Weitsprung, Hundertmeterlauf, Kugelstoßen – wann hat man das zuletzt gemacht? Bei den meisten Erwachsenen waren diese leichtathletischen Disziplinen seit der letzten Teilnahme an Bundesjugendspielen vermutlich nie wieder ein Thema. Manche sind froh darüber. Andere würden schon gerne wissen: Könnte ich das heute noch? Eine Antwort erhalten sie, wenn sie die Prüfung zum Deutschen Sportabzeichen ablegen. Beim TSV Oberhaching etwa nimmt Barbara Arp diese zweimal im Jahr ab. Eine Vereinsmitgliedschaft ist nicht nötig.
Sportliche Orden zum Anstecken in Gold, Silber und Bronze klingen vielleicht nicht besonders hip. Es fällt einem Trimmy ein, das Maskottchen der Trimm-Dich-Bewegung aus den Siebzigerjahren, und die Aschenbahn im alten Stadion. Tatsächlich gibt es das Sportabzeichen seit 1912, aber auch im Jahr 2024 gilt es immer noch als die höchste Auszeichnung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) außerhalb des Wettkampfsports. Sie werde als Leistungsabzeichen für „überdurchschnittliche und vielseitige körperliche Leistungsfähigkeit“ verliehen, heißt es beim DOSB. Das bedeutet: Die Teilnehmer müssen die motorischen Grundfähigkeiten, ihre Ausdauer, Kraft. Schnelligkeit und Koordination, unter Beweis stellen. Eine Art Fitness-Führerschein also.
In Oberhaching stellen sich jedes Mal 20 bis 30 Kinder und Erwachsene dieser Herausforderung, „von sechs Jahre bis ins hohe Alter“, berichtet Arp. Ihr ältester Teilnehmer sei bisher 82 Jahre gewesen, die meisten sind um die 50. Jeder muss jeweils eine Disziplin aus den vier verschiedenen Grundfertigkeits-Gruppen erfolgreich absolvieren und zudem nachweisen, dass er schwimmen kann. In einer Tabelle kann man nachschauen, welche Leistung in welchem Alter erwartet wird, um die Prüfung zu bestehen.
„Die Leute kommen vor allem zu mir, um festzustellen, wie fit sie noch sind“, sagt Barbara Arp. Viele wollten diesen Nachweis regelmäßig und testen sich daher jedes Jahr aufs Neue. Auch Arp selbst, die als Präventiv-Übungsleiterin tätig ist und Fitness-Gruppen anleitet, stellt sich immer wieder dieser Herausforderung. Ihr erstes Sportabzeichen hat sie 1980 im Alter von 22 Jahren erworben, mittlerweile hat sie 26, fast alle in Gold. Diese höchste Auszeichnung strebten auch die meisten an, die mitmachten, sagt sie. Durchgefallen sei noch keiner, für Bronze reiche es eigentlich immer.

Gleichwohl sei der Anspruch in den Altersgruppen bis 35 Jahre relativ hoch, findet sie. So muss ein 20-Jähriger für Gold die 100 Meter in 13 Sekunden zurücklegen, eine Frau in diesem Alter mindestens vier Meter weit oder 1,30 Meter hoch springen. Zur Auswahl stehen grundsätzlich auch Disziplinen wie der 3000-Meter-Lauf, Seilspringen, Steinstoßen, Radfahren und Geräteturnen. In Oberhaching allerdings konzentriert man sich auf die leichtathletischen Disziplinen. Mit dem Alter nehmen die zu erbringenden Leistungen deutlich ab. Mit 75 reicht der 50-Meter-Lauf und für den kann sich ein Sportler für Gold zehn Sekunden lang Zeit lassen, im Hochsprung sind 85 Zentimeter Beweis genug für die körperliche Fitness.