SZ-Serie: "Auf Wiedervorlage":Neuried behält Grundstück in der Ortsmitte

SZ-Serie: "Auf Wiedervorlage": Auf der Fläche, die eigentlich für den Rathausneubau vorgesehen war, haben Neurieder Bürger im Frühjahr improvisierte Sitzmöbel aus Paletten aufgebaut. Jetzt gibt es neue Pläne für die Nutzung des Areals.

Auf der Fläche, die eigentlich für den Rathausneubau vorgesehen war, haben Neurieder Bürger im Frühjahr improvisierte Sitzmöbel aus Paletten aufgebaut. Jetzt gibt es neue Pläne für die Nutzung des Areals.

(Foto: Catherina Hess)

Nach der Absage des Rathausneubaus sollte das Areal eigentlich verkauft werden. Nun sollen Wohnungen in Erbpacht entstehen.

Von Annette Jäger, Neuried

Bei der Zukunftsplanung für das brachliegende Grundstück in der Neurieder Ortsmitte hat der Gemeinderat hinter verschlossenen Türen die zweite Große Kehrtwende vollzogen. Im vergangenen Jahr wurde unter viel Furore der Rathausneubau abgeblasen, nachdem der Architektenwettbewerb schon vollendet war. Und jetzt wird die Gemeinde entgegen ihrer ursprünglichen Planung das 1,57 Hektar große Grundstück doch nicht an einen Investor verkaufen, sondern es in kommunaler Hand behalten. Diese Beschlusslage gab Bürgermeister Harald Zipfel (SPD) jetzt aus nichtöffentlicher Sitzung bekannt. Die angestrebte Wohnbebauung soll nun in einem Erbpachtmodell entstehen.

Noch bei den Haushaltsberatungen Anfang des Jahres lag der Fokus auf dem Verkauf des Grundstücks. Die finanzielle Zukunft Neurieds hing zu einem guten Teil davon ab. Denn der Verkauf für geplante 17 Millionen Euro war fest eingeplant, um den Kauf einer Gewerbeimmobilie am Hainbuchenring gegenzufinanzieren, in dem nun das Rathaus residiert. Jetzt will die Gemeinde Neuried das Grundstück im Zentrum in Erbpacht vergeben.

Weil Wohnraum im Großraum München zunehmend unbezahlbar wird, sind die Gemeinden angehalten, ihre wenigen Grundstücke, über die sie verfügen, zu behalten. Nur so können sie den wertvollen Grund für künftige Generationen sichern und steuern, was dort gebaut wird und zu welchen Mietpreisen es auf den Markt kommt. Genau diese Tatsache hat die Neurieder zum Umdenken bewegt, was den Verkauf des Grundstücks in der Ortsmitte angeht. Schon im Frühjahr vergangenen Jahres hatte die Fraktion Bündnis Zukunft Neuried (BZN) beantragt, die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft zu prüfen. Sie sollte den Wohnungsbestand verwalten und Neubauten in eigener Regie umsetzen. Das Konstrukt habe sich aber als nicht rentabel für die kleine Gemeinde erwiesen, sagt Zipfel. Das hat sich schon nach einer ersten Untersuchung durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband abgezeichnet. Mindestens 300 Wohnungen müssten im Bestand sein, damit eine solche Gesellschaft rentabel sei und es erlaube, eine Hausverwaltung zu beschäftigen. In Neuried gibt es maximal 150 Wohnungen im Bestand.

Eine eigentlich aufgelöste Genossenschaft könnte doch noch zum Zug kommen

Nun erscheint das Konstrukt der Erbpacht als Lösung: Für einen Zeitraum von 60 bis 80 Jahren soll das Grundstück über einen Erbpachtvertrag an einen Investor übertragen werden, berichtet Zipfel. Mit dieser Vorgabe will die Gemeinde nun einen Investorenwettbewerb starten. Eine Entscheidung, wer auf dem Grundstück zum Zuge kommt, erwartet sich der Bürgermeister im Frühjahr 2023. Möglich wurde diese Kehrtwende, weil der finanzielle Druck nicht mehr auf dem Verkauf des Grundstücks liegt, "uns brennt das nicht mehr auf den Nägeln", sagt Zipfel. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer würden sich derzeit weiter so positiv entwickeln, dass der Kauf des Rathausgebäudes am Hainbuchenring bereits fast finanziert sei.

Mit der Entscheidung zur Erbpacht rückt ein anderes Grundstück in den Fokus: Auch südlich des Maxhofwegs gibt es noch ein Gemeindegrundstück, das den Bau von 4800 Quadratmetern Wohnraum zulässt. Dafür hatte sich lange Zeit Neurieds einzige Wohnungsbaugenossenschaft beworben, die "Raumneuried eG". Sie wollte ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt als Erbpachtprojekt verwirklichen. Im Herbst vergangenen Jahres zeichnete sich dafür jedoch keine Mehrheit im Neurieder Gemeinderat ab, die Genossenschaft löste sich nach fünf Jahren ergebnisloser Arbeit auf. Mit dem neuen Beschluss, die Ortsmitte in Erbpacht zu vergeben, wachse nun die Chance, auch südlich des Maxhofswegs ein Erbpachtmodell zu realisieren, so Zipfel. Faktisch sei die Genossenschaft aufgelöst, sagt der Bürgermeister: "Aber sie sind noch da."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: