längere Zeit aufgebaut und eine konstruktive Zusammenarbeit für uns zunehmend erschwert haben“. Sabine Hillbrand hatte noch etwas länger mit dieser Entscheidung gerungen. Jetzt sagt auch sie: „Die Unterschiede in den Arbeitsweisen mit dem Vorstand des Ortsverbands waren zu groß.“

Das klingt zwar sehr unkonkret, doch Hillbrand will sich nicht näher dazu auslassen, wohl auch, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.  Nur so viel sagt sie: „Man muss inhaltlich sattelfest sein, das ist viel Arbeit. Aber nur so kommt man in der Diskussion weiter.“  Eckel äußert sich zu den „persönlichen Differenzen und unterschiedlichen Arbeitsweisen“, so: „Ich will pragmatisch zu einem Ergebnis kommen. Hier geht es um Oberhaching, nicht um Bundes- oder Landespolitik. Es sollte weniger um Parteipolitik oder persönliche Abneigungen gehen, als um Ergebnisse.“ Reder verweist darauf, dass die Gemeinderatsarbeit viel Zeit in Anspruch nehme, das sei nicht immer leicht, wenn man Familie habe. Daher findet sie: „Ehrenamt muss Spaß machen, da möchte ich mit Menschen zusammenarbeiten, mit denen ich gerne Zeit verbringe.“

Valentina Eckel hat sich bisher im Gemeinderat hauptsächlich mit der Finanzpolitik beschäftigt.
Valentina Eckel hat sich bisher im Gemeinderat hauptsächlich mit der Finanzpolitik beschäftigt. (Foto: Claus Schunk)

Sabine Hillbrand, Valentina Eckel und Anja Reder haben Kinder im gleichen Alter, sehen sich dadurch auch außerhalb der Kommunalpolitik häufig. „Wir sind ein Dream-Team“, findet Reder. Und so entwickelte sich das Trio offenbar schon länger zu einer Fraktion innerhalb der Fraktion und fühlte ihre Arbeit zugleich von den anderen Grünen nicht genug wertgeschätzt. Obwohl man gemeinsam einige Dinge im CSU-dominierten Gemeinderat auf den Weg gebracht und unterstützt hat: Windräder im Perlacher Forst, die Freiflächenphotovoltaik, Klimathemen.

Sabine Hillbrand war Fraktionssprecherin der Grünen im Oberhachinger Gemeinderat.
Sabine Hillbrand war Fraktionssprecherin der Grünen im Oberhachinger Gemeinderat. (Foto: Angelika Bardehle)

Inhaltlich ist man sich weiterhin einig, grüne Themen will auch die neue Fraktion weiterhin voranbringen. Sie wollen sich auch als „Fraktion 3P“ für Klimaschutz und Gleichberechtigung, aber ebenso für wirtschaftliche Vernunft, pragmatische Lösungen und den Dialog mit allen demokratischen Kräften einsetzen,  „pragmatisch, progressiv, partnerschaftlich“ eben, wofür die drei „P“ in ihren Namen stehen. Ihr Engagement für die Kommunalpolitik in Oberhaching soll von dem Austritt bei den Grünen unberührt bleiben. Sie wollen weiterhin Verantwortung übernehmen, klare Positionen vertreten und gemeinsam mit den anderen Gemeinderäten Lösungen für die Gemeinde finden. In ihrem Brief schreiben Eckel und Reder: „Kommunalpolitik lebt vom Miteinander, nicht vom Gegeneinander – und davon, dass man sich zuhört, auch wenn man nicht immer einer Meinung ist.“

Anja Reder berichtet von Zustimmung im Ort zu ihrer Entscheidung, eine eigene Fraktion zu gründen.
Anja Reder berichtet von Zustimmung im Ort zu ihrer Entscheidung, eine eigene Fraktion zu gründen. (Foto: Angelika Bardehle)

Dass es Konflikte und Meinungsverschiedenheiten gab, streitet Nina Hartmann, Dritte Bürgermeisterin und eine der verbliebenen Grünen-Gemeinderäte nicht ab. Aber der Austritt aus Fraktion und Partei habe sie zum jetzigen Zeitpunkt vor der Kommunalwahl doch überrascht. „Wir bedauern das“, sagt sie, „aber Trennung kommt in den besten Familien vor.“ Jetzt wolle man optimistisch nach vorn schauen.

So ähnlich äußert sich auch Claus Katzer, der nun die Fraktionsführung übernommen hat. Er sieht die Grünen in Oberhaching nach wie vor gut aufgestellt und verweist auf die Wahlergebnisse der vergangenen Jahre, die für seine Partei hier immer sehr gut gewesen seien. Auch bei der vergangenen Kommunalwahl hatten sie die Grünen-Fraktion von einst zwei auf sechs Sitze erhöhen können. „Aber damals hatten wir auch in den Umfragen einen Hype“, erinnert er an die Sympathiewerte der Grünen im Jahr 2020. Jeder habe damals über den Klimawandel gesprochen und sei zu Fridays for Future gerannt.  Und damals seien eben einige Frauen zu ihnen gekommen, die er eigentlich gar nicht so sehr als Grüne sieht. Jetzt seien sie eben wieder ausgetreten.

Ob die „Fraktion 3P“ auch zur Kommunalwahl antreten will, steht noch nicht fest. „Wir sind noch in der Findungsphase“, sagt Anja Reder. Aber sie habe in der Gemeinde schon sehr viel Zuspruch bekommen.

In einer früheren Version war die Rede davon, dass die drei bei den Grünen ausgetretenen Gemeinderätinnen die Klimawerkstatt auf den Weg gebracht hätten. Tatsächlich haben dies Claudia Hutten und Verena Senft, sowie der gewählte Vorstand des Vereins und viele engagierte Bürger und Bürgerinnen.

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