Oberhaching:Design trifft Idylle

Jürgen Holdenried hat in Oberbiberg die "Galerie Nummer eins" eröffnet. Ein spezielles Faible hat er für Künstler aus dem südostasiatischen Raum. Sie schätzt er vor allem wegen ihres technischen und handwerklichen Könnens

Von Udo Watter, Oberhaching

Der Oberhachinger Ortsteil Oberbiberg gehört zu den Bilderbuchdörfern, die Horst Seehofers etwas selbstgefälliges Wort von Bayern als "Vorstufe zum Paradies" durchaus nachvollziehbar machen. Die Nähe zu München sowie der idyllische Charakter mit etlichen denkmalgeschützten Häusern ist der Grund dafür, dass hier auch immer wieder Film- und Fernsehcrews zu Gast waren - bekanntlich drehte Marcus H. Rosenmüller viele Szenen seines 2006 erschienenen Kinofilms "Wer früher stirbt, ist länger tot" im Gasthof Kandler sowie einige Jahre später auf einem angrenzenden Hof die Sannyasin-Komödie "Sommer in Orange".

Kein Wunder, dass sich Jürgen Holdenried, der schon qua Beruf ein besonderes Faible für die schönen Dinge des Lebens hat, hier sehr wohl fühlt. Der gebürtige Münchner ist gelernter Dekorateur und Innenausstatter, hat lange bei Hermés gearbeitet und ist inzwischen Geschäftsführer von mehreren Firmen, die sich mit Design und Interieurs im Luxusbereich beschäftigen. Seit acht Jahren wohnt der 51-Jährige, der beruflich viel international unterwegs ist, in Oberbiberg. Mit seiner Partnerin Birgit Meier hat er 2015 die "Werkstatt Landglück" im ehemaligen Kandler-Kuhstall eröffnet, ein Laden, in dem ungewöhnliche, bunte und fantasievolle Möbelstücke, Wohnaccessoires und Deko-Elemente angeboten werden.

Oberhaching: Diese drei filigranen Angler sind derzeit in der neu eröffneten "Galerie Nummer eins" im Oberhachinger Ortsteil Oberbiberg zu sehen. Es ist ein Objekt des thailändischen Künstlers Sunchai Kongklom.

Diese drei filigranen Angler sind derzeit in der neu eröffneten "Galerie Nummer eins" im Oberhachinger Ortsteil Oberbiberg zu sehen. Es ist ein Objekt des thailändischen Künstlers Sunchai Kongklom.

(Foto: Claus Schunk)

Die lang gezogenen, mehr als hundert Jahre alten Kandler-Stallungen, die einige Jahre lang leer standen, boten freilich noch Raum für mehr. Neben dem Laden hat Holdenried jetzt einen Ort eröffnet, der dem Besucher ästhetische Blickfänger ganz anderer Art bietet: Die "Galerie Nummer eins" am Marienplatz 1. Vor kurzem gab es dort ein inoffizielles "Soft Opening", zu sehen sind in stilvollem Ambiente und versiert ausgeleuchtetem Raum Objekte von asiatischen Künstlern. "Der Gedanke, eine Galerie einzurichten, kam spontan", sagt Holdenried. In seiner Arbeit habe er ohnehin viel mit Künstlern und Galeristen zu tun. Er entwickelt etwa gewisse Design-Ideen, zeichnet sie und lässt sie dann von kreativen Händen aus der ganzen Welt umsetzen. Ein spezielles Faible hat er für Künstler aus dem südostasiatischen Raum, die er ob ihres technischen und handwerklichen Könnens schätzt, welches eine besondere Anmut und Leichtigkeit bewirke. Das ist in Oberbiberg etwa bei den Bronze- und Holz-Objekten des Thailänders Sunchai Kongklom zu sehen - besonders reizvoll sind die drei filigrane Stelzenfischer oder die formschön geschwungene Zweierkombination aus "Lucky Man" im Handstand und "Rain Man" mit eleganter Schirmhaltung. Bei diesem Objekt ist auch gut zu beobachten, wie effektvoll eine optimale Beleuchtung ist, die hier ein dekoratives Licht-und Schattenspiel zeitigt. "Die Kunst des Inszenierens", nennt Holdenried das.

Ein echter Eye Catcher ist auch Kongkloms Skulptur aus Bronze und Holz, die in einer Nische - dem ehemaligen Durchgang zum Schweinestall - steht. Melancholisch und mit gesenktem Kopf blickt die dünne, mehr oder weniger lebensgroße Figur auf ihre Hand, offensichtlich umweht vom Wissen um die Vergänglichkeit. Auf der Hand freilich sitzt ein filigraner Schmetterling, der die Schwermut der Komposition wieder leicht entschärft. Das tun übrigens auch die drei Schafe, welche um die Figur gruppiert sind - Designer-Sitzgelegenheiten aus Bronze und mit Fell vom Tibetlamm ummantelt. Gestaltet von Arunwan Boonsermsuwong und sehr bequem. Schwungvolle Eleganz wiederum entfaltet das Objekt "Never End" von Chanin Lertphoompanya, eine schnittige Möbiusschleife in Messing. Die Porträts von Kraipeth Pitakpreechakij, ebenfalls ein Künstler aus Thailand, sind mit ihrer eigenwilligen Technik und stilvoller Farbenvielfalt ein schöner Kontrast zu den Messing- und Bronze-Objekten. Ein Greyhound-Skelett mitsamt kleinem Duplikat aus Nymphenburger Porzellan setzt einen weiteren, interessanten Akzent in der Ausstellung. "Von vielen dieser Objekte gibt es nur limitierte Serien, teils sind es Einzelstücke", erklärt Holdenried. Der Designer mit der Vorliebe für organische Formen und natürliche Materialien spricht gerne von "Kunst zum Mitnehmen" oder "Kunst zum Anfassen", wiewohl die Arbeiten definitiv nichts für den kleinen Geldbeutel sind.

Oberhaching: Jürgen Holdenried verkauft in Oberbiberg nicht nur Möbel und Wohnaccessoires, sondern neuerdings auch Kunst.

Jürgen Holdenried verkauft in Oberbiberg nicht nur Möbel und Wohnaccessoires, sondern neuerdings auch Kunst.

(Foto: Claus Schunk)

Laufkundschaft wird er in Oberbiberg ohnehin nicht groß erwarten, dank seiner vielen beruflichen Kontakte und guter Vernetzung kennt Holdenried freilich genügend Leute, die den Weg ins Voralpenland finden. Zur inoffiziellen Einweihung kamen schon rund hundert Besucher. Holdenried, der viel Energie und Begeisterung ausstrahlt, wenn er über die Galerie, die Kunst oder seine Arbeit generell spricht, denkt auch darüber nach, Lesungen oder andere Veranstaltungen mit kulturellem Anstrich an seinem Wohnort zu organisieren. Wechselnde Ausstellungen wird es wohl so alle zwei Monate geben, lokale Künstler hat er - bei aller Liebe zu Oberbayern und Oberbiberg - allerdings nicht im Sinn - die Formensprache von Künstlern aus anderen Weltgegenden liegt ihm einfach näher.

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