Landkreis München:Anlage von unterirdischen Gängen in Aying entdeckt

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Der Fund wurde bei Erdarbeiten für den neuen Pfarrsaal gemacht. Die Gemeinde der Erdstallforscher ist elektrisiert.

Von Michael Morosow, Aying

"Im Dunkel ewiger Nacht liegend, erinnern die Gänge unwillkürlich an die Irrgänge der Labyrinthe", hat einst Karl Schwarzfischer, Pionier der modernen Erdstallforschung, geschrieben. Wie recht er hatte. Ohne künstliche Lichtquelle wäre man hilflos gefangen in dem unterirdischen Stollen, auf den am vergangenen Donnerstag in Aying ein Baggerfahrer bei Bauarbeiten für den neuen Pfarrsaal gestoßen war.

Es ist eng hier unten, der gertenschlanke Dieter Ahlborn von der Interessengemeinschaft Erdstallforschung tut sich deshalb leichter als sein neugieriger, fülligerer Gefolgsmann. Er kriecht wendig voran, in einer Hand einen Strahler der örtlichen Feuerwehr haltend. Dessen grelles Licht leuchtet die Gänge, Nischen und Kammern aus, die vielleicht seit 1000 Jahren im Dunkel der Nacht liegen.

Nein, von drei hübschen Mädchen ist hier unten nichts zu sehen. Laut einer Sage, die sich in Oberbayern um die Erdställe rankt, lassen drei Jungfrauen aus den unterirdischen Gängen wunderschöne Gesänge hören, während in Ostbayern die Kobolde in Erdställen wohnen und nachts den Bauern bei der Hofarbeit helfen. Dafür stimmen seit der Entdeckung der Anlage in Aying Dieter Ahlborn und seine Mitstreiter von der IG Erdstallforschung eine Jubelarie an.

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Der alte Malzturm der Brauerei Aying kommt an den höchsten Punkt von St. Andreas nicht heran. Doch der Bau ist das herausragende Symbol für das seit dem Jahr 1878 gewachsene Bierdorf.

Von Michael Morosow

Dieser Fund bewege sich nahe einer Sensation, schwärmt Ahlborn und hebt die Ayinger Anlage weit hinauf an die Spitze der circa 700 Erdställe, die bislang in Bayern dokumentiert sind. Grund für seine Begeisterung: Das Gros der historischen Erdstollen ist nur noch in Fragmenten erhalten, wie etwa jener in Doblberg (bei Glonn), der im Sommer 2005 entdeckt worden war, nachdem eine Kuh beim Weiden mit einem Fuß in ein Loch eingebrochen war.

Oder der in Bichl bei Assling (Landkreis Ebersberg), der 2014 freigelegt wurde. "Dieser Erdstall hier ist noch komplett erhalten, das macht ihn zu etwas ganz Besonderem", sagte Ahlborn, als er die Presse zu einem kleinen Schaukriechen einlud.

Auf 60 Meter Länge schätzt er die unterirdischen, bis fünf Meter unter der Erdoberfläche liegenden Gänge. Elf Meter reicht ein Arm in das Friedhofuntergeschoss im Norden hinein. Im Süden, ziemlich genau unter der Hütte der Ayinger Burschen, mündet der Gang in eine circa zehn Quadratmeter große und mannshohe Schlusskammer, wo die mittelalterlichen Tunnelarbeiter drei Nischen in die Wand geschlagen hatten, wohl Sitzgelegenheiten, vermuten die Erdstallforscher.

Ein einmaliger Fund in Oberbayern

Diese Kammer sei einmalig in Oberbayern, bislang seien solche nur in der Oberpfalz und in Österreich gefunden worden. Bei aller Freude, das letzte Rätsel der Erdstallforschung wird auch in Aying nicht gelöst werden: Warum haben Menschen im frühen Mittelalter Gänge unter die Erde gezogen, mit nur einem Eingangsloch? Vorratskammern waren sie nach Meinung der Forscher nicht.

Zum Verstecken vor Feinden, lautet eine Theorie. Sie dienten als Leergräber aus der Zeit der Völkerwanderung, oder als Raum für die Seelen Verstorbener, die auf die Auferstehung warten, lauten andere. Dienstagfrüh brach die Decke eines höher liegenden Ganges ein. In Aying ist man zur Wiederherstellung entschlossen. Das Juwel soll der Nachwelt erhalten werden.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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