KommunalfinanzenOberhaching ist plötzlich schuldenfrei

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Der Geldspeicher im Oberhachinger Rathaus ist gut gefüllt.
Der Geldspeicher im Oberhachinger Rathaus ist gut gefüllt. (Foto: Claus Schunk)

Oberhaching erhält überraschend eine einmalige Gewerbesteuerzahlung in Höhe von 150 Millionen Euro und zieht damit in diesem Jahr an den finanziellen Schwergewichten Grünwald und Gräfelfing vorbei.  Was das für die hoch verschuldete Kommune bedeutet.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Was man als Privatmann vielleicht an der reichen Erbtante schätzt, kann für eine Kommune ein Gewerbesteuerzahler sein. Interessant und erfreulich wird ein Schreiben von beiden vor allem dann, wenn man von einem zu erwartenden Geldsegen kaum etwas ahnte. Zumindest nicht mit einer solchen Summe, die dann plötzlich per Post angekündigt wird. Im Oberhachinger Rathaus traute man nach Öffnen des Briefes auch erst mal seinen Augen kaum: 150 Millionen zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen sollen in diesem Jahr auf das Konto der Gemeinde fließen. Konnte das stimmen? Es stimmt. Das Geld ist bereits da, die Zahlung ist laut Kämmerer„rechtssicher“ und macht Oberhaching auf einen Schlag schuldenfrei.

Wie Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) und sein Kämmerer Paul Fröhlich am Donnerstag bekannt gaben, handelt es sich bei dieser enormen Summe um eine einmalige Zahlung, einen „Einmaleffekt“, wie es heißt. Das Geld stammt von drei Firmen, die in diesem Jahr hohe Gewinne versteuern. Konkret will sich Schelle nicht dazu äußern, führt allerdings an, dass mitunter neue Bewertungen von Firmen durch Besitzerwechsel oder der Änderung der Rechtsform von Unternehmen zu solchen Zahlungen führen könnten.

Oberhaching hatte ursprünglich in diesem Jahr mit 36 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen kalkuliert. Mit bereits verbuchten 31 Millionen habe man gut im Plan gelegen, berichtete Fröhlich. Nun kommen also die 150 Millionen obendrauf, wodurch sich Oberhaching mit mehr als 180 Millionen zumindest im Jahr 2025 noch vor die finanziellen Schwergewichte im Landkreis München Grünwald und Gräfelfing schiebt, die mit 150 beziehungsweise 70 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen rechnen.

Zum Jahresbeginn saß Oberhaching noch auf einem großen Schuldenberg. Die 52 Millionen an Verbindlichkeiten waren vor allem durch Investitionen in die Geothermie, Kitas, Schulen und Grunderwerb entstanden. Aber man sah sich bereits auf einem guten Weg, die Pro-Kopf-Verschuldung von 3700 Euro allmählich abzubauen. Zwar sprach Fröhlich Jahr für Jahr von einem soliden Haushalt, und doch musste Oberhaching immer schauen, dass die Gemeinde über die Runden kam. Zumal mit dem Schulcampus, bestehend aus Realschule und Fachoberschule, gerade ein Großprojekt umgesetzt wird.

Rechnung wird aus den Rücklagen bezahlt

Die Hauptlast des 185 Millionen teuren  Schulstandorts am Deisenhofener Bahnhof stemmt zwar der Landkreis München. Doch sieben Millionen Euro muss auch die Gemeinde Oberhaching für den Bau der Realschule hinlegen. Dafür muss sie jetzt keinen neuen Kredit aufnehmen, sondern kann die Rechnung direkt aus den Rücklagen begleichen.

In Oberhaching füllt sich also die Kasse, während in vielen Kommunen jeder Cent umgedreht werden muss. „Die Gesamtsituation der Kommunen ist extrem bitter“, sagt Schelle, der auch Bezirksverbandsvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags ist. Auch der Bayerische Städtetag hatte am Mittwoch mit Blick auf den soeben veröffentlichten kommunalen Finanzreport 2025 der Bertelsmann Stiftung gewarnt: „Die finanzielle Lage für Bayerns Städte und Gemeinden wird immer bedrohlicher“. Die Zahl an Haushaltssperren und nicht genehmigungsfähigen Haushalten nehme stark zu.

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Solche Sorgen muss sich Oberhaching aktuell nicht machen. Aber wohin jetzt mit all dem Geld? Bürgermeister Schelle freut sich natürlich über eine solche Summe. „Wir wussten zwar, dass da was kommt, weil wir im engen Austausch mit unseren Unternehmen stehen“, gibt er zu, „aber dass es so viel ist, wussten wir nicht.“ Die Frage nach den Firmen beantwortet Schelle mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht.

Gleichzeitig versucht er aber auch die Euphorie etwas zu bremsen, indem er auf die unmittelbar an den Freistaat Bayern zu zahlende Gewerbesteuerumlage in Höhe von 21 Millionen Euro und die in zwei Jahren fällige Kreisumlage von etwa 50 Prozent, also 76 Millionen Euro verweist. Mit weiteren sieben Millionen Euro will Oberhaching bestehende Kredite, die bis zum Jahr 2028 auslaufen, vollständig tilgen. Somit bleiben laut Kämmerer etwa 47 Millionen von diesem Geldsegen übrig.

Gelsegen in Oberhaching. Kämmerer Paul Fröhlich (links) und Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) haben nochmal nachgerechnet, wieviel Geld sie jetzt in der Kasse haben.
Gelsegen in Oberhaching. Kämmerer Paul Fröhlich (links) und Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) haben nochmal nachgerechnet, wieviel Geld sie jetzt in der Kasse haben. (Foto: Iris Hilberth)

Die will man allerdings nicht auf den Kopf hauen, sondern mit Augenmaß investieren. „Wir werden weder Luftschlösser bauen, noch das Personal aufstocken oder eine große Party schmeißen“, sagte Schelle. Auch würden aus der Euphorie heraus keine Steuern oder Gebühren gesenkt. Da ist sich der Gemeinderat laut Bürgermeister einig. Denn man rechnet damit, dass sich in den Folgejahren die Gewerbesteuer wieder in der bisherigen Größenordnung bewegen wird.  „Wir bleiben vorsichtig“, verspricht der Bürgermeister. Über Investition in Wohnungsbau, weitere Geothermiebohrungen, Straßenbau, Feuerwehr, Wasserversorgung und weitere Bauprojekte etwa dem Sportprojekt wird der Gemeinderat diesen Oktober bei den Haushaltsberatungen entscheiden.

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