Österreicher-Verein:Im Herzen rot-weiß-rot

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Wer österreichische Wurzeln oder ein Faible für das Land der Berge und des Walzers hat (im Bild der Wiener Opernball), der ist in dem Altbayerisch-schwäbischen Verein der Österreicher mit Sitz in Putzbrunn willkommen. (Foto: Ronald Zak/dpa)

Die Steirerin Erika Ide hat vor acht Jahren in Putzbrunn den Altbayerisch-schwäbischen Verein der Österreicher gegründet. Mitglied werden können Staatsbürger des Nachbarlandes und alle, die es lieben.

Von Stefan Galler

Das Verhältnis ist im Grunde herzlich, schließlich ähneln sie sich in ihrer Mentalität, in der Sprache und sie blicken auf eine gemeinsame Geschichte zurück. Und doch wissen sich Bayern und Österreicher bei aller Verbundenheit gegenseitig zu necken und zu provozieren. Dabei gibt es so viele Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt von der einen Seite der Grenze auf die andere verlegt haben. Alleine in Bayern leben weit mehr als 80 000 österreichische Staatsbürger und noch viele mehr, die ihren österreichischen Pass inzwischen gegen einen deutschen eingetauscht haben.

Erika Ide hat das nicht getan, sie ist auch nach mehr als einem halben Jahrhundert in Deutschland immer noch Österreicherin. Und das von ganzem Herzen: Wenn sie beim Einkaufen oder auf der Straße diesen ihr so vertrauten Dialekt hört, ist ihre Aufmerksamkeit geweckt. Sie hat schließlich eine ganz besondere Sensibilität für ihr Heimatland, eine fast sentimentale Verbundenheit. "Es ist ein spezielles Gefühl der Liebe, das ich immer gepflegt habe", sagt sie und zeigt ihr rot-weiß-rotes Perlenarmband. "Ich bin stolz, aus der Steiermark zu stammen, und habe die Verbindung immer gepflegt. Deshalb wollte ich auch nie weiter weg."

Das Volksmusik-Duo Marianne und Michael hat Präsidentin Erika Ide schon als Mitstreiter gewonnen. (Foto: Claus Schunk)

Auch darum hat die gebürtige Grazerin in ihrem Wohnort Putzbrunn vor gut acht Jahren einen ungewöhnlichen Klub gegründet: Den Altbayerisch-schwäbischen Verein der Österreicher. Sieben Gründungsmitglieder waren sie bei der ersten Zusammenkunft damals, heute ist der Klub im bayerischen Vereinsregister eingetragen und zählt 80 Leute, die meisten aus dem Großraum München, einige auch von ein bisschen weiter draußen. Eines der Mitglieder kommt sogar vom Bodensee.

Der Klub hat auch deutsche Staatsbürger in seinen Reihen, die nur deshalb dabei sind, weil sie Österreich schätzen, seine Natur, die Berge, die Kultur. Man trifft sich einmal im Monat zu einem Stammtisch im Vaterstettener Gasthof "Altschütz", der von einem Innsbrucker Ehepaar geführt wird, um sich besser kennenzulernen und um Kontakte zu nutzen.

Immer wieder organisiert Erika Ide darüber hinaus gesellige Termine, sei es ein Advent-Heuriger im Hofbräuhaus, eine Weinprobe mit österreichischen Spitzenweinen, Reisen zum Österreicher-Ball in Berlin oder Treffen mit dem österreichischen Generalkonsul. Und zum Vereinsfest 2015 in Grünwald war das Volksmusik-Duo Marianne und Michael da, sie Münchnerin, er wie Erika Ide aus der Steiermark. "Sie sind mittlerweile auch Vereinsmitglieder. Das hat uns einen ordentlichen Schub gegeben", sagt die Präsidentin.

Das Foto zeigt Präsidentin Erika Ide mit dem heutigen Bundeskanzler Sebastian Kurz (links) und dem damaligen Generalkonsul Helmut Koller. (Foto: privat)

Die Mitglieder werden über die Internetseite asvoe.de und per E-Mail über alle Aktivitäten informiert. In Deutschland gibt es mehr als 20 solche österreichischen Vereine, darunter zwei in Berlin, einen in Hamburg und einen weiteren in München. Die Initiative zur Gründung des Putzbrunner Vereins kam vom Weltbund der Auslandsösterreicher, einer im Jahr 1952 gegründeten Vereinigung. Diese verfolgt das Ziel, den im Ausland lebenden Österreichern Hilfestellung bei der Verbindung mit der Heimat zu bieten und beispielsweise österreichische Touristen zu unterstützen, die im Urlaub in Not geraten sind.

Mehr als 400 Vereinigungen von Menschen, die ursprünglich aus der Alpenrepublik stammen, gehören zu diesem "Weltbund", in allen Ecken der Welt gibt es diese Klubs, in Russland, Kanada, in London, Washington und New York, sogar in Asien und Australien. Einmal im Jahr treffen sich Vertreter all dieser Vereine in Wien. Viermal im Jahr gab der Weltbund bisher das Magazin Rot-Weiß-Rot heraus, in dem zahlreiche Themen, die Österreicher auf allen Kontinenten bewegen, aufgegriffen wurden.

Am 1. September erscheint diese Zeitschrift erstmals in ihrer neuen Form als reines Online-Journal, künftig dreimal im Jahr. Der Weltbund war es auch, der sich vehement dafür eingesetzt hatte, dass 1989 das Briefwahlrecht für Auslandsösterreicher eingeführt wurde. Dabei bleibt festzuhalten, dass weder der Dachverband, noch die einzelnen Vereinigungen von Österreichern in irgendeiner Form politisch motiviert sind: "Der Verein ist parteipolitisch neutral und selbstlos tätig", heißt es etwa in der Satzung des Altbayerisch-schwäbischen Vereins der Österreicher.

Den neuen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat Erika Ide kennengelernt, als er Anfang 2017 noch Außenminister gewesen ist. Und bewundert ihn für seine Zielstrebigkeit: "Wenn einer mit 16 schon ein Ehrenamt innehat, muss man sich nicht wundern, wenn er mit 31 Bundeskanzler ist", sagt sie. Die Steirerin bekennt sich nicht nur zu Europa: "Wir sollten über den europäischen Tellerrand hinausschauen", sagt sie. Die Vereinspräsidentin betont, dass alle von der Europäischen Union profitierten: "Das beginnt bei den wegfallenden Grenzkontrollen, geht mit dem nicht mehr notwendigen Geldwechsel weiter und endet dabei, dass man als Österreicher in Deutschland keine Aufenthaltsgenehmigung mehr benötigt." Einige in ihrem Verein hätten die österreichische Staatsbürgerschaft früher genau aus diesem Grund abgegeben und die deutsche angenommen, erzählt Ide.

Die Liebe zu ihrem Mann Egbert war es, die Erika Ide einst dazu bewogen hat, von Österreich nach Deutschland zu ziehen. Zunächst lebte das Paar in Darmstadt, seit 1973 in Putzbrunn. Das sei gerade noch erträglich, sagt sie, schließlich komme man von hier aus schnell nach Salzburg oder Tirol. Aber sie habe ihrem Mann auch gesagt, dass er, der Ingenieur, sich nicht weiter weg versetzen lassen dürfe: "Das hätte ich nicht mitgemacht." Das rot-weiß-rote Herz wäre ihr womöglich schwer geworden.

© SZ vom 31.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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