SZ-Serie: Mahlzeit:Mit der Stoppuhr zum perfekten Espresso

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Andreas Brachwitz freut sich über den gelungenen Espresso - nach einer perfekten Bezugszeit von 25 Sekunden. (Foto: Daniela Bode)

Andreas Brachwitz von der Kaffeewerkstatt in Neuried verrät, worauf es bei der Zubereitung ankommt. Es geht um Kleinigkeiten.

Von Daniela Bode, Neuried

Wer eine Siebträgermaschine zuhause hat, der weiß, dass das Zubereiten eines Espressos eine Wissenschaft für sich ist. Es ist nicht selbstverständlich, dass Geschmack, Intensität und Crema passen. „Am Ende muss man sich an ein Rezept halten, das ist wie bei einem Kuchen“, sagt Andreas Brachwitz, Inhaber der Kaffeewerkstatt München in Neuried. Dort kann man seine Espresso- oder Kaffeemaschine reparieren lassen, selbst geröstete Bohnen kaufen, aber auch in einem Workshop lernen, wie man einen perfekten Espresso bekommt. Die Kurse buchen verzweifelte Kaffeemaschinenbesitzer wie auch interessierte Kunden, die recht strukturiert an den Kauf einer Maschine herangehen.

Gut zurechtkommen sollte man, wenn man sich an einige Faustregeln hält und auf Präzision achtet, wie der 43-Jährige sagt. Er betätigt die Kaffeemühle neben der gelben Siebträgermaschine. Denn der Kaffee sollte immer frisch gemahlen sein, wie er sagt, das Aroma verflüchtigt sich schnell. Er gibt „die korrekte Menge“ Kaffeemehl in den Siebträger. Mit einem Tamper verteilt er es gleichmäßig, „mit der gleichen Handkraft wie jeden Tag“. Dann einmal Wasser durch die Brühgruppe laufen lassen, damit so unter Umständen Temperaturschwankungen ausgeglichen werden. Denn auch das ist wichtig: Der Espresso muss immer mit dem richtig temperierten Wasser aufgebrüht werden, 92 bis 93 Grad sollte es haben. Auch mit ungeschulter Zunge schmecke man ein Grad zu viel. Dann extrahiert Brachwitz genau 25 Sekunden lang den Espresso, dafür lässt er eine Stoppuhr laufen.

Das Ziel ist am Ende ein Verhältnis von eins zu zwei oder zwei Komma fünf, was das Kaffeemehl und das extrahiertes Getränk angeht. Bei 20 Gramm gemahlenen Bohnen sollten am Ende 40 oder 50 Gramm Kaffeegetränk in der Tasse sein. Damit man dieses Verhältnis bekommt, ist die „wichtigste Stellschraube“, wie Brachwitz sagt, der passende Mahlgrad. Sei das Pulver zu grob, erhalte man bei der gleichen Bezugszeit eher einen Kaffee Lungo, der einem normalen Kaffee ähnelt.

Brachwitz ist eher zufällig Kaffeeexperte geworden. Er kommt beruflich aus einer anderen Ecke. Lange war er als Modelleur in der Designentwicklung in der Automobilbranche tätig, wollte aber weg von dem Beruf, da man viel mit Chemikalien zu tun hat. Als er einmal im Biergarten mit Freunden war, erzählte jemand, sein Nachbar suche einen Nachfolger für seine Kaffeewerkstatt. Brachwitz fand das spannend, übernahm das Geschäft und baute es aus. Dass er sich mit Technik gut auskennt, kommt ihm für das Verständnis der Maschinen zugute. „Wenn ich ein Getriebe zerlegen kann, kriege ich auch eine Kaffeemaschine in Griff.“

Mittlerweile rösten er und seine Kollegen bis zu 20 Sorten. Für den Espresso verwenden sie meistens einen Blend, also eine Mischung aus Robusta- und Arabica-Bohnen. Stammkunden kommen mittags täglich auf einen Espresso vorbei. Ein Mann mit einem Hund oder ein Mitarbeiter aus dem Bauamt gegenüber. Die Neurieder seien froh, dass es die Kaffeewerkstatt gebe, sagt Brachwitz. Und welchen Kaffee trinkt er selbst am liebsten? Er lege sich da nicht fest, denn er und sein Team probierten immer wieder etwas Neues aus, sagt er. Beispielsweise vor kurzem einen Cold Brew, also kalt gebrühten Kaffee mit Eiswürfeln, Zitrone und einem Schuss Tonic Water. Auf der Karte steht an diesem warmen Tag ein Affogato, also ein Espresso mit Vanilleeis.

Für diese Kolumne probiert sich die Redaktion immer zum Wochenbeginn durch Küchen, Kantinen und Kochkunst im Landkreis München.

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