Sexuelle ÜbergriffeNeuried will Missbrauch in Vereinen vorbeugen

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Eine Broschüre des Vereins Amyna klärt darüber auf, wie man Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen kann. Auch die Gemeinde Neuried will die Prävention verbessern.
Eine Broschüre des Vereins Amyna klärt darüber auf, wie man Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen kann. Auch die Gemeinde Neuried will die Prävention verbessern. (Foto: Catherina Hess)

Auf Betreiben der Grünen zieht die Gemeinde Konsequenzen aus dem Fall eines Fußballtrainers, der sich über Jahre an Kindern und Jugendlichen vergehen konnte. Eine eigene Anlaufstelle im Rathaus soll es aber nicht geben.

Von Annette Jäger, Neuried

Die Fälle von sexuellem Missbrauch beim TSV Neuried vor einigen Jahren haben die Gemeinde tief erschüttert. Dass ein beliebter Trainer sich jahrelang an Kindern und Jugendlichen vergehen konnte, schien schwer vorstellbar zu sein. Doch genau das ist geschehen, und das Risiko solcher Übergriffe gibt es nicht nur in Sportvereinen. In Neuried gibt es jetzt Überlegungen, wie die Gemeinde vor allem kleinere Vereine unterstützen kann, ein Präventionsangebot zu etablieren. Die Musikschule erarbeitet gerade eines.

Über sechs Jahre hinweg hat ein Fußballtrainer des TSV Neuried Jugendliche vergewaltigt und sexuelle Übergriffe an ihnen begangen. Für 641 Taten an 25 Kindern und Jugendlichen sitzt er inzwischen im Gefängnis. Im Jahr 2021 wurde er als Trainer aus dem TSV entlassen. Die Neurieder wollen aus dieser grauenvollen Geschichte lernen und solche Fälle in Zukunft verhindern oder zumindest schnell erkennen.

In der Kommune gebe es eine Vielzahl an Vereinen, in denen Kinder und Jugendliche aktiv seien, von der Musikschule über die Feuerwehr bis zur Hausaufgabenbetreuung, heißt es in einem Antrag der Fraktion der Grünen, über den am Dienstag diskutiert wurde. Da aber auch Erwachsene, insbesondere Frauen, sexuellen Übergriffen ausgesetzt seien, sollte das Thema an alle Vereine herangetragen werden.

Eigentlich schwebte den Grünen vor, im Rathaus eine Anlaufstelle zu etablieren, damit Ehrenamtliche aus Vereinen, aber auch Betroffene eine erste Ansprechperson finden, die sie weiter an Fachstellen vermittelt. Gerade kleinere Vereine könnten es nicht leisten, ein eigenes Schutzkonzept zu etablieren, sagte Grünen-Gemeinderätin Birgit Zipfel. Doch der Bürgermeister - ihr Mann Harald Zipfel von der SPD - sah dafür keine Kapazitäten. Eher könne man Informationen zum Thema prominent auf der Homepage platzieren und möglicherweise den Vereinen ein Faltblatt zukommen lassen.

Den Bedarf dafür sahen sowohl der Bürgermeister als auch die Gemeinderäte. „Die meisten Vereine sehen sich nicht im Fokus“, sagte Harald Zipfel und gab auch zu, dass eine Anlaufstelle in der Gemeinde Vorzüge hätte, weil man direkt vorbeikommen könne und die Gemeinde jederzeit erreichbar sei. Im Landratsamt gebe es zwar eine Anlaufstelle, aber in der Behörde jemanden zu erreichen, sei oft schwierig.

Die Musikschule erarbeitet gerade ein Präventionskonzept

Wie aufwendig ein wirkungsvolles Präventionskonzept ist, erfährt gerade die Musikschule. Die Einrichtungen seien über den Verband Deutscher Musikschulen bundesweit angehalten, Präventionsarbeit zu leisten, sagte Cornelia Glassl vom Schulleitungsteam. Die Risiken lägen in den Strukturen. So seien im Einzelunterricht Schüler mit Lehrkräften alleine.

Zwar sei die Neurieder Musikschule baulich sehr transparent mit ihren großen Fenstern, aber Gewissheit gebe es nirgends. Ein Schutzkonzept zu erarbeiten, dauere etwa anderthalb Jahre. Externe Berater begleiteten den Prozess, man müsse eine Risikoanalyse vornehmen und einen eigenen Verhaltenskodex erstellen. Diese Arbeit nimmt demnächst eine Projektgruppe auf, der unter anderem Lehrkräfte, Eltern, die Schulleitung und Vorstandsmitglieder angehören, sagt Glassl. Auch der TSV hat schon vor Jahren ein solches Schutzkonzept etabliert, macht seine Werte prominent auf der Homepage publik und nimmt Stellung zu den Missbrauchsvorfällen im Verein.

Wenn ein Präventionskonzept einmal steht, ist die Arbeit jedoch nicht abgeschlossen, betont Glassl. „So etwas ist nie beendet.“ Die Werte müssten dann im Schulalltag gelebt und auch immer wieder verändert und angepasst werden.

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