Newsblog feiert Geburtstag:Ein Jahr mit dem Virus

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Schüler müssen plötzlich in Quarantäne. Es fehlen Schutzmasken und die Klopapierrolle wird zum Symbol der Krise. Vor zwölf Monaten gibt es aber auch den ersten Corona-Toten im Landkreis. Die SZ-Lokalredaktion startet damals ihren Ticker zur Pandemielage: Ein Blick zurück

Von Iris Hilberth und Martin Mühlfenzl

"Es ist ernst, nehmen Sie es auch ernst."

Bundeskanzlerin Angela Merkel am 18. März 2020.

Am 26. März - vor einem Jahr - meldet das Landratsamt den ersten Todesfall im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung im Landkreis. Eine hoch betagte Bewohnerin eines Ismaninger Altenheims ist das erste Opfer dieser noch sehr jungen Pandemie. Wenige Tage zuvor sagt Landrat Christoph Göbel fast flehentlich (CSU): "Bitte nehmen Sie die Regelungen ernst!" Ein Appell, den er immer wieder wiederholt. Wie sich Vieles andere wiederholt. Manche Headlines - egal ob in der gedruckten Zeitung, auf der Homepage oder im Newsblog der Lokalredaktion der Süddeutschen Zeitung - tauchen immer wieder auf: "Wieder mehr Neuinfektionen" oder "Gesundheitsamt arbeitet am Limit". Blättert man ein Jahr zurück oder scrollt man im Online-Ticker weit nach unten, stellt man fest, dass manche Meldung von damals heute genauso erscheinen könnte. Inzidenzen rauf, Zahlen runter, Läden auf, Schulen zu, Quarantäne hier und Absagen dort. Und doch ist einiges anders geworden seit März 2020, als es die ersten Infizierten, die ersten Tests und den ersten Lockdown gab. Ein Blick zurück auf ein Jahr Pandemie und den Wandel der Zeit.

Die Zahlen

Die meisten Leute starren täglich auf die Corona-Zahlen. Am Anfang sind es nur Gesamtinfizierte, recht bald auch aufgesplittet nach Kommunen und Altersgruppen. Doch schnell geht es darum, wie solche Daten eigentlich im Vergleich zu sehen sind, etwa mit der Stadt München oder den Nachbarlandkreisen. So werden die Inzidenzen zu ständigen Begleitern. Aktuell richtet sich der Blick wieder auf die 100. Geht die Inzidenz nur noch ein bisschen weiter nach oben und 100 Menschen pro 100 000 Einwohner haben sich in den vergangenen sieben Tagen mit Corona infiziert, kommen wieder strengere Regeln. Im Oktober 2020 ist das ähnlich: "Inzidenz nähert sich der 100er Marke" lautet damals die Schlagzeile und das ist noch lange nicht das Ende des Anstiegs. Zur Erinnerung: Einen Tag vor Weihnachten ist der Landkreis bei 228,8, "Inzidenz auf dem Höchststand". Zwischendurch kommen bessere Phasen. "Inzidenz fällt unter 35" - das ist am 19. Februar. Auch am 15. September ist zu lesen: "Sieben-Tage-Inzidenz fällt auf 18,9." Bei all den Zahlen kommt es zwischenzeitlich zu einem fürchterlichen Durcheinander. Im Januar heißt es: Wegen einer fehlerhaften Software stimmen im die vom Landratsamt genannten Fallzahlen voraussichtlich nicht. Die Behörden müssten von höheren Werten ausgehen; und so ist es dann auch. Mittlerweile gibt es nicht mehr nur die gezählten Infizierten, sondern auch die Anzahl der Geimpften. Die erste Impfung läuft am 27. Dezember über den Ticker.

Die Politik

Krisenmanager. Zu solchen entwickeln sich im vergangenen Frühjahr binnen kürzester Zeit alle Bürgermeister und der Landrat - und sie sind es noch heute: im Krisenmodus. Denn die Pandemie wird nach wir vor an der Front bekämpft, auf der kommunalen Ebene. "Weiteres Testzentrum in Pullach" meldet die SZ am 20. März 2020; das zeigt, dass zu diesem Zeitpunkt schon längst etwas im Entstehen ist. Im September dann: "Landkreis richtet eigenes Testzentrum in Haar ein." Die Strategie wird noch einmal breiter aufgestellt. Heute gibt es im Landkreis etwa 20 dauerhafte Testzentren, hinzu kommen einige mobile Angebote, Gemeinden haben Test-Busse gechartert. Und in Haar und drei weiteren Standorten wird längst zentral geimpft. Nach den Osterferien kommen die Hausärzte flächendeckend hinzu. Was weiter fehlt: ausreichend Impfstoff. Aber rückblickend muss auch gesagt werden: Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass Vakzine so schnell zur Verfügung stehen würden?

