Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie: Das Fest der Dinge:Messgewand mit selbst genähter Mitra

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Die Ismaninger Kolpingsfamilie legt Wert darauf, dass ihre Nikolaus-Darsteller wie echte Bischöfe gekleidet sind. Die Kostüme stammen zum Teil aus dem Fundus der Pfarreien, der Rest ist Handarbeit.

Von Stefan Galler, Ismaning

Mit einer gewissen Würde sollte der heilige Mann möglichst schon dahinschreiten. Denn was man mit dem Nikolaus keineswegs verbindet, ist hektische Betriebsamkeit. Doch das ist leichter gesagt als getan, wenn an einem Abend innerhalb von drei Stunden sieben Termine zu absolvieren sind. Und das auf dem großen Gebiet der Gemeinde Ismaning. Die dortige Kolpingsfamilie organisiert das Nikolausgehen schon seit 1960. Werner Deimel war damals schon dabei - und zwar höchstselbst im roten Bischofskostüm. Damals hatten zwei Kolping-Nikolause gut 20 Familien zu besuchen. Heute organisiert er zusammen mit seiner Frau Anni rund 70 Termine mit 150 Kindern für die insgesamt sieben "Garnituren", so nennt er das Gespann aus Nikolaus, Krampus und einem Fahrer, der das kostümierte Duo möglichst schnell von einem Auftritt zum nächsten bringt.

Apropos Kostüme: Sie sind natürlich extrem wichtig dafür, dass der Auftritt des Bischofs und seines Knechts gut wirken. Die Utensilien lagert Deimel in einem Schrank in der Baptistklause. Er legt großen Wert darauf, dass seine Nikolause ausschließlich echte Messgewänder tragen, "keine Kasperlkostüme", wie Deimel betont. Die Alben, jene weißen, für Geistliche typischen Untergewänder, stammen aus dem Fundus von Pfarrern. Die roten Umhänge werden von Mitgliedern der Kolpingsfamilie selbst genäht und auch die Mitren, die roten Mützen mit der meist goldenen Verzierung, werden in Ismaning in Handarbeit hergestellt, ebenso wie die Bischofsstäbe. "Unser Motto ist ganz klar, dass die Gewänder schlicht, aber authentisch sein sollen", sagt Werner Deimel.

Die Vorarbeiten für die drei großen Tage - die Nikolause der Kolpingsfamilie sind am 4., 5. und 6. Dezember in Ismaning unterwegs - laufen schon seit einigen Wochen. "Aber viele Eltern melden sich erst in den letzten Tagen an, da wird es dann richtig uferlos", erzählt Deimel. Der 6. Dezember ist schon seit einiger Zeit ausgebucht, was daran liege, dass er dieses Jahr auf einen Freitag falle: "Es ist ein Trend, dass sich mehrere Familien zusammentun für eine Nikolausfeier." Da sei die jeweilige Garnitur dann gefordert, ihr Programm zügig durchzubekommen.

Schon um 15 Uhr treffen sich Nikolause, Krampusse und alle Helfer, dann gibt es erst einmal eine Brotzeit. Um 16 Uhr beginnen die Darsteller ihre Kostüme anzulegen, um 17 Uhr startet die Tour durch den Ort. Und bis 20 Uhr sollte das Programm absolviert sein. "Da müssen die Kinder dann ins Bett", sagt Deimel.

Für die Eltern gibt es Vordrucke, in denen sie eintragen können, welche guten und welche schlechten Eigenschaften ihrer Kinder der Nikolaus zur Sprache bringen soll. Die werden im Vorfeld ausgefüllt im Briefkasten der Baptistklause eingeworfen und vom Ehepaar Deimel in einem Ordner abgeheftet. Trotzdem kommt die Botschaft nicht immer an. "Das Problem für den Nikolaus ist oft, dass es in den Wohnzimmern wegen der Adventsstimmung so dunkel ist. Da hat mancher Probleme, seinen Text zu entziffern", erzählt Deimel. "In so einem Fall hilft nur improvisieren. Wenn man anmahnt, dass sie ihre Zimmer in Ordnung halten und in der Schule besser aufpassen sollen, liegt man bei den meisten Kindern sowieso richtig."

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Quelle:
SZ vom 04.12.2019
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