Die Schulen

Die erste Schule, die in der Pandemie schließen muss, ist das Lise-Meitner-Gymnasium in Unterhaching. Das ist am 5. März 2020, ein Kind hat sich im Urlaub in Norditalien infiziert. Das Schulhaus bleibt in der Folge zwei Tage lang dicht, ein Desinfektionsfahrzeug rückt an. Fortan wird die Liste betroffener Schulen und Kitas immer länger, schließlich, am 13. März dann Lockdown und komplette Schulschließungen. Als die Abschlussklassen am 27. April in die Schulen zurückkehren, gibt es Maskenpflicht und bis zum Sommer ist viel die Rede von "Präsenzunterricht", "Wechselunterricht", "mangelhafter Digitalisierung", "Ärger mit der Lernplattform Mebis" und "ausgefallenen Abiturfeiern". Nach den Sommerferien sind mache kaum in der Schule, da müssen sie schon wieder ins Homeschooling. Am 25. September sind bereits 16 Schulen betroffen, am 11. November gibt es Quarantänemaßnahmen an 68 Schulen und Kindertageseinrichtungen. Mittlerweile schickt man nicht mehr die komplette Schülerschaft nach Hause, sondern nur einzelne Klassen. Am 11. Dezember fordert Landrat Göbel wieder komplette Schulschließungen. So kommt es auch. Im neuen Jahr sind bis zu den Osterferien viele Schüler erst eine Woche lang in der Schule. Mit FFP2-Maske - und manchmal finden Reihentests statt. Am 25. März 2021 heißt es im SZ-Ticker: Einzelne Klasse aus 18 Schulen in Quarantäne.

Die Masken

Mittlerweile verrotten Tausende Alltags- und Stoffmasken in Schubladen; längst hat sich die FFP2-Maske als Schutzmaßnahme durchgesetzt. Anfang April 2020 ruft die Gemeinde Unterföhring noch zum Maskennähen aus Baumwollstoff auf, Professor Christian Kähler von der Universität der Bundeswehr rät , Masken aus Staubsaugerbeuteln herzustellen. Und Oliver Abbushi, Versorgungsarzt des Landkreises im Katastrophenfall, spricht in diesen Tagen von einem eklatanten Mangel an Schutzausrüstung für medizinisches Personal. Nahe der Stadt Garching baut das Technische Hilfswerk ein Lager für medizinische Schutzkleidung für den gesamten Freistaat auf, das streng von der Polizei bewacht wird - all das ist heute undenkbar. Dennoch gibt es auch Anfang Januar noch einmal Engpässe und drängende Fragen, als die FFP2-Maske zur Pflicht wird - und teilweise horrende Preise verlangt werden. Die Gemeinde Neubiberg kauft selbst FFP2-Masken an und verteilt diese kostenlos an die Bürger; das Landratsamt gibt Masken an Sozialhilfeempfänger aus.

Gastro und Gewerbe

"Garching sagt Bürgerfest ab", heißt es am 2. April im SZ-Newsblog. Ein Satz, der in diesen Tagen und den folgenden Monaten so oft fällt - mit wechselnden Festivitäten und Orten. Gut zehn Monate nach der Nachricht aus Garching heißt es aus der Krautgemeinde: "Ismaning sagt Festwoche ab." Die hätte eigentlich im kommenden Juli stattfinden sollen. Aber Corona hat das öffentliche Leben weiter im Griff. Das gilt natürlich auch für die Gastronomie, den Einzelhandel, die Kultur. Der Frühling 2021 fühlt sich für viele an wie der vor einem Jahr. Die Temperaturen gehen nach oben, die Menschen zieht es ins Freie - die Biergärten und Restaurants aber sind geschlossen. Die Menschen, die in diesen Branchen arbeiten, trifft dies besonders. Alleine im Gastrobereich sind dies im Landkreis mehr als 8000, die größtenteils wieder in Kurzarbeit sind, oder sich anderweitig orientiert haben. Anfang Mai heißt es im Ticker: "4000 Betriebe in Kurzarbeit."

Indoor-Sport und Musik

Jeder erinnert sich an den Run auf das Klopapier während des ersten Lockdowns. Der begehrte Hygieneartikel wird vergangenes Frühjahr zum Symbol der Krise, sodass sogar im Internet Sport-Challenges mit der Rolle ausgerufen werden. Unterhachings Basketballer und der FC Unterföhring erfreuen mit ihren Videos. Etwas ernster ist der Hinweis der Gemeindewerke Haar, bloß nichts anderes als Klopapier in die Toilette zu werfen, weil Küchenrollen und Taschentücher die Entwässerungssysteme vor eine Belastungsprobe stellten. Tatsächlich horten die Leute auch diese Dinge. In der zweiten Welle geht man gelassener an neu gefüllten Klopapierregalen vorbei. In der dritten Welle ist das kein Thema mehr, jeder weiß, dass es reicht. Gemeldet werden aber auch nette Aktionen, aufmunternde Gesten. Am 15. April musiziert Oberhachings Bürgermeister vor dem Altenheim St. Rita und spielt "alte Schunkellieder". Am 1. Mai berichtet Tennisprofi Krawietz, dass er im Supermarkt aushilft.

